Jen Cloher - Jen Cloher

Marathon / Rough Trade
VÖ: 11.08.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Eine gute Freundin
Auch wenn das Artwork etwas anderes vermuten lässt: Jen Cloher zeigt ihrer Hörerschaft auf ihrem vierten Album mitnichten die kalte Schulter. Die Tatsache, dass sie das gute Stück nach sich selbst benannt hat und sich auf dem Cover splitternackt bei einer ihrer wohl liebsten Beschäftigungen ablichten ließ – nämlich dem Gitarrespielen –, ist schon fast eine Botschaft in sich. "Jen Cloher" ist als persönlichstes, intimstes Zeugnis der Lebenspartnerin von Courtney Barnett zu verstehen, das sich mal roh, mal ruhig, aber immer auf wunderschöne Art und Weise um Clohers Leben kreist: als Frau, als Homosexuelle, als Künstlerin, als Australierin.
Den Anfang macht die vermeintlich poppige Unbeschwertheit von "Forgot myself". Während schon der Titel impliziert, dass es wahrlich kein locker-luftiger Sorglos-Track ist, entführt die Melodie in längst vergangene Zeiten. Erinnerungen an Pavement oder auch an Yo La Tengo werden wach, dank der schnodderigen Art sogar ein wenig an die oft kopierte, nie erreichte, aber hier immerhin offensichtlich geehrte Kim Gordon von Sonic Youth. Auch "Strong woman" muss sich nicht hinter den Schrammelrock-Wänden verstecken, die es um sich selbst aufbaut, sondern sucht stattdessen den brachialen, ungebremsten Weg nach vorne.
Dass Cloher sowohl in der Rolle als Harte als auch als Zarte eine tolle Figur macht, zeigen vor allem die nahbaren, stellenweise beinahe weichen Stücke des Albums. Das von sanften Streichern in höhere Gefilde getragene "Waiting in the wings" kommt nicht nur mit klugen, ans Herz gehenden Zeilen um die Ecke, sondern lädt dank schunkeliger Instrumentierung vor allem zum vertrauten Miteinander ein: "There's no meaning but the meaning you create / And to answer all the things that you can make." Das bluesig-verträumte "Regional echo" ist derweil ein waschechtes Album-Highlight, das die stereotype Ansicht des ach so unbeschwerten Lebens auf dem australischen Kontinent mit viel Melancholie in ihre Einzelteile zerlegt.
Schnell kommt es dem Hörer im Verlauf der elf Songs so vor, als wäre Jen Cloher eine alte, wenngleich lange verschollene Freundin, die sich mit einem Schlag den Weg zurück in das eigene Leben gebahnt hat. Zu "Sensory memory" möchte man gemeinsam mit ihr und Barnett durchs nächtliche Melbourne ziehen und sich nie geschehene Geschichten erzählen oder aber zum rotzfrechen "Shoegazers" mit Stromgitarren bewaffnet den nächsten Indie-Schuppen stürmen, um einen Spontan-Gig zu veranstalten. Zur tollen Akustiknummer "Dark art" lässt es sich schließlich erschöpft, aber glücklich an irgendeinem Strand einschlafen, während in der Ferne die Sonne aufgeht. Und danach womöglich ein wenig im Meer erfrischen – und plötzlich, ganz ohne Scham, sind wir alle splitternackt.
Highlights
- Regional echo
- Sensory memory
- Waiting in the wings
Tracklist
- Forgot myself
- Analysis paralysis
- Regional echo
- Sensory memory
- Shoegazers
- Strong woman
- Kinda biblical
- Great Australian bite
- Loose magic
- Waiting in the wings
- Dark art
Gesamtspielzeit: 50:00 min.
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Referenzen
Courtney Barnett; PJ Harvey; Angel Olsen; Patti Smith; Sharon Van Etten; Waxahatchee; Cat Power; Fiona Apple; Adult Mom; Vagabon; Joanna Gruesome; Ringo Deathstarr; Kim Gordon; Posse; Best Coast; Vivian Girls; Veronica Falls; Eternal Summers; Sleater-Kinney; Corin Tucker Band; Wild Flag; Excuse 18; Cadallaca; Heavens To Betsy; Love Is All; Bikini Kill; Mirel Wagner; Dinosaur Jr.; J Mascis; Yo La Tengo; Pavement; Stephen Markmus And The Jicks; The Replacements; Protomartyr; Sonic Youth; Thurston Moore
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