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Ibeyi - Ash

Ibeyi- Ash

XL / Beggars / Indigo
VÖ: 29.09.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Mit offenen Armen

Die Ausgereiztheit von Metaphern hat noch niemanden von deren Verwendung abgehalten. Das ist natürlich per se nichts Schlechtes, denn wenn Ibeyi ihr neues Album "Ash" nennen, hat der Hörer immerhin sofort eine gedankliche Schablone im Kopf, die ihm den Zugang zum Werk erleichtern kann. Die titelgebende Asche ist hierbei Trumps Amerika, der daraus emporsteigende Phönix stellt sich in Form von zwölf manchmal melancholischen, immer hoffnungsvollen Protestsongs dar, die eine Welt mit salonfähig gewordener Alltagsdiskriminierung nicht stillschweigend hinnehmen wollen. Kreiste das Debüt der kubanisch-französischen Zwillingsschwestern noch um ihre eigene Herkunft und Familie, richten sie den Blick nun nach außen und auch ihre Musik schlägt dabei einen erwachseneren, selbstbewussteren Ton an. Die Verschmelzung von kontemporären Jazz- und Elektronikelementen mit traditioneller westafrikanischer und lateinamerikanischer Instrumentierung sowie dem mehrsprachigen Gesang ist noch immer unverkennbar Ibeyi, doch ihre Songs sind poppiger, mächtiger, druckvoller geworden und strahlen genau diese positive Aufbruchsstimmung aus, die sich auch thematisch durch das Album zieht.

"I carried this for years" lautet der Titel des Intros und es wirkt tatsächlich so, als wollten sich Lisa Kaindé und Naomi Diaz hier eine Last von den Schultern singen. Es ist nicht das letzte Mal, dass auf "Ash" Chöre zu hören sein werden, und selten wurden diese in der jüngeren Popmusik so effektiv eingesetzt wie hier. "Away away" schließt nahtlos daran an, seine Kombination aus Synthies und Yoruba-Percussion fokussiert den Kernsound des Albums und den bedrohlichen Sirenen im Hintergrund stellen die Schwestern einen mitreißenden, die Welt umarmenden Refrain entgegen. Auch "Deathless", in dem es um selbst erlebte, rassistische Polizeigewalt geht, lässt ein furchtloses "We are deathless" von Kamasi Washingtons nervösem Saxofon unterwandern, gibt Ängsten und Optimismus gleichermaßen Raum. Das wunderschöne, reduzierte "Waves" leitet die intensivste Phase der Platte ein, weiß um die Wirkungskraft totaler Stille und lässt Naomis Piano- und Gesangsfragmente durch Mark und Bein gehen. Darauf folgt mit "Transmission/Michaelion" ein sechseinhalbminütiges Stück monumentaler Ruhe, das von einem erhabenen Refrain getragen und am Ende noch von einem gesprochenen Frida-Kahlo-Zitat gestützt wird. Selten war die Präsentation von Rebellion würdevoller.

Der Rest des Albums erreicht diese Wirkungskraft nicht ganz, bleibt aber konstant auf einem sehr hohen Niveau. "I wanna be like you" darf mit seiner Pop-Naivität das Elend auch mal vergessen machen, während "When will I learn", unterstützt von Jazzpianist Chilly Gonzalez, mit wütenden Trommeln nach vorne prescht, nur um sich in der nicht nur stimmlich an Björk erinnernden, sphärischen Schwebe von "Numb" aufzulösen. Im Zentrum haben die Diaz-Schwestern dann noch eine Songskizze um eine feministische Rede Michelle Obamas herum gebaut, die ihr inhaltliches Anliegen stützen soll. "Ash" ist keine differenzierte Auseinandersetzung mit der aktuellen politischen Lage und will das auch gar nicht sein. Es ist vielmehr ein kraftvolles, niemals plumpes Plädoyer für die Macht der Hoffnung in düstersten Zeiten, das mit seinem komplexen Sound zudem auch die musikalischen Ambitionen des Duos offenbart. Wenn ausgelutschte Metaphern immer so gut klingen, dann bitte mehr davon.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Away away
  • Deathless (feat. Kamasi Washington)
  • Waves
  • Transmission/Michaelion (feat. Meshell Ndegeocello)

Tracklist

  1. I carried this for years
  2. Away away
  3. Deathless (feat. Kamasi Washington)
  4. I wanna be like you
  5. No man is big enough for my arms
  6. Valé
  7. Waves
  8. Transmission/Michaelion (feat. Meshell Ndegeocello)
  9. Me voy (feat. Mala Rodriguez)
  10. When will I learn (feat. Chilly Gonzalez)
  11. Numb
  12. Ash

Gesamtspielzeit: 39:55 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

myx

Postings: 4652

Registriert seit 16.10.2016

2017-10-05 08:24:55 Uhr
Schöne Rezension, klingt nach einer sehr guten 7/10. Das Album ist bereits bestellt, könnte das gute Debüt sogar noch übertreffen. Die Vorabsongs, besonders "Deathless" und "Away Away", sind jedenfalls schon mal klasse.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2017-10-04 20:54:25 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2017-08-31 18:13:50 Uhr - Newsbeitrag
IBEYI

DEATHLESS FEAT. KAMASI WASHINGTON

VÖ: 31.08.2017

LABEL: XL RECORDINGS

LC: 05667

ISRC: GB-BKS-17-00240

Nach dem großen Erfolg ihres Debütalbums gibt es nun endlich neue Musik von den Zwillingen. Ihr zweites Album "Ash" erscheint am 29. September via XL Recordings. Es entstand im Studio von Produzent und XL Recordings-Labelboss Richard Russell und unter Mitwirkung von Gastmusikern wie Kamasi Washington, Chilly Gonzales und Mala Rodríguez.

Mit dem neuen Album "Ash" öffnen Ibeyi nun ihren klanglichen Kosmos noch ein Stücken weiter, in dem sie noch mehr Sounds aus der ganzen Welt in ihre Musik hineinlassen. Dabei wurden sie von Acts wie Kendrick Lamar, Jay Electronica, Meshell Ndegeocello, Erykah Badu, Nina Simone beeinflusst. Nach dem die Zwillinge in ihrem Heimatland Frankreich schon große Stars sind, wird den beiden Ausnahmemusikern mit "Ash" nun auch der Rest der Welt zu Füssen liegen!

„Deathless“, die heute erscheinende Single, bei der der einzigartige Kamasi Washington am Saxophon zu hören ist, wurde in Erinnerung daran geschrieben, als Lisa-Kaindé mit sechzehn fälschlicherweise von der französischen Polizei verhaftet wurde. Sie ging heim und schrieb den emotionalen Song, der ihre Erfahrung ungeschönt in jedem Detail beschreibt und eine kraftvolle Hymne für alle Unterdrückten geworden ist.



Im Dezember werden Ibeyi für drei Shows nach Deutschland kommen:
02.12.17 Köln, Bahnhof Ehrenfeld
03.12.17 Berlin, Lido
04.12.17 Hamburg, Knust
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