Kesha - Rainbow
RCA / Sony
VÖ: 11.08.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Aus der Unruhe kommt die Kraft
Drei Songs durch und die Nähte sind bis zum Zerreißen gespannt: "Rainbow", Kesha Seberts drittes Album hat einiges zu beweisen. Kein Zufall, dass es mit einem Trio aus Quasi-Adaptionen weiblicher (Self-)Empowerment-Hymnen ins Rennen startet, die in das eigene Universum überführt werden. Denn auch wenn "Bastards" mit seiner Steigerung vom hübschen Gitarrenspiel zum genial überdrehten Bombast-Finale vor allem "Hey Jude" ins Gedächtnis ruft: Die Zeile "Don't let the bastards get you down" rutscht ganz nah an Savages und ihr Manifest "Don't let the fuckers get you down" heran. Bei "Let 'em talk" mischen nicht nur Eagles Of Death Metal mit und verpassen dem stampfenden Track eine Dosis Verzerrung. Es klingt nach einer energischeren, kompromissloseren Version von Taylor Swifts "Shake it off", das alle Hater niederrennt, die nicht bei drei auf dem Baum sind. Inklusive einem "Suck my dick" in schönstem Falsett dargeboten. Das folgende "Woman" transferiert Destiny's Childs "Independent women" schließlich mit Hilfe der Hörner von The Dap-Kings in einen zackigen, bläserverzierten Sound.
Natürlich ist klar, was es zu beweisen gibt. Keshas unrühmlicher Rechtsstreit mit Musikproduzent Dr. Luke, der Vergewaltigungsvorwürfe von ihrer und eine Verleumdungsklage von seiner Seite aus hervorbrachte, ist bis heute noch nicht abgeschlossen – und die Wahrheit von außen nicht einsehbar. "Rainbow" ist hingegen ein musikalischer Punktsieg für Kesha, ein schillerndes Kaleidoskop, den Vorgängern haushoch überlegen. Hießen die noch "Animal", "Cannibal" oder "Warrior" und gingen in weiten Teilen recht stumpf eindimensional nach vorne, präsentiert Sebert entsprechend dem neuen Albumtitel mehr Facetten, mehr Vielfalt und einen organischeren Ansatz im Sound. Nicht umsonst ist das alberne Dollarzeichen im Namen Geschichte. So folgt nicht lange auf die drei eröffnenden Energiebündel die breit angelegte Ballade "Praying" mit den unmissverständlichen Lyrics "'Cause you brought the flames and you put me through hell / I had to learn how to fight for myself" und dem Wunsch, dass der Adressat die nötige Reue finden möge. Irgendwo zwischen Trauer, Wut und Versöhnung: eine Hymne.
Wie schon die kürzlich erschienen "Witness" von Katy Perry und "Joanne" von Lady Gaga gibt sich "Rainbow" gereifter, besonnener, ohne die wilderen Zeiten komplett außen vor zu lassen. Kesha bekommt diesen Spagat jedoch deutlich besser hin, stellt neben den Titeltrack, der gegenüber dem Kitsch immer die Oberhand behält, das verschmitzte "Hunt you down" – eines von mehreren Stücken der zweiten Hälfte, die mehr als nur ein wenig mit dem Country flirten. So auch "Old flames (can't hold a candle to you)", welches allein aufgrund der Konstellation der Beteiligten als Schlüsselstück gelten muss. Geschrieben wurde das Stück 1978 von Keshas Mutter Pebe Sebert, zwei Jahre später hatte Dolly Parton damit großen Erfolg. Und nachdem Kesha selbst den Song bereits für eine EP coverte, ist auf "Rainbow" nun Parton als Duettpartnerin an Bord für eine robuste, im Finale geradezu eruptierende Version. Und doch stiehlt die Show danach ein ganz kleines, süßes Akustik-Liedchen über einen etwas ungewöhnlichen Freund. "What do you get when you take Godzilla to meet your Mom?" Es ist Quatsch und es ist nach all der Emotionalität gewissermaßen befreiend.
Auch wenn "Rainbow" den besten Lauf zu Beginn hat, knickt es nicht ein, Füller sind Fehlanzeige. Egal, ob sich die Tracks zwischen Wut und Feierwut platzieren oder die große Paukenschlag-Ballade proben, es funktioniert. Selbst anfangs blasse Kandidaten wie "Hymn" oder "Spaceship" entfalten ihre Details und melodischen Haken zunehmend, der wundervolle Refrain von "Finding you" will nach einmaligen Eintritt nie wieder aus dem Ohr heraus. "Been underestimated my entire life / I know people gotta talk shit / And darling, that's fine", gibt Sebert im Opener lakonisch in die Welt hinaus. Dass sich die Leute stets eine Meinung bilden müssen über Dinge, von denen sie nichts wissen – das wird sich wohl nicht ändern. Nach "Rainbow" sollte es aber deutlich weniger Menschen geben, die Kesha unterschätzen.
Highlights
- Bastards
- Let 'em talk (feat. Eagles Of Death Metal)
- Praying
- Finding you
Tracklist
- Bastards
- Let 'em talk (feat. Eagles Of Death Metal)
- Woman (feat. The Dap-Kings Horns)
- Hymn
- Praying
- Learn to let go
- Finding you
- Rainbow
- Hunt you down
- Boogie feet (feat. Eagles Of Death Metal)
- Boots
- Old flames (can't hold a candle to you) (feat. Dolly Parton)
- Godzilla
- Spaceship
Gesamtspielzeit: 48:41 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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DirtyComputer |
2018-06-27 12:39:12 Uhr
Was für eine positive Überraschung; eines der besten Popalben des letzten Jahres. Meine persönlichen Highlights sind "Praying", "Learn To Let Go" und der schöne Abschluss "Spaceship". |
Leatherface Postings: 1652 Registriert seit 13.06.2013 |
2017-08-18 01:22:11 Uhr
Klasse Platte. Erinnert mit dem Eklektizismus (Gitarren-lastige Banger, Powerpop, Chamber Pop, Folk und Country, ein bisschen Twee Pop), der von einer starken Persönlichkeit zusammen gehalten wird an die "Missundaztood" von Pink. Von den Eagles Of Death Metal-Songs hätte ich das grandiose "Boogie Feet" dem soliden "Let 'Em Talk" vorgezogen. Neben "Praying" für mich das Highlight der Platte. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27844 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-08-16 21:22:02 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
MM13 Postings: 2453 Registriert seit 13.06.2013 |
2017-08-15 19:01:31 Uhr
ist zwar immer noch nicht mein ding,aber schon richtig gut geworden im gegensatz zu früher. |
an Achim |
2017-08-12 11:23:27 Uhr
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Referenzen
Lady Gaga; Taylor Swift; Miley Cyrus; Charli XCX; P!nk; Lily Allen; Carly Rae Jepsen; Nelly Furtado; Kelly Clarkson; Avril Lavigne; Haim; The Matrix; Take That; Ed Sheeran; Blondie; Sia; Marina & The Diamonds; Lena; Tove Lo; Katy Perry; Ariana Grande; Ellie Goulding; Aura Dione; Conchita Wurst; Sheryl Crow; Dolly Parton; Jewel
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