Kele Okereke - Fatherland
BMG / Warner
VÖ: 06.10.2017
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Vater sein dagegen sehr
Ehre, wem Ehre gebührt. Kele Okereke ist mit Sicherheit kein Mann des Stillstands. Als Frontmann der New-Wave-Senkrechtstarter Bloc Party durchlebte der Brite bereits einige Stilwechsel. Auf seinen ersten beiden Soloalben "The boxer" und "Trick" erforschte er verschiedene Schattierungen der Clubmusik und die elektronischere Seite des Sounds seiner Hauptband. Nichts davon hat jedoch auf die komplette Kehrtwendung vorbereitet, die Okereke mit seiner dritten Platte "Fatherland" vollzieht. Anstatt bollernder Beats oder aggressiver Synthesizer besteht die instrumentale Palette ausschließlich aus organischen, akustischen Klängen. Gitarre, Streicher, Bläser, Klavier – ein kleines Kammerorchester-Album hat der 35-Jährige sich hier zusammengezimmert. Und passend zur neuen Ausrichtung seinen Nachnamen in die Interpretenzeile geholt.
Die Geburt seiner Tochter Savannah, ihr Aufwachsen mit zwei Vätern und die trotz allem vorhandenen Selbstzweifel sind die Eckpunkte, welche Okereke zu "Fatherland" geführt haben. Der Albumtitel ist demnach weniger in seiner politischen Dimension, sondern vielmehr persönlich zu verstehen. Die Inspiration ist nicht mehr bei Synthpop-Helden und den ewigen Joy Division zu suchen, sondern im Bereich der Songwriter wie Nick Drake, Joni Mitchell oder Elliott Smith. Wenn der erste vollwertige Track "Streets been talkin" munteres Gitarrenpicking auffährt und sogar die Flötentöne lehrt, wirkt eine Zeile wie "I'm trying to kick a habit" programmatisch. Nun war das mit Okerekes Songwriting immer so eine Sache. Groove, Energie und Rhythmus waren vorhanden, passten in den elektronischen Rahmen. Aber hübsche Melodien und eindrucksvolle Harmoniegebilde, die für solch lieblichen Swing-Pop wichtig sind? Daran scheitert "Fatherland" leider oft.
"Capers" oder das Duett mit Corinne Bailey Rae "Versions of us" gehen zu wenig aus sich heraus, beherbergen lediglich eine stark vorhersehbare Melodie, aber nichts ansatzweise Bemerkenswertes. "Altbacken" kommt dabei sogar in den Sinn. Das sehr hübsche Arrangement von "Portrait" hingegen macht den Song zu einem Instant-Highlight, bleibt auf Albumlänge jedoch eine der wenigen Ausnahmen, bei denen das Soundkonzept aufgeht. "Savannah", nach der Tochter benannt und an sie gewandt, ist dann zwar rührend ehrlich gemeint, die Handclaps und das erneute Fehlen einer prägenden Hook lassen das Stück versanden, noch ehe man sich mit dem Text beschäftigt hat. Der kommt über Plattitüden wie "Open your heart, be kind" und "Let love flow through your soul" nicht hinaus. Generell verhebt sich Okereke lyrisch dann und wann gern am Kitsch, wenn nicht gerade ein gelungenes Eifersuchtsdrama wie "You keep on whispering his name" entsteht.
Dass "Fatherland" eine Herzensangelegenheit ist, mag man trotz aller Mängel gar nicht bezweifeln, schließlich wird viel Persönliches auf den Tisch gebracht. Und Applaus verdient der Bloc-Party-Mann dafür, sich an komplett neues musikalisches Terrain zu trauen und nicht seine bisherige Schiene weiter in die Inspirationslosigkeit zu fahren. Doch vielen Songs auf "Fatherland" fehlt etwas, um sie so ergreifend zu machen, wie sie gerne wären. Der Eindruck entsteht, dass Okereke weitab von seinen Stärken operiert, zu oft endet die angestrebte Intimität in Harmlosigkeit und Belanglosigkeit. Ob dies ein einmaliger Ausflug bleibt oder eine neue Richtung weist? Wir werden sehen. Bleiben wird ein Album, dessen Hintergrund und Kontext leider spannender sind als sein Inhalt.
Highlights
- You keep on whispering his name
- Grounds for resentment (feat. Olly Alexander)
- Portrait
Tracklist
- Overture
- Streets been talkin'
- You keep on whispering his name
- Capers
- Grounds for resentment (feat. Olly Alexander)
- Yemaya
- Do u right
- Versions of us (feat. Corinne Bailey Rae)
- Portrait
- Road to Ibadan
- Savannah
- The New Year party
- Royal reign
Gesamtspielzeit: 44:59 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Affengitarre User und News-Scout Postings: 11094 Registriert seit 23.07.2014 |
2021-08-14 12:24:50 Uhr
Schon sehr sehr seicht, wobei da schon ein paar schöne Songs drauf sind. "Streets Been Talkin'" und "Yemaya" mag ich zum Beispiel ziemlich und generell hat der Sound was. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27195 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-10-13 19:20:02 Uhr - Newsbeitrag
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27195 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-09-27 20:19:28 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27195 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-09-14 20:04:08 Uhr - Newsbeitrag
Der BLOC PARTY Frontmann KELE OKEREKE kündigt für den 06.10.17 sein drittes Solo-Album „Fatherland" auf BMG/ADA Warner an.Nach den ersten zwei Hörproben „Streets Been Talkin´“ und „Grounds For Resentment“ (feat Olly Alexander /Years And Years), folgt nun mit "Do U Right“ eine weiterer neuer Track; „Do U Right“ - Stream |
@Ukulele |
2017-07-09 19:19:43 Uhr
Promo-Texte klingen immer grauenvoll. Hör dir doch erst mal das neue Album an. |
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Referenzen
Kele; Nick Drake; Elliott Smith; John Mayer; Jack Johnson; Harry Styles; Milow; Damien Rice; Bright Eyes; Conor Oberst; Ed Sheeran; James Blunt; Jason Mraz; Olly Murs; Will Young; Paolo Nutini; Ben Harper; Dashboard Confessional; Frank Sinatra; Angus & Julia Stone; Belle & Sebastian; Ben Howard; Joni Mitchell; Joanna Newsom; David Gray; Noah And The Whale; The National; Elbow
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