Kid Rock - Sweet southern sugar
BMG / Warner
VÖ: 03.11.2017
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
Alterswilde
Ernst, absolut ernst war es ihm angeblich – Bob Ritchie alias Kid Rock wollte als Kandidat für den Senat ins Rennen gehen. Dass die Auflösung des ganzen als Marketing-Gag für sein neues Album "Sweet southern sugar" eher für Achselzucken anstatt für übermäßige Reaktionen sorgte, zeigt, dass man dem 46-Jährigen aus Michigan mittlerweile alles zutraut. Der pflegt auch auf seiner elften Platte das Image als Redneck-Proll, irgendwo zwischen mackerhaftem Angebertum und bierseliger Sentimentalität. So weit, so wenig überraschend. Doch der Senats-Prank ist nur ein Indikator, dass sich bei Ritchie eine gewisse Lockerheit breit gemacht hat. Waren die ersten Platten in Country-Gefilden noch von einer teils verbissen Zielstrebigkeit geprägt, wirkt "Sweet southern sugar" viel lässiger, geradezu befreit. Die Blicke gehen erstmals seit langem mit einem Augenzwinkern aus der Südstaaten-Klischeehaftigkeit heraus – und nicht zuletzt auf ganz alte Zeiten.
Denn Selbstironie – die man Kid Rock in den letzten Jahren doch eher absprechen wollte – braucht es, um ein bewusst altbackenes Rap-Rock-Geschoss im Stil des Erfolgsalbums "Devil without a cause" von 1998 "Grandpa's jam" zu nennen. Viel hat man am Ende dieses Albums erwartet, aber sicher nicht das. Und schon gar nicht eine irritierende Battle-Rap-Verdrehung wie diese: "I heard you calling me white trash / Come and say it to my face, you bitch / And I fuck you in your ass / Quick, with Taylor Swift's dick." Äh, bitte? Aber Spaß macht es, mehr als man sich vielleicht eingestehen mag. Ebenso gefällt der Opener "Greatest show on Earth", der nach mysteriösem Intro eine launig-prollige Rocknummer raushaut, die alle öden und verstaubten Country-Ansätze links liegen lässt. Klar ist das tief in den sogenannten Flyover States der USA verwurzelte Musik, aber unterhaltsame.
Das alles heißt nicht, dass die vorigen Trademarks fehlen. "Po-dunk / I don't give a flying hillbilly fuck" – die Betonung der eigenen kulturellen Identität als Singalong-Slogan taucht nicht zum einzigen Mal im schleppenden "Po-dunk" auf. Und wer anhand der oben genannten Beispiele den Eindruck hat, dass Ritchie nun die langweiligen Country-Ergüsse ad acta gelegt hat, den belehrt der Mittelteil der Platte eines besseren. Wenn "American Rock 'n Roll" tatsächlich die US-Variante des Genres wäre, wäre es eine träge und lahme Angelegenheit und Bon Jovi die Könige davon. "Stand the pain" ist so seifig wie die seichtesten Auswüchse von Bryan Adams, man könnte gar nicht genug Anführungszeichen um das Wort "Rock" stülpen, wollte man den Song denn so einordnen. "Back to the otherside" ist peinlicher Vater-Sohn-Schmonz und ein ernstes Thema wie Alkoholabhängigkeit wird in "Raining whiskey" lediglich fröhlich weggeschunkelt, was jeglichen Anspruch an Tiefgang ad absurdum führt.
Trotzdem ist "Sweet southern sugar" nicht weniger als das beste Album, das Kid Rock seit "Devil without a cause" und der Frühphasen-Aufarbeitung "The history of rock" geschaffen hat. Das ist keine große Errungenschaft, wie an der obigen Wertung ersichtlich ist, aber immerhin etwas. Zum einen, weil es keine peinlichen Halb-Cover von "Sweet home Alabama" oder "Summer of '69" gibt – sondern nur mit "Sugar pie honey bunch" eine vor allem dank des schicken Gitarrensolos gut gelungene Neuinterpretation des Four-Tops-Songs "I can't help myself". Zum anderen, weil die gelöste Atmosphäre und die häufig schlagfertig eingestreuten Gospel-Backings überzeugen können. Vielleicht tut ihm das Dasein als Großvater gut, lässt ihn zumindest auf Platte selbstreflektierter und humorvoller auftreten. Das macht ihn zwar nicht mehr zum "devil" ohne "cause". Aber womöglich verzichtet er auch darauf, der "Rock 'n' Roll Jesus" sein zu wollen, der er nie sein wird. Besser ist's.
Highlights
- Greatest show on Earth
- Sugar pie honey bunch
- Grandpa's jam
Tracklist
- Greatest show on Earth
- Po-dunk
- Tennessee mountain top
- I wonder
- American Rock 'n Roll
- Back to the otherside
- Raining whiskey
- Stand the pain
- Sugar pie honey bunch
- Grandpa's jam
Gesamtspielzeit: 43:01 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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I was a teenage dirtbag |
2017-11-10 08:53:38 Uhr
ach so , diese ganze südstaaten scheisse ist ja komplett aufgesetzt, der junge hatte halt nichts anständiges gelernt und gemerkt auf welcher seite sein brot gebuttert wird.hatte ich fast vergessen, der ist ein Detroiter Junge, wie Eminem, also eigentlich ein Mo Towner. mehr nördlich geht in den USA gar nicht, weil da der lake Michigan ist und dahinter nur noch Kanada :-) |
I was a teenage dirtbag |
2017-11-10 08:49:05 Uhr
Devil without a cause war ein gutes Album. There, I said it. Die bis dahin unbekannte Mischung aus HipHop, Country und Rock Einflüssen, überzeugte weil da eine ordentliche Dosis Beastie Boys Attitüde mitschwang. Danach ging es stetig bergab. Wenn "Old Man" Rock nicht diesen lynyrd skynyrd rip off hit gelandet hätte, der eigentlich eine erwähnung bei south parks member berries wert gewesen wäre "member sweet home alabama?" "yeah, I member" dann wäre uns dieses album erspart geblieben. aber hört euch noch mal "cowboy" an, der song macht einfach spass |
Cool |
2017-11-08 22:09:41 Uhr
Mag den Typen, ursympathisch! :) |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27328 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-11-08 21:38:29 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
painkilla Postings: 16 Registriert seit 23.10.2017 |
2017-10-24 19:34:58 Uhr
Wollte der nicht auch in die Politik? Tät ja passen... |
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Referenzen
Lynyrd Skynyrd; Bon Jovi; Bryan Adams; Creedence Clearwater Revival; Molly Hatchet; Blackfoot; The Allman Brothers Band; Dire Straits; Mark Knopfler; Bruce Springsteen; Bob Seger; Limp Bizkit; Creed; 3 Doors Down; Alex Max Band; The Calling; Lifehouse; Nickelback; Chad Kroeger; Daughtry; John Fogerty; Johnny Cash; Billy Ray Cyrus; Everlast; Uncle Kracker; Garth Brooks; Tim McGraw; The BossHoss; Bubba Sparxxx; Dixie Chicks; Keith Urban; Sheryl Crow; Shania Twain; Martin Kesici
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