Madeline Kenney - Night night at the first landing

Company / Indigo
VÖ: 15.09.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Traumhochzeit
Manchmal sollte man Dinge eben doch nach ihrem äußeren Erscheinungsbild beurteilen. Das beste Beispiel für diese letzten Endes wohl gar nicht mal so gewagte These: das Cover des Albums "Night night at the first landing" von der kalifornischen Sängerin Madeline Kenney. Eine düster-gruselige Treppe führt aus dem Nichts nach oben, an der Wand im Hintergrund seltsame Tapetenmuster, am oberen Ende der Stufen ein kleines Mädchen, das mit seiner Kuscheldecke bewaffnet in den Himmel schaut. Sterne und Sternschnuppen sorgen für die einzigen Lichteffekte in diesem Bild, der Gedanke, warum das Kind eigentlich plötzlich im Freien steht und die Treppe auf der anderen Seite wieder ins Nichts führt, kommt erst beim zweiten Blick. Und so ist das irgendwie auch mit dem ganzen Album, das Kenney da vorlegt.
"Night night at the first landing" ist auch mal mehr Traum, mal mehr Realität, tappt stellenweise in dunklen Abgründen und blinzelt trotzdem hier und da ins grelle Licht. Kenney, die durch ihre frühere Zusammenarbeit mit Chaz Bundick alias Chaz Bear alias Toro Y Moi erstmals Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte und ihr Debüt auch auf dessen Label veröffentlicht, ist nun wirklich kein kleines Mädchen mehr. Und statt auf die Kuscheldecke als Schutzschild setzt sie auf ihre Stimme und das musikalische Talent. Wohlige Dream-Pop-Klanglandschaften bewandert der Opener "Don't forget // There's room", in dem plötzlich die Stimme eines Kindes zu hören ist, das von Monstern erzählt – ob es unsere Kleine mit den Zöpfen vom Cover ist?
Die bekommt schon im folgenden "Rita" etwas Abwechslung: Da schrammelt sich Kenney in feinster Neunzigerjahre-Alternative-Rock-Manier durch den Refrain, obgleich ihr samtener Gesang nach wie vor das eigentliche Highlight bleibt. Apropos: Ein genau solches ist auch "Big one", was im Englischen für einen herausragenden Moment steht – etwa eine Hochzeit. Und dort sollte man den Titel durchaus spielen, wenn man eine euphorische, von Glück erfüllte, über alles erhabene Feier anstrebt. Kenney singt nicht nur über jenen Menschen, der womöglich die eine richtige Person für sie ist, sondern mit ihr, zu ihr, alles auf einmal, und lässt alle daran teilhaben. Es ist also wahrhaftig eine Hochzeit für alle Fans von halbvollen statt -leeren Gläsern, mit denen man dann auch gleich im standfesten Indie-Popper "Always" anstoßen kann.
Besonders zum Schluss wird die auf dem Artwork vermittelte Melancholie auch in der dazugehörigen Musik verankert. "Uncommon" ist fast schon mehr Lagerfeuer-Märchen als ein normaler Song und punktet vor allem dank dieser doch nur leichten Andersartigkeit. Wenn Kenney in der letzten Minute schließlich ausbricht, kommt das einer erholsamen Atempause nach einem langen Tauchgang gleich. Derweil macht "Give up // On anything" völlig entgegen seines Namens die Zeile "I won't give up on anything new" zunächst zum durch Mark und Bein gehenden Mantra, bis der befreiende Rhythmus endlich einsetzt und die Sternschnuppen am Himmelszelt zumindest das Gefühl von bevorstehendem Glück andeuten. So oder so: Zurück nach unten in die Dunkelheit geht es weder für das kleine Mädchen noch für Kenney. Da darf man sich sicher sein.
Highlights
- Don't forget // There's room
- Always
- Big one
Tracklist
- Don't forget // There's room
- Rita
- Witching hour
- John in Irish
- This way // You're happy
- Always
- Big one
- Waitless
- Uncommon
- Give up // On anything
Gesamtspielzeit: 32:54 min.
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