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The Tourist Company - Apollo

The Tourist Company- Apollo

Dancan / Rough Trade
VÖ: 17.11.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Eine Weltraum-Odyssee

Ganz schön ambitioniert, als erstes Album gleich ein Konzeptalbum zum Thema Weltraum aufzunehmen. Immerhin ist das ein ganz schön großer Komplex! Allerdings auch ein heimliches Lieblingssujet in der Musik, denn nichts fasziniert den kunstschaffenden Menschen mehr als das Geheimnisvolle, das Unfassbare. Das große Weite war bereits vielfach Gegenstand in der Musik. 1916 schließt der englische Komponist Gustav Holst die Arbeiten an seinem Orchesterwerk "die Planeten" ab, Ende der 60er Jahre zeigt sich die ganze Welt erstaunt über die Errungenschaften der Raumfahrttechnik, und David Bowie und Pink Floyd veröffentlichen die wohl bekanntesten musikalischen Rezeptionen dieser epochalen Leistung. Und gerade kürzlich stellten auch Sufjan Stevens und Mitstreiter mit "Planetarium" ein Album vor, das von unserem Sonnensystem inspiriert wurde. So viel zu einem kurzen und keinesfalls vollständigen Abriss der Geschichte der Musik über den Kosmos. Die Erkenntnis, die durchscheint: Das Thema kann immer wieder neu faszinieren. Immerhin waren die wenigsten von uns schon mal im All, und so ist unsere Fantasie wohl die einzige Möglichkeit, den Sternen etwas näher zu kommen. Aber Fantasie ist ja bekanntlich endlos. Eine ganze Menge davon beweisen die Kanadier von The Tourist Company auf ihrem Erstling "Apollo". Einerseits ein progressives, thematisches Album, andererseits ein introvertiertes, intimes Pop-Album.

"1957", das Intro, deutet mit seiner sanften Instrumentierung die Grundstimmung der Platte an. Die kleine Komposition baut sich auf einem Streichermotiv zu einem stimmungsvollen Vorboten der folgenden Musik auf. Das folgende "Sputnik" weiß danach durch seinen Minimalismus zu begeistern. Nachdem der Song sich mit eingängigen Beats und sanften Streicher- und Gitarrenklängen vorerst komplett um die Melodie des zweistimmigen Gesangs dreht, werden zum Schluss die verzerrten Gitarren von der Leine gelassen und verwandeln "Sputnik" in ein Post-Rock-Stück. Gleich darauf folgt mit "Shouldn't believe" der Hit des Albums: Über Synthflächen schwebt Sänger Taylor Swindells beinahe schwerelos mit seinem Falsett. Die Gitarren halten sich zurück und orientieren sich rhythmisch an den Drums, die zwar nie ausbrechen, mit zahlreichen Fill-Ins allerdings ein sehr dichtes Fundament für den ansonsten sehr luftigen Song bieten. Immer wieder sorgen kurze Streichermelodien für melodische Abwechslung. Letzten Endes dreht sich "Shouldn't believe", genauso wie die meisten Songs auf "Apollo", um eine dominante Melodie, die meist repetitiv vom Gesang vorgetragen wird und nur durch die vielen Instrumente aufgelockert und immer wieder aus einem anderen Winkel beleuchtet wird. Songs wie "Pedestals" und der Titeltrack leben ebenfalls genau von diesem Prinzip: Eine zuckersüße Melodie bildet die Grundlage des Songs, Drums, Gitarre und Bass entwickeln sich kaum selbstständig, sondern dienen der Melodie, während Piano oder Streicher mit einer zweiten Melodie für harmonische Abwechslung sorgen.

Auch wenn "Sputnik" den Eindruck erweckt hat, dass auf diesem Album auch ein paar härtere Passagen zu finden sind, bleibt es insgesamt bei den eher zurückhaltenden Klängen. "Mercury II" wird auf ganzer Strecke von Sängerin Jillian Levey vorgetragen und verzaubert mit Harfenklängen und emanzipierter Bassline. "Sidelines" baut als erster Song etwas mehr Druck auf. Der verzerrte Bass bestimmt hier das Geschehen, immer wieder unterbrochen von einer harmonischen Auflösung, die mit einem Dynamikwechsel einhergeht und dem Song damit ein zweites Gesicht verpasst. Das Tolle an "Apollo" ist, dass sich The Tourist Company nie verlieren. Alle Songs bieten wunderschöne Melodien, die von unterschiedlichsten Instrumenten verfeinert werden, ohne sich jemals aufzudrängen. Das Klangbild wird in seiner Ausgedehtheit dem thematischen Überbau gerecht, auch wenn dieser textlich natürlich meist kryptisch verpackt ist. Der Weltraum dient den Lyrics eher als konzeptueller Leitfaden für den Vortrag irdischer Gedanken, statt als wirkliche Thematik. Besonders macht "Apollo" seine Weite. Die musikalische Entwicklung innerhalb eines einzelnen Songs ist in vielen Fällen sehr zaghaft, erst im Gesamtbild, nach dem Hören der ganzen Platte, wird klar, dass man eine lange Reise abgeschlossen hat. Das Progressive des Albums lässt sich am besten aus der Ferne betrachten. Eben durch diese langsame Entwicklung bleibt "Apollo" auf ganzer Länge spannend, ohne jemals richtig abzuheben.

(Christopher Padraig ó Murchadha)

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Highlights

  • Shouldn't believe
  • Mercury II
  • Sidelines

Tracklist

  1. 1957
  2. Sputnik
  3. Shouldn't believe
  4. Pedestals
  5. Astronaut
  6. Apollo
  7. Mercury II
  8. Sidelines
  9. Weightless and stranded
  10. All of you on the good Earth

Gesamtspielzeit: 41:47 min.

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Armin

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2017-11-08 21:40:30 Uhr - Newsbeitrag
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