The Rural Alberta Advantage - The wild

Paper Bag / Membran
VÖ: 13.10.2017
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Sie kennen mich
Der Begriff "Heimat" ist in politisch aufgewühlten Zeiten längst einer Zerreißprobe ausgesetzt. Nötig ist Abgrenzung, wenn es darum geht, der Neuen Rechten und der wieder aufkeimenden Blut- und Boden-Ideologie entgegenzutreten, deren rassistischen und menschenverachtenden Kern man fälschlicherweise als überwunden gehofft hatte. Schade jedoch ist es in gewisser Weise um die ursprüngliche Konnotation, schließt das Wort doch auch immer den vertrauten Ort der eigenen Kindheit mit ein, ist es doch ein unumstößlicher Bestandteil der Vita. An das Haus, in dem er aufwuchs, erinnert sich Nils Edenloff, Songschreiber der kanadischen Liebhabertruppe The Rural Alberta Advantage, dieser Tage schmerzlich. Mit "Beacon Hill" schrieb er einen Song über das verheerende Feuer, welches von Mai bis Juli 2016 in der Region um Fort McMurray in Alberta wütete und ebenjenen Ort mal eben von der Landkarte löschte. 90.000 Menschen haben ihre Heimat verloren. "No lies live in this town / While the fire seals our little faith / I'll get you all the way home."
Beinahe exakt drei Jahre nach "Mended with gold" eröffnet jenes intensive "Beacon Hill" das vierte Album der Kanadier, "The wild", das während der ersten Durchläufe ansonsten wenig Aufsehenerregendes und viel Vertrautes mit sich bringt. Denn dem teils krachigen, teils verträumten und mit Folk-Sprenkeln verzierten Indie-Rock von The Rural Alberta Advantage konnte die Feuersbrunst nichts anhaben. Und eben dies ist auch der Grund, warum man die Tragik schnell verdrängt und sich an "Bad luck again" erfreut, diesem gleichsam eingängigen wie wuchtigen Stück, das wie immer vom unverkennbar knödeligen Gesang Edenloffs lebt – in Kombination mit den halb verzerrten, das Gehör immer wieder ruckartig überfallenden Gitarren, polterndem Schlagzeug seit Jahren die klangliche DNA der Truppe.
Diese Markenzeichen führen auch auf "The wild" zu zunächst unauffälligen, sich mit der Zeit mehr und mehr herausputzenden Kleinoden wie dem rührseligen "Toughen up" führt, dessen Refrain sich von einer wunderbar zart gehauchten weiblichen Zweistimme mehr als zurecht umgarnt fühlen darf. Jene stammt jedoch nicht von der langjährigen Keyboarderin und Sängerin Amy Cole, sondern von Nachfolgerin Robin Hatch, die im Herbst 2016 in Coles für die Band bedeutende Fußstapfen trat. Die Singles, bisher häufig lautere Nummern, gehen dieses Mal den Mittelweg: "White lights" kommt eher bedächtig daher, gönnt sich eine gefühlt nicht enden wollende Klimax zum Refrain hin, kann trotz krachendem Finale und tollem, zweistimmigen Gesang aber nicht komplett überzeugen.
"Brother" vereint ebenso Zurückhaltung und Flucht nach vorn, speist zunächst eine Country-Gitarre ein, bevor die Akkorde auf der Akustischen bis zum Anschlag gedaddelt werden und die Drums den Refrain hereinpeitschen, und schöpft das Potenzial der Kanadier immerhin ein wenig mehr aus. Andere ruhigere Songs, wie zum Beispiel das harmlose "Alright", der Closer "Letting go" zeigen, dass "The wild" trotz des herrlich polternden "Wild grin" jenes Wilde, bekanntlich die Schokoladenseite des Trios, hier und da vermissen lässt. The Rural Alberta Advantage halten ihre Intensität nicht über die volle Spielzeit aufrecht, bleiben mit neuem weiblichen Line-up und diesem guten Album aber unter Garantie eine herzliche und vertraute musikalische Heimat in ihrem Genre. Wäre Angela Merkel "The wild", sie würde wohl sagen: "Sie kennen mich."
Highlights
- Beacon Hill
- Bad luck again
- Toughen up
Tracklist
- Beacon Hill
- Bad luck again
- Dead / alive
- Brother
- Toughen up
- Wild lights
- Alright
- Selfish dreams
- Wild grin
- Letting go
Gesamtspielzeit: 33:18 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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mispel Postings: 2471 Registriert seit 15.05.2013 |
2018-03-09 16:09:25 Uhr
Hm also ich konnte diesbezüglich gestern nichts feststellen. Allerdings würde es mich auch nicht wundern, wenn er Stimmprobleme hätte. Das Konzert war (für ihre Verhältnisse) nur gut. Das letzte in Düsseldorf war deutlich besser. Irgendwie hat gestern der Funke gefehlt und das Publikum war ziemlich langweilig (Kölner Hipster halt :D). Aber schön, dass Amy wieder mit von der Partie ist. Natürlich wieder barfuß :D |
Der Untergeher User und News-Scout Postings: 1828 Registriert seit 04.12.2015 |
2018-03-09 15:08:31 Uhr
Ich konnte zwar leider in Hamburg nicht dabei sein. Was ein paar meiner Freunde, die da waren, erzählten, klingt aber sehr nach deiner Beschreibung. |
Hollowman Postings: 196 Registriert seit 14.06.2013 |
2018-03-09 14:28:41 Uhr
Gestern in Köln auf dem Konzert gewesen, wieder sehr schön, auch wenn Nils öfters mit seiner Stimme zu kämpfen hatte. Bei dem Einsatz auch kein Wunder, wenn seine Stimmbänder leiden ;-) Ist das bei anderen Stationen auch aufgefallen? |
Inge Borg |
2018-02-28 13:46:37 Uhr
Konnte ich nicht sehen. Aber sie super drauf, erster Auftritt seit zweieinhalb Jahren, nervös und aufgeregt und voller Freude. War sehr schön. |
mispel Postings: 2471 Registriert seit 15.05.2013 |
2018-02-28 07:29:21 Uhr
Hey das ist ja mal ne tolle Nachricht. Ist sie wieder barfuß auf der Bühne rumgeturnt?:D Freue mich schon riesig auf Köln nächste Woche. |
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Referenzen
Okkervil River; Broken Records; Hop Along; Frightened Rabbit; Band Of Horses; Nada Surf; The Weakerthans; Fleet Foxes; The Tallest Man On Earth; The Decemberists; Jets To Brazil; The Acorn; Slow Club; Wintersleep; Blitzen Trapper; Admiral Fallow; Waxahatchee; Neutral Milk Hotel; Great Lake Swimmers; Manchester Orchestra; Ohbijou; Titus Andronicus; The New Pornographers; Maritime; Shout Out Louds; The Low Anthem; Horse Feathers; Get Well Soon; Shearwater; Alberta Cross; The Thermals; Car Seat Headrest; The Wrens; Foreign Born; Land Of Talk; Telekinesis; Port O'Brien; Islands; Someone Still Loves You Boris Yeltsin; Local Natives; Throw Me The Statue; Fanfarlo; The Morning Benders; Happy Birthday; Kevin Drew; Kevin Devine; The Hidden Cameras; The Ruby Suns; Pavement; Midlake; Broken Bells; The Shins; The Dodos; The Mountain Goats; Arcade Fire; Leonard Cohen; Bob Dylan; Johnny Cash
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