Tangerine Dream - Quantum gate

Kscope / Edel
VÖ: 29.09.2017
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Tor zur Ewigkeit
Pionier. Wegbereiter. Ikone. Es gibt wenig Superlative, die Edgar Froese tatsächlich angemessen beschreiben. Am 20. Januar 2015 starb der Gründer und kreative Kopf hinter Tangerine Dream. Einer Band, die stilistisch komplett anders gelagert, mit einem völlig anderen Selbstverständnis ausgestattet als Kraftwerk ist, aber dennoch gemeinsam mit dem Düsseldorfer Mensch-Maschinen-Kollektiv zu den Wegbereitern, ach was, Gottvätern der elektronischen Musik zu zählen ist. Denn aus den wilden Zeiten der so genannten Berliner Schule der späten Sechziger entstand eine Band, die zunächst dem Krautrock frönte, später jedoch auf meisterhafte Art und Weise Klangteppiche, Rock- und Klassikinstrumentierung zu einer bisweilen hochspannenden, in späteren Zeiten mitunter aber auch durchaus ermüdenden Mixtur vermengte. Nur: Im eigenen Land zählt der Prophet bekanntermaßen wenig. Im Ausland jedoch wird Froese für dieses Lebenswerk mit höchstem Respekt betrachtet.
Die Theorie, dass Tangerine Dream ohne Froese nun komplett die Rente antreten, löst sich jedoch in Luft auf, als bekannt wird, dass die noch verbliebenen Bandmitglieder vereinzelt Konzerte geben. Und erst recht kommt Neugier auf, als bekannt wird, dass "Quantum gate" auf den Tag genau 50 Jahre nach Bandgründung erscheinen soll. Leichenfledderung oder ehrendes Gedenken, das ist somit die Frage. In der Tat basiert "Quantum gate" auf losen Skizzen, Soundfragmenten, die Froese vor seinem Tod komponiert hatte. Fragmente, die von Froeses Witwe Bianca Acquaye zusammengetragen wurden und von der Band, vor allem von Keyboarder Thorsten Quaeschning, ausgearbeitet wurden. Was wiederum sehr konsequent ist, war Quaeschning doch schon in der jüngeren Vergangenheit so etwas wie Froeses Co-Komponist. Und wer nun immer noch den Verdacht des Ausverkaufs hat, der dürfte vermutlich dadurch besänftigt werden, dass der Fortbestand der Band Froeses ausdrücklicher Wunsch war.
Was man direkt links liegen lassen darf, ist das vermeintliche Albumkonzept, nämlich die Wechselwirkung von Quantenphysik und Quantenphilosophie zu vertonen. Spannender ist, dass es dem verbliebenen Trio durchaus gelingt, Spannung in den instrumentalen Welten zu erzeugen. Hypnotische Sequencer legen einen sanften Teppich aus, der zwar nie ruppig wird, aber doch genug Widerhaken findet, um nicht in Plüsch einzulullen. Dabei trifft das technoide "Sensing elements" auf "Roll the seven twice", dessen Klatschpappensounds zwar irgendwie gestrig sind, das aber ansonsten feinsten Retro-Trance bietet. "Granular blankets" auf der anderen Seite türmt gar eine postrockige Wall of Sound auf, zwar ohne krachende Gitarren, aber dennoch durchaus mächtig.
Natürlich sind diese Klangräume nicht immer gelungen, erst recht nicht auf der etwas arg ausgedehnten Spielzeit, während der zwei, drei Songs dann doch eher ereignisarm vorbeipluckern. Doch immer wieder finden sich überraschend starke, spannende, mitreißende Passagen wie bei "Tear down the grey skies" – ja, natürlich könnte man bösartigerweise von mehr als nur einer kleinen Hommage an Jean-Michel Jarre sprechen. Die jedoch vollkommen legitim ist, war doch die Zusammenarbeit mit dem Franzosen auf dessen feinem Projekt "Electronica 1 – The time machine" Froeses wohl letzte Studioarbeit. "Quantum gate" hingegen, das ist zumindest derzeit gängiger Konsens der Band, dürfte das letzte Studioalbum in einer Diskographie sein, die weit mehr als 100 Studioalben umfasst. Zuzüglich Bootlegs und Compilations, wohlgemerkt. Dass sich darunter viel Schrott, mitunter gar grauseligste Muzak befindet, liegt dabei in der Natur der Sache. Doch dieses Album ist mehr als das. Edgar Froese war ein Visionär. Und "Quantum gate" ist sein Requiem.
Highlights
- Sensing elements
- Granular blankets
- Tear down the grey skies
Tracklist
- Sensing elements
- Roll the seven twice
- Granular blankets
- It is time to leave when everyone is dancing
- Identity proven matrix
- Non-locality destination
- Proton bonfire
- Tear down the grey skies
- Genesis of precious thoughts
Gesamtspielzeit: 73:27 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Arbeiter |
2017-11-17 11:44:47 Uhr
Ich bin eher ein Genießer der frühen TD bis in die Achtziger und der Solos ihrer ehemaligen Mitglieder Klaus Schulze, Johannes Schmoelling und Chistopher Franke. Aber ein das Abschlusswerk habe ich mir jetzt doch gegönnt.Man kann schon sagen, wo TD drauf steht ist auch TD drin. Technisch tadellos gemacht und audiophil, was sich beim lauschen über Kopfhörer besonders gut macht. Edgars Vermächtnis bringt allerdings auch nichts wirklich Neues mehr. Vieles klingt doch schon ziemlich altbacken und anderes wiederum nach Musik für Computerspiele oder Filmscores - was TD ja in der Tat schon des öfteren produziert haben. Die Rezi merke ich mir mal für den Jahrespoll, weil ich die selben Highlights heraus höre. |
@Armin |
2017-11-15 21:52:00 Uhr
Sag mal, musst du hier alles mit Albenthreads vollspammen? |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28275 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-11-15 21:32:29 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28275 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-05-23 12:54:17 Uhr - Newsbeitrag
Die Pioniere der elektronischen Musik TANGERINE DREAM beschreiten seit dem 11. Mai neue Veröffentlichungswege und kündigen eine Zusammenarbeit mit PledgeMusic, der weltweit führenden Direct-To-Fan Plattform, an.PledgeMusic bietet Künstlern, Labels und Firmen die Möglichkeit Communities aufzubauen, Crowdfunding und Pre-Sell von Alben zu realisieren, und generell den Musikproduktions- und Promotion-Prozess auf einzigartige Weise neu zu erleben. PledgeMusic startete 2009 und veröffentlicht mittlerweile, nur 8 Jahre später, 1200 neue Musikprojekte im Jahr. Neben neuen und sich noch entwickelnden Künstlern nutzen bereits viele der größten Namen in der Musikwelt die Plattform, um ihren Fans und den mittlerweile 3 Millionen Pledge-Community Mitgliedern einzigartige und exklusive Angebote und Erlebnisse anzubieten und um ihre Recording- oder Touraktivitäten zu finanzieren. Das wollen TANGERINE DREAM, die mit dem Tod von Edgar Froese, dem Gründer und Mastermind der Band, im Jahre 2015 einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen mussten, ihren über Jahrzehnte treu gebliebenen Fans ebenso anbieten. Über die am 11. Mai gestartete PledgeMusic Kampagne kann man verschiedene signierte Albumformate, exklusives Merchandise und Bundle-Angebote vorbestellen sowie regelmässig über Aktivitäten der Band informiert werden. Das Album „Quantum Gate“, das auf den Tag genau 50 Jahre nach Bandgründung am 29. September erscheint, ist die klanglich-künstlerische Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Quantenphysik und –philosophie, für das Edgar Froese viele musikalischen Skizzen hinterlassen hat. Es basiert also nicht nur auf den theoretischen Konzepten Froeses, als vielmehr auf seinen tatsächlichen, musikalischen Ideen, die er glücklicherweise vor seinem Tod noch aufnehmen konnte. Die verbliebenen Bandmitglieder Thorsten Quaeschning (Synths), Violinistin Hoshiko Yamane und das im Jahr 2014 hinzugekommene neue Mitglied Ulrich Schnauss (Synths) haben in Zusammenarbeit mit Froeses Witwe Bianca Froese-Acquaye, die selbst Künstlerin (Malerin) und seit 15 Jahren Managerin von TANGERINE DREAM ist, in den letzten 2 Jahren hart daran gearbeitet, die Visionen ihres Mannes, die Phase der sogenannten „Quantum Years“, umzusetzen und das neue Album “Quantum Gate” in dessen Sinne produziert. Seit dem 11. Mai kann das am 29. September erscheinende neue TANGERINE DREAM Album „Quantum Gate“ exklusiv über PledgeMusic vorbestellt werden. http://www.pledgemusic.com/projects/tangerine-dream-quantum-gate PledgeMusic kann bereits auf große Erfolge in Deutschland zurückblicken, mit u.a. Kampagnen von De/Vision, AnnenMayKantereit, Joachim Witt, Billie Ray Martin, IAMX, HBlockx, Kasalla, Donots und Letzte Instanz. Aktuell finanzieren neben TANGERINE DREAM auch Künstler wie KRAFTWERK, JEAN-MICHEL JARRE, KITTY IN A CASKET und MIA AEGERTER ihre Projekte über PledgeMusic. PledgeMusic: www.pledgemusic.com www.facebook.com/pledgemusic www.twitter.com/pledgemusic www.instagram.com/pledgemusic |
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Referenzen
Jean Michel Jarre; Vangelis; Kraftwerk; Brian Eno; Paul van Dyk; Ash Ra Tempel; Agitation Free; Can; Pink Floyd; Klaus Schulze; Amon Düül; Cluster; Gong; Robert Fripp; The Alan Parsons Project; Dead Can Dance; Mike Oldfield; Enigma; The Art Of Noise; Apoptygma Berzerk; The Future Sound Of London; Global Communication; The Orb; Orbital; Conrad Schnitzler; Kitaro; Ryuichi Sakamoto; Aphex Twin; Redshift; Cluster; Jan Hammer; Angelo Badalamenti
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