Asaf Avidan - The study on falling
Polydor / Universal
VÖ: 03.11.2017
Unsere Bewertung: 3/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Der mit dem Wolf jault
Wenn man nicht gerade Sia ist, kann die Beteiligung bei einem, nun ja, "Club-Remix" schnell von angedachtem, beidseitigem Segen zu einem Fluch werden. Als die Person, die dem meist im Deep-House angesiedelten Song seine Stimme leiht, bleibt jener oft noch lange an ihr haften – egal, wie viele Versuche man unternimmt, eine neue Seite von sich zu zeigen oder überhaupt mal mit einem anderen Stück Aufmerksamkeit zu erregen. Manch einer, ist sogar felsenfest davon überzeugt, der hinter dem Mischpult sei auch gleichzeitig ein Stimmwunder. Ein externer Sänger? Undenkbar.
Auch der Kontext in dem Asaf Avidan hierzulande zum ersten Mal Elektrofestivals oder Radiostationen beschallte, startet hier. 2008 veröffentlichte der israelische Songwriter den lediglich mit gezupfter Gitarre unterlegten "Reckoning song". Rund vier Jahre später sollte der Wankelmut-Remix "One day" daraus werden, der sich zwar lyrisch und strukturell noch immer stark am Original orientiert, durch sanfte und bloß nicht übereifrige Beats aber dennoch mehr Zuhörer überzeugen konnte. Eine sehr freie und auf geradezu exponentiell auf Youtube geklickte Adaption der Poetry-Slammerin Julia Engelmann – deren musikalisches Debüt "Poesiealbum" auch gerade erschienen ist – machten das Glück perfekt: Asaf Avidan war ein Jahr lang ein Superstar! Oder zumindest war eine Stimme eine der meisten gehörten in Deutschland. Neben der von Frau Engelmann natürlich.
Der nächste Zeitsprung – Fünf Jahre später kräht kaum noch ein Hahn nach dem Sänger, sein Hit ist nur noch sporadisch zu hören und wird wohl erst, wenn sich das Jahrzehnt dem Ende neigt, zur ZDF-Silvesterparty wieder rausgekramt. Das ist schade, aber zur Verteidigung jeglicher Rezipienten: Avidan macht es nicht einfach, seine Musik als angenehm zu empfinden. In den 45 Minuten von "The study on falling" dreht sich diese nämlich vor allem um Leid und verschiedene Gesangstechniken, dieses auszudrücken. Avidans Stimme ist einzigartig und steht zurecht im Vordergrund, ja. Aber sie ist auch anstrengend knödelig und quält sich zu minimalistischer Instrumentierung durch jedes Stück.
Schon beim dritten Song scheint der harmonische, rote Faden völlig verloren und Avidan brüllt alleingelassen zu einer bemitleidenswert schrammenden Gitarre. Der Gesang wird durchgehend nasaler und irgendwann jault er so schmerzerfüllt, dass gleich die gesamte, vierbeinige Nachbarschaft mit einstimmt. Wer es schafft, das Fenster zu schließen und die äußere Geräuschkulisse auszublenden, kommt auf "The study on falling" immerhin noch in den Genuss von etwas Schlagzeug oder countryesken Saitenspielereien wie bei "Green and blue" Avidan aber wird nicht aufhören zu leiden und zumindest bildlich zu Schluchzen. Ob er sich überhaupt um die melodischen Elemente schert, die seine Gesangspredigt untermalen? Ist es das, was Erfolg mit einem macht? Dann ist es wohl doch besser, erst gar keinen mehr zu haben.
Highlights
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Tracklist
- To love another
- My old pain
- Sweet Babylon
- Good girls are falling apart
- A man without a name
- Green and blue
- The study on falling
- Holding on to yesterday
- No stone unturned
- The gold calf
- Twisted olive branch
Gesamtspielzeit: 45:48 min.
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