Joel Jerome & Cosmic Bears - Cosmic bear jamboree

Elite / Broken Silence
VÖ: 11.08.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 10/10

Hier und dort und überall
Ja, klaro, Vorurteile sind was für Verlierer. Erzähl mal was Neues! Und doch kann man sie manchmal einfach nicht ganz abschütteln. So auch im verzwickten folgenden Fall: Alles – wirklich einfach alles – an Joel Jerome wirkt auf den ersten Blick zum Fremdschämen. Denkt man beim Namen noch voller Mitleid an irgendeinen 17-jährigen Mitläufer, der sich nach wie vor die Hosen in die Socken stopft, obwohl dieser Frontalunfall einer Modeerscheinung längst von vorvorgestern ist, wird es schon kurz darauf echt hässlich. Die Pressefotos etwa sehen schlicht scheiße aus. Die Tracklist auch – Titel wie "You are so bad", "Errbody wants somebody" oder auch "Yr love is weird" lassen auf nichts Gutes hoffen. Das Cover mit seinen trostlosen Regenbögen und dem scheinbar völlig bekifften Bären im Astronauten-Anzug hätte jeder Mediengestaltungs-Azubi im ersten Lehrjahr besser hinbekommen. Und dann benennt der Kerl sein neues Album "Cosmic bear jamboree" auch noch in Gedenken an die Animatronic-Veranstaltung "Country bear jamboree", bei der in Disneyland-Parks mechanische Bären auf einer Showbühne noch mechanischere Musik machen. Auweia. Das ist all over the place, würde man im Englischen sagen, viel zu viel von allem – und doch nie zu viel des Guten. Mehr noch: Dieses oberflächlich betrachtet geradezu peinlich-beknackte Album ist sogar richtig toll geraten.
Und wir hätten es vor lauter Ignoranz fast nicht mitbekommen! Man soll ein Buch eben nicht anhand seines Umschlags bewerten, Musikalben nicht anhand ihrer Cover, Menschen nicht anhand ihres Namens – jaja, eine Depner weiß Bescheid. Was für ein Glück jedenfalls, dass die erste Reflexhandlung, "Cosmic bear jamboree" auf direkten Weg in die Mülltonne zu werfen, noch einmal überdacht wurde. Das Werk, das der Südkalifornier Joel Morales unter dem Projektnamen Joel Jerome & Cosmic Bears veröffentlicht, klingt, als hätten die Gummibärchen nicht nur ihren klebrigen Energy-Saft getrunken, sondern noch ganz andere Substanzen zu sich genommen und würden sich nun, in alle möglichen Himmelsrichtungen wankend, auf dem Weg gen Weltall befinden. Flummibärchen? Irgendwie schon. Und natürlich sind es gerade die Stücke, bei denen man es nie und nimmer erwartet hätte, die mitunter am meisten reinhauen. "Errbody wants somebody" ist eine ausladende, opulente, breitbeinige, kitschig-süße Glam-Rock-Ballade, bei der die glänzenden Brusthaare oben aus dem selbstredend viel zu tief aufgeknöpften Hemd ragen und Morales sich mit viel Öl in der Stimme den Weg in die Herzen seiner Hörer sehnt. Ein wahres Fest für Schmalzbrot-Fans, irgendwann wird sogar noch ein bisschen gepfiffen und am Ende gibts lauten, liebevollen, lustigen "La la la"-Gesang.
"Yr love is weird" ist derweil astreiner Psychedelic-Folk-Pop, reimt zuerst "pain" auf "cocaine", "cocaine" auf "insane" und wiederholt dann einfach noch mal "pain", weil die Schmerzen im All offenbar so geil sind. Mitsamt Bläsern und Bass fliegt dieses Raumschiff haarscharf und doch entspannt an der Sonne vorbei, verbrennt aber nicht mal ansatzweise, sondern sorgt stattdessen für einen gesunden, gleichmäßig braunen Teint. Das poppig-verstrahlte "You are so bad" deutet die dicken, dunklen, fiesen Regenwolken auch nur an, bleibt aber stets zumindest im Trockenen. Es ist eben nicht alles grau, was nicht glänzt, das wissen auch das goldige "Tell me things" und seine fantastisch nölige Twang-Gitarre, die dann doch für ein bisschen Country-Stimmung sorgt, wie sie auch die gruseligen Robo-Bären aus Disneyland mögen. Der Opener "Cosmic dancer" entspannt währenddessen in seiner schmuddeligen Garage, vor der immerhin ein paar Palmen gepflanzt wurden, und der Titel des abschließenden "I was on acid" ist mutmaßlich eine ehrliche Beschreibung des Aufnahmeprozesses. Auch das mag ein Vorurteil sein – aber diesmal ist es so durch und durch gut gemeint, wie dieses Album tatsächlich ist.
Highlights
- You are so bad
- Errbody wants somebody
- I was on acid
Tracklist
- Cosmic dancer
- You are so bad
- Complicated man
- I don't wanna die
- Tell me things
- Errbody wants somebody
- Yr love is weird
- Don't you ever think I cry
- Alcohol
- I was on acid
Gesamtspielzeit: 44:05 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Jilly cowilli |
2017-07-28 13:51:51 Uhr
Tolles album. Der typ is ja cool |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28278 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-07-26 23:21:11 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Foxygen; Tame Impala; Pond; Unknown Mortal Orchestra; The Lemon Twigs; The Flaming Lips; Ariel Pink; Ariel Pink's Haunted Graffiti; Bobby Conn; Todd Rundgren; Big Star; Kyle Craft; Fletcher C. Johnson; Trevor Sensor; Cream; Love; Sweet; T. Rex; Marc Bolan; Roxy Music; David Bowie; Electric Light Orchestra; The Ark; Faces; New York Dolls; The Kinks; Tin Machine; The Beatles; George Harrison; John Lennon; Paul McCartney; Ringo Starr; Wings; The Zombies; The Polyphonic Spree; The Eletric Soft Parade; Drugdealer; Salvia Plath; Night Beats; The Strange Boys; Jay Reatard; Ty Segall
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- Joel Jerome & Cosmic Bears - Cosmic bear jamboree (2 Beiträge / Letzter am 28.07.2017 - 13:51 Uhr)