Zimt - Glückstiraden

Tapete / Indigo
VÖ: 25.08.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Bitter, süß
Komisch, aber wahr: Alle Welt will immer, dass man sich an oftmals alberne Regeln hält, mit der Norm geht und sich um Himmels Willen weder zu sehr nach oben noch nach unten abgrenzt, geschweige denn zu irgendwelchen Seiten. Denn sonst ist man ein Außenseiter, ein Geächteter, einer, auf den mit den Fingern gezeigt und über den die Nase gerümpft wird. Das Trio von Zimt kann mit diesen Mainstream-Menschen, die sich nur nach der Masse richten, offenbar nicht viel anfangen. "Du kannst so leben, wie Du willst / Du darfst so leben, wie Du willst", motivieren die Augsburger schon im zweiten Titel ihres Debütalbums "Glückstiraden" und an diesen Rat lässt es sich viel leichter halten als an die bereits genannten Plattitüden.
Ihnen selbst hat er ja auch nicht geschadet. Mit ihrer Mischung aus Pop, NDW und ganz leichten Achtzigerjahre-Post-Punk-Anleihen haben Janina, Isabella und Ralf – Nachnamen sind was für Mitläufer! – nicht nur die Jungs und Mädels von Tapete überzeugt. Sondern auch noch die Staatsakt-Legende Zwanie Jonson, der dann gleich mal bei der Produktion geholfen hat. Herausgekommen sind elf erfrischend ehrliche Songs aus dem Hier und Jetzt, mal bitter, mal süß, aber immer toll. Da wäre etwa der Opener "Nicht mehr bei mir", der zwischen Melancholie und Abgeklärtheit schlafwandelt und doch putzmunter ist. Das muss man erstmal schaffen.
Möglicherweise werden auch wegen dieser auf "Glückstiraden" vorherrschenden Stimmung ab und an lebhafte Erinnerungen an Die Heiterkeit wach, deren "Pop & Tod I + II" den deutschen Sommer 2016 verschönerte – obgleich Zimt sich lieber als Die Aufmüpfigkeit präsentieren: "Schwaches Herz" schrammelt sich bockstark durch die nächste New-Wave-Party, während sich "Wohlstand" wie ein stattlicher Mittelfinger aus der Gosse erhebt und selbigen mal eben all jenen ins Gesicht streckt, die nicht schnell genug aus dem Weg springen konnten.
Stellenweise sind Zimt dann aber eben doch auch mehr Zucker: Das beschwingte "Noch nicht bereit", das sich scheinbar abwechselnd mal im Zwiegespräch mit sich selbst und dann wieder mit seinem Gegenüber befindet, sorgt dank herzrasendem Rhythmus für die wunderbarste Art von Atemlosigkeit. Und mit "Lied der Erde" gibt es zum Schluss glücklicherweise nicht die befürchtete Öko-Ballade fürs Hippie-Revival-Fest, sondern allenfalls einen letzten ehrlichen, schönen, unglaublich nahbaren Gruß an alle, die ein bisschen anders sind. Denn auch Zimt wissen: Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom. Petri Heil!
Highlights
- Nicht mehr bei mir
- Schwaches Herz
- Noch nicht bereit
Tracklist
- Nicht mehr bei mir
- Du kannst so leben wie Du willst
- Verbessere mich
- Ideal ist nichts
- Empathielosigkeit
- Schwaches Herz
- Noch nicht bereit
- Tag verschenken
- Wohlstand
- Verzeihen
- Lied der Erde
Gesamtspielzeit: 32:34 min.
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2017-08-16 21:23:46 Uhr - Newsbeitrag
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