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Iron Chic - You can't stay here

Iron Chic- You can't stay here

Side One Dummy / Cargo
VÖ: 13.10.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Sargnägel

Neue Punkrock-Releases und die emotionale Reaktion – nicht selten kann letztere bei dieser Begegnung ernüchternd sein. Klar, das Genre kann nicht andauernd neu erfunden werden. Muss es auch nicht. Häufig werden solide, kurzweilige Platten mit Kusshand genommen. Aber hin und wieder sehnt man sich dann schon zurück nach einer Zeit wie 2007 und 2008, als The Gaslight Anthem mit "Sink or swim" und dem gefeierten "The '59 Sound" zwar weniger dem klassischen Punkrock huldigten, aber gerade mit ihren Springsteen- und The-Cure-Hommagen frischen Wind in eine ziemlich gelangweilte Szene brachten. Ungewollt hatten Brian Fallon und Co. Melodien für Abertausende im Gepäck, deren Kehlen von heute auf morgen, wie Kettcar es halten, "die ganze Scheiße mitsingen" konnten. Manchmal ist eben genau das vonnöten. Im Falle von Iron Chics dritter Platte "You can't stay here", die übrigens auf dem einstigen Gaslight-Anthem-Label erscheint, dürfte nicht nur das Mitsingen, sondern auch Begeisterung leicht fallen, ziemlich sicher nicht nur in punk-affinen Kreisen.

Denn die DIY-Truppe aus Long Island, New York bringt vieles mit, was gute, hymnische Rockmusik braucht, um sich aus der häufig faden amerikanischen Alterna-Suppe hervorzutun: tolle Melodien, feine Singalongs, griffige Hooks und ein wenig Tiefgang. Vereint zum Beispiel in der tollen Vorab-Auskoppung "My best friend (is a nihilist)", deren schwermütig-großartiger Refrain sich derart tief ins Trommelfell bohrt, dass er den Jahreswechsel dort ganz sicher überstehen wird. "It's like driving a runaway hearse / And I can't stop / I just I make things worse / Come on and take the wheel from me / Put me out of my misery." Um was es da geht? Im Januar 2016 verstarb Gitarrist Rob McAllister plötzlich und unerwartet. Dieser Schicksalsschlag riss nicht nur die gefestigten Fassaden der Band ein, sondern pinselte gleich auch den Rahmen für sämtliche Texte auf "You can't stay here" und macht das Album zum Zeugnis ebenjenes emotionalen Tiefschlags, gezeichnet von Trauer und Unverständnis. Die elf so hymnischen wie zugleich niedergeschlagenen Stücke – oder sagen wir besser: Sargnägel – entstanden mitunter im Zustand der Ausweglosigkeit, wie das verzweifelte "Ruinous calamity" und das sich zunächst behäbig, dann umso schöner aufschichtende "You can't stay safe" untermauern.

Dass Iron Chic sich auch in räudigeren Straßenzügen nahe der Kollegen Hot Water Music oder Against Me! wohlfühlen, lassen "Planes, chest pains and automobiles" sowie "Thunderbolts!" erahnen. Andererseits zeigen die New Yorker nicht nur mit "Let's. get. dangerous." eindrucksvoll, wie ein Popsong in Kreisen tätowierter Bartträger zur gänzlich unpeinlichen Veranstaltung werden, und – im Gegenteil – der bittersüßen Atmosphäre sogar ziemlich zuträglich sein kann. Überhaupt ist "You can't stay here" ein Ohrwurm-Album geworden, dessen Zeilen und Refrains sich am besten gemeinsam singen oder schreien lassen. Geteilte Trauer wiegt weniger schwer. Vor allem, wenn die Musik dafür geschnitzt ist, wie das fantastische "Profane geometry" mit seiner tollen Bridge, die Emo-Hymne "Golgotha" oder auch "Invisible ink", das quasi nur aus Refrain und Vor-Refrain besteht und nach betrübten Zeilen wie "I'm so close to freaking out / There's a hole in my heart" samt inbrünstigem Chor klarstellt: "We're not giving up!". Eine, den Umständen entsprechend, höchst begrüßenswerte emotionale Reaktion.

(Eric Meyer)

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Highlights

  • My best friend (is a nihilist)
  • Let's. get. dangerous.
  • Planes, chest pains and automobile
  • Profane geometry

Tracklist

  1. A headache with pictures
  2. My best friend (is a nihilist)
  3. You can't stay safe
  4. Let's. get. dangerous.
  5. Thunderbolts!
  6. Planes, chest pains and automobile
  7. Golgotha
  8. Profane geometry
  9. Invisible ink
  10. Ruinous calamity
  11. To shreds, you say?

Gesamtspielzeit: 38:59 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Brian Fallobst
2017-11-16 03:50:33 Uhr
Hatte mit 20 kurzseitig meine peinliche Orgcorephase und selbst da fand ich die Band eher durchschnittlich.
Zum Glück bin ich mittlerweile bei Kanye, Radiohead und Julia Engelmann gelandet!
HerrRodruez
2017-11-16 00:31:49 Uhr
Dieses Jahr am Fest in Gainesville quasi zufällig für mich entdeckt. Sehr gute Liveband. Das Album erst ein oder zweimal durchgehört und ich muss sagen: sehr sehr großartig. Da fehlt auch in der Bewertung das ein oder andere Pünktchen.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27355

Registriert seit 08.01.2012

2017-11-15 21:30:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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