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Capo - Alles auf Rot

Capo- Alles auf Rot

Warner
VÖ: 07.07.2017

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Azzlack-Kartell

Das ganze Leben ist ein Spiel. Sieg oder Niederlage trennen meist nur Nuancen. Die risikofreudigen Teilnehmer an der Welten-Lotterie können mit dem höchsten Ertrag, aber genauso mit dem größten Verlust rechnen. Capo, der sich zu Beginn seiner Karriere Capo Azzlack nannte, hat das Wagnis nie gescheut. Als sein älterer Bruder Aykut Anhan als Haftbefehl deutschlandweite Kreise zog und den bis heute stilprägenden Azzlack-Sound etablierte, schaute auch Cem Anhan grimmig in die Kamera und wünschte der Justiz nichts Gutes. Diese rüde Art erinnerte so stark an den blutsverwandten Azzlack Stereotyp, dass ihm die künstlerische Eigenständigkeit abgesprochen wird. Also drehte sich der Offenbacher um 180 Grad, strich das "Azzlack" aus dem Künstlerprofil und versuchte sich an einer deutschen Version von Drake. Inklusive Cro-Feature und den "Thank me later"- und "Take care"-inspirierten Lebensbeichten von Luxus und Lastern gelang Capo mit "Hallo Monaco" kein kompletter Durchbruch. Unter dem Einfluss aktueller Rap-Songs, die aus den Smartphones dröhnen, ist kaum von der Hand zu weisen, dass Capo Autotune und Gesang damals zu früh für sich vereinnahmt hatte.

Jetzt erscheint das hiesige Publikum mehr als bereit für die melodiösen Rap-Interpretationen. Doch Capo entschließt sich wieder nicht den einfachsten Weg zu gehen. Statt übergangslos an den Sound auf "Hallo Monaco" anzuknüpfen, der sich nun massenweise verbreitet, mischt er die Eindrücke seines Lebens zu einem trappig-elektronischen Straßencocktail, der mal explodiert und manchmal verpufft. Würde dieses Release eine Zwei-Track-Seven-Inch-Platte sein, die nur aus dem "Intro" und "GGNIMG" bestehen würde, dann wäre dieses Song-Pärchen ein Instant-Klassiker à la "Russisch Roulette". Die Anhans mögen Glücksspiel, aber Baba Haft hat hier klar die besseren Karten. Dabei ist die Ausgangsposition ähnlich gut: Wenn die kratzige Stimme Capos durch die Instrumentals der beiden erwähnten Stücke bricht, Biografisches vorträgt sowie von der Sozialisation am Block erzählt, durchzuckt die Aggression und der Hunger nach mehr jede Faser. Denn "Offenbach bleibt ekelhaft" und im "Babylon" Hessens sind Worte nichts wert, solange keine Taten folgen. Nach diesem epochalem Einstieg wird es umso vermeidbarer. "Napoli" möchte ein recht zweifelhaftes Frauenbild vermitteln und langweilt prompt. Die Reizsetzung über Drogen, Sex und Gewalt allein lässt Capo nicht aus dem Schatten des großen Bruders treten.

Die Lyrics sagen Mafia und die Instrumentale rufen teilweise nach koketten Tanzeinlagen. Die durch die kalte Jahreszeit gepeitschte Afro-Trap-Welle geht der Autoliebhaber deutlich gekonnter als viele der sonstigen Trittbrettfahrer an. So richtig originell wirkt es trotzdem nicht. "Palmen aus Plastik" ist die Benchmark auf dem deutschen Markt. Auch dort wurde auf die Inspiration der europäischen Nachbarn gebaut, aber man konnte es dem Endprodukt weniger zuordnen. "Mainhatten City Gang" bringt den angestrebten Effekt noch am besten auf die Platte. Die Lust an Zurschaustellung von Statusobjekten und bloßem Rap kommt hier am stimmigsten zur Geltung. Haftbefehl liefert zu allem Überfluss auf dem düsteren Beat von "Pagare Para Money" nicht wie gewohnt ab, sodass die orientalisch angehauchte Hook ebenso schnell verfliegt, wie sie gekommen ist. Einzig Nimo bleibt als Feature auf "Lambo Diablo GT" im Kopf, weil er den Achtziger-Vibe prägnanter einfängt als der Gastgeber selbst. Wer die Instagram-Stories von Capo im Auge hat, weiß, dass Kohle auch ohne die Musik ständig reinkommt und diese erneute künstlerische Zockerei nicht stärker ins Gewicht fallen wird.

(Michael Rubach)

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Highlights

  • Intro
  • GGNIMG
  • Mainhattan City Gang

Tracklist

  1. Intro
  2. GGNIMG
  3. Napoli
  4. Lange Nächte in FFM
  5. Pagare Para Money (feat. Haftbefehl)
  6. Lambo Diablo GT (feat. Nimo)
  7. Matador (feat. Tommy)
  8. Mainhattan City Gang
  9. Alles auf Rot
  10. Mond
  11. Genauso wie immer
  12. Totentanz

Gesamtspielzeit: 44:32 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

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Registriert seit 08.01.2012

2017-07-26 23:18:53 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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