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Wolf Parade - Cry cry cry

Wolf Parade- Cry cry cry

Sub Pop / Cargo
VÖ: 06.10.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Am Wasser gebaut

Wolf Parade waren im Grunde immer strukturell Arcade Fire. Schon das umwerfende Debüt "Apologies to the Queen Mary" gemahnte oft deutlich an "Funeral" und erwies sich zuweilen sogar als noch ein bisschen besser, auch "At Mount Zoomer" und "Expo 86" enthielten mit "California dreamer" oder "Cloud shadow on the mountain" Lieblingslieder zuhauf. Doch die Kanadier hatten anderes im Sinn als den Pop-Olymp und einen Majordeal: Spencer Krug züchtete als Moonface Elektro-Kraut und Klavier-Rüben, Dan Boeckner ließ bei Handsome Furs die Synthies bimmeln, vermittelte mit Operators zwischen "Blue wave" und New Wave – von der Supergroup Divine Fits mit Spoons Britt Daniel ganz zu schweigen. Resultat: sieben Jahre "indefinite hiatus". Und nun mit "Cry cry cry" ein viertes Album, mit dem man schon fast nicht mehr rechnen konnte. Oder wollte?

Denn nicht nur bei The Shins gestaltete es sich zuletzt schwierig, der Holzfällerhemden-Variante des alten Affen Indie-Rock neue Tricks beizubringen. Und ist ein Song wie der saftige Gniedel-Kracher "What did my lover say? (It always had to go this way)" überhaupt noch zu toppen, zumal Timothy Showalter ihn mit Strand Of Oaks im ähnlich aufgesetzten und ebenso fantastischen "Same emotions" inzwischen endgelagert hat? Sind Wolf Parade noch relevant? Der Vierer aus Montreal begegnet solchen Fragen mit Gleichmut – und im überschwänglichen Opener "Lazarus online" mit wallenden Piano-Akkorden, die auch andernorts immer wieder aufploppen. Dazu kratzen sich schüchterne Licks aus dem Grab des Titelhelden, ehe das Stück temporeich zu rebellieren beginnt. "Let's rage against the night" – und trotzdem ist alles erleuchtet. Geht doch.

Das delikate Wechselspiel aus verschwenderischem Breitwand-Pomp und stolz gepeinigter Grandezza beherrscht der Vierer aus Montreal also weiterhin meisterhaft – und ist zudem schlau genug, mit dem auf Keyboard und flinkem Riff getupften "You're dreaming" oder "Artificial life" ein paar sorglose Klopfer rauszutun, damit "Cry cry cry" nicht gar zu nahe am Wasser gebaut ist. "Valley boy" lässt die Instrumente zwar in den höchsten Tönen jubilieren, fragt aber auch besorgt "Are you still a lover boy? / Are you still under cover boy?", während sich plötzlich die verqueren Gitarrenschlaufen von Televisions "Marquee moon" aus dem komplex verwobenen Arrangement schälen. Und wie Wolf Parade einen Klassiker des Proto-Punk zitieren, um ihn sogleich in einen bangen Liebesknochen von einem Rocksong einzubauen, zeugt genauso von Klasse wie von schrägem Witz.

Ein Fest für den an Death Cab For Cutie erprobten Produzenten John Goodmanson, der alle Hände voll zu tun hat. Nach der Harmlosigkeit antäuschenden Halbballade "Flies on the sun" wartet mit "Baby blue" ein stürmisch paukender Hit, bei dem sich fleischfressende Orgel und Bläsersätze gegenseitig hochjazzen, "Weaponized" dreht noch ein Stück weiter auf und verfängt sich nach der Hälfte in versponnenem Prog-Taumel – nein, zu wenig passiert auch auf "Cry cry cry" nicht. "Am I an alien here" hat dank Psych-Gejaule und elektronischen Schleierwolken die Birne sogar so weit in der Stratosphäre, dass "King of piss and paper" sie zum Schluss mit allerlei Kraftausdrücken freipusten muss, und mit klarem Kopf weiß der Hörer dann: Wolf Parade sind gar nicht Arcade Fire. Sondern die Band, mit der man auch nach sieben Jahren rechnen muss.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Lazarus online
  • Valley boy
  • Baby blue
  • Am I an alien here

Tracklist

  1. Lazarus online
  2. You're dreaming
  3. Valley boy
  4. Incantation
  5. Flies on the sun
  6. Baby blue
  7. Weaponized
  8. Who are ya
  9. Am I an alien here
  10. Artificial life
  11. King of piss and paper

Gesamtspielzeit: 47:25 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

BadaBing

Postings: 134

Registriert seit 27.06.2013

2018-01-24 11:23:08 Uhr
Höre durch Zufall gerade Incarnation, während ich so durchs Forum stöbere und sehe, dass der Thread hier recht weit oben steht, so dass ich einfach mal sagen muss, dass das ein richtig guter Pop-Song ist.
tour dates
2018-01-23 19:25:33 Uhr
31. Mai | Bogen F | Zurich, Switzerland
01. Juni | Conrad Sohn | Dornbirn, Austria
03. Juni | NoD | Praha, Czech Republic
05. Juni | Kino Siska | Ljubljana, Slovenia
06. Juni | K-Set | Zagreb, Croatia
07. Juni | Orpheum | Graz, Austria
08. Juni | Flex | Wien, Austria

Gordon Fraser

Postings: 2537

Registriert seit 14.06.2013

2017-11-27 08:09:27 Uhr
Mit etwas Verspätung habe ich das neue Werk auch mal gehört. Hätte ich das gut mal früher gemacht. Finde ich richtig stark, nachdem ich mit "Expo 86" nicht viel anfangen konnte.

word! Richtig starkes Pop-Album mit einigen ihrer zugänglichsten Songs. Trotzdem weit von leichter Kost entfernt.

Meine Highlights sind freilich völlig anders:
Valley Boy
You're Dreaming
Artifical Life
Who Are Ya

Mit der 8/10 gehe ich mit.

Stephan

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 991

Registriert seit 11.06.2013

2017-11-25 14:30:00 Uhr
Mit etwas Verspätung habe ich das neue Werk auch mal gehört. Hätte ich das gut mal früher gemacht. Finde ich richtig stark, nachdem ich mit "Expo 86" nicht viel anfangen konnte.

Highlights aktuell:
Lazarus online
Incantation
Weaponized
Am I an alien here
King of piss and paper

8/10

saihttam

Postings: 2359

Registriert seit 15.06.2013

2017-10-14 14:29:33 Uhr
Ich höre gerade das Album zum ersten Mal und merke jetzt erst, wie sehr ich die Vier in den letzten Jahren eigentlich vermisst habe. Weckt schöne Erinnerungen an die Zeit ums letzte Album, als ich sie neu entdeckt hatte und die ersten drei Platten rauf und runter gehört habe. Toll, dass sie wieder da sind.
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