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Enslaved - E

Enslaved- E

Nuclear Blast / Warner
VÖ: 13.10.2017

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

E-Musik

Man soll ja aufhören, wenn es am schönsten ist. Das weiß nicht nur die Binse, sondern auch ein gewisser Herbrand Larsen. Denn just nachdem sein Arbeitgeber Enslaved mit dem überaus gelungenen Album "In times" so richtig durch die Decke gegangen war, horchte der norwegische Keyboarder in sich hinein. Mit dem Ergebnis, dass er für sich feststellte, den nun erforderlichen Einsatz nicht mehr bringen zu können. Warum diese Nachricht so wichtig ist? Nun, Larsen ist nicht nur irgendein Klimperknilch, sondern war durch sein Spiel und nicht zuletzt durch seinen Klargesang durchaus stilprägend für die Band, die als Black-Metal-Truppe begann, aber so gar nicht in das mitunter enge Genre-Korsett passen mag. Insofern markiert "E" durchaus einen Neuanfang für die Nordlichter und deren Führungskräfte Ivar Bjørnson und Grutle Kjellson.

Und das lassen sich die beiden, die Enslaved Anfang der Neunziger als Teenager gegründet hatten, nicht zwei Mal sagen. Eine Platte mit einem zehn Minuten langen Stück zu eröffnen, erfordert schon Mut, wenn man nicht gerade Transatlantic heißt. Diesen Song auch noch als Single zu veröffentlichen, ist fast schon frech. Aber diese Chuzpe hat Sinn, denn "Storm son" spielt einerseits mit hinlänglich bekannten Pagan-Klischees, ohne ihnen anheim zu fallen. Zum anderen ist der Song durchaus als Bindeglied zum Vorgänger zu verstehen, werden doch die eigenen schwarzmetallischen Wurzeln Schicht um Schicht offen gelegt. Immer wieder wechseln brutale Knüppelparts zu sphärischen Teppichen, werden Kjellsons markant gurgelnde Growls durch die Clean Vocals des neuen Keyboarders Håkon Vinje punktgenau ergänzt. Doch durch dezent gesetzte, geradezu verspielte Parts wird deutlich, dass dies tatsächlich nur dazu dient, die Basis zu legen.

Nämlich die Basis zu einer wilden Fahrt durch die Jahrzehnte mit einer Bandbreite von frühem Prog bis hin zu modernem extremem Metal. Nun sind Enslaved nicht die erste Band, die sich an einem solchen Spagat versucht. Doch so glaubwürdig wie den Skandinaviern gelingt es nur den ganz Großen. Dabei bricht "The river's mouth" zunächst nur dezent aus den klassischen Strukturen des Black Metal aus. Doch die wirkliche Essenz dessen, was Enslaved ausmacht, liefert "Sacred horse". Harsche Riffs, wütend gekeifte Vocals. Dazu ein verspielter Solopart. In den plötzlich eine Hammond-Orgel hineinfaucht, über die Vinje seinen Gesang schweben lässt. Wenn es zu diesem Feuerwerk an Virtuosität eine Referenz geben sollte, dann Opeth zu Zeiten von "Ghost reveries" oder "Watershed". Ja, genau so großartig ist das. Beziehungsweise in etwa so großartig wie die Idee, die zweite Hälfte des Songs nahezu komplett auf einem simplen Riff aufzubauen. Und dieses immer weiter zu modifizieren, immer weiter zu entwickeln, immer neue Schichten darüberzulegen. Ausrasten im Pit kommt nicht in Frage – hier gehört mal wieder der Kopfhörer zum Inventar.

Und das Pulver ist noch längst nicht verschossen. Denn "Feathers of Eolh" brilliert durch zahlreiche Zitate, immer wieder klingen die eigentlich unvergleichlichen Borknagar durch, bis zwischendurch gar ein kleiner Gruß an die isländischen Kollegen von Sólstafir eingebaut wird. Beim abschließenden "Hiindsiight" gehen die Norweger dann völlig aus sich heraus. Das beginnt mit dem Titel, der nicht zufällig an das Album "RIITIIR" von 2012 erinnert, und geht bis zu einem am Ende komplett ausflippenden Saxophonisten. Ja, richtig gelesen. Und ja, die "Rotzkanne", wie sie der große Heinz Strunk so liebevoll-ironisch nennt, passt ganz vorzüglich zu jenem Song, verleiht sie ihm doch noch eine besondere, jazzige Note. Und nochmal ja: Das ist weiß Gott kein Black Metal mehr. Das ist eine zu jeder Zeit gelungene Mischung, die aufzeigt, wozu eine Band imstande sein kann, wenn sie sich von den – im Fall von Enslaved ohnehin nur noch marginal vorhandenen – Fesseln des Genres befreit. Eine spannende, aufregende Platte, die die Skandinavier in die höchsten Weihen des extremen Metals katapultieren kann.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Storm son
  • Sacred horse
  • Hiindsiight

Tracklist

  1. Storm son
  2. The river's mouth
  3. Sacred horse
  4. Axis of the worlds
  5. Feathers of Eolh
  6. Hiindsiight

Gesamtspielzeit: 49:51 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

whitenoise

Postings: 442

Registriert seit 17.06.2013

2017-10-18 23:05:35 Uhr
Das Album klingt gut, ist aber wesentlich weniger zugänglich als etwa noch "Axioma Ethica Odini". Insgesamt schon gut, aber nichts neues mehr, nichts, was aus der bisherigen Diskografie heraussticht.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2017-10-18 22:25:14 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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