Washed Out - Mister Mellow

Stones Throw / Groove Attack
VÖ: 30.06.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Ätsch!
Irgendwie war das schon eine ziemlich linke Nummer. Da kündigte Ernest Greene alias Washed Out sein neues Album "Mister Mellow" mit einem kleinen Teaser auf YouTube an – und dann ist dieses großartige, rhythmisch starke, basslastige Mini-Monstrum, das es da zu hören gibt, nicht mal auf selbiger Scheibe drauf. Die Kommentare darunter sprechen für sich: "Where the fuck is this song on the album? I literally pre-ordered the album for this one song", "False advertisement", "Release that fucking song" – die Liste an emotionalen Tastatur-Wutausbrüchen fluchender Zuhörer ist lang. Nun ja. Quasi in einer Randnotiz verriet Greene dann noch, dass das Werk sein erstes auf Stones Throw Records sein würde. Eine Tatsache, die gerade für Liebhaber experimenteller HipHop-Klänge interessant sein dürfte.
Ganz so krass ist der Stilbruch zu seinem früheren Output dann jedoch auch nicht. "Mister Mellow" ist Greenes logische Weiterführung nach dem 2011 veröffentlichten Debüt "Within and without" und dem zwei Jahre später gefolgten "Paracosm". War Ersteres der Soundtrack für gemeinsame Stunden zu zweit unter der Bettdecke, entdeckte der Nachfolger den Frühling in der freien Natur. Mit seinem Drittling erforscht der 34-Jährige nun das Nachtleben und macht gleich ein sogenanntes visuelles Album daraus. Zu jedem Song gibt es ein Video – und auch hier fühlt man sich von Greene irgendwie verarscht. Zusammenhängend sind jene Clips nämlich nicht, und von besonders herausragender Ästhetik auch nicht. Nimmt der nun selbsterklärte "Mister Mellow" seine Fans etwa auf den Arm? Sei's drum: Lieber angeschmiert als abgeschmiert lautet die Devise.
Denn tanzt Greene einem hier auch noch sehr so auf der Nase herum, kommt man kaum umhin, selbst in Wallung zu geraten. Vom entspannt-groovenden "Burn out blues" zum melancholischen Disco-House von "Hard to say goodbye" ist die Einladung zum Tanz hier zwar nicht immer gleich zu erkennen, aber immer herzlich gemeint. "I've been daydreaming my entire life" – also jener Track, der in diesem öminösen Teaser zwar genannt wird, aber auf dem Album letzten Endes ganz anders klingt – dreht sich unter dem funkelnden Licht der Disco-Kugel ein paar Runden um die eigene Achse, während "Get lost" sich die Schlaghosen aus dem elterlichen Kleiderschrank stibitzt und lieber die Großstadt-Clubs unsicher macht. In Anbetracht solcher Nummern verzeiht man Greene glatt, dass er mit "Time off", "Down and out", "Zonked" und "Easy does it" gleich vier Quasi-Interludes auf dem Album verbraten hat. Die tun nicht weh – gefehlt hätten sie jedoch auch nicht.
Andererseits: Ohne sie wäre "Mister Mellow" eine noch kürzere Affäre geworden. Dann aber womöglich auch eine noch leidenschaftlichere: Der schwül-chillwavige Abschlusstrack "Million miles away" hat die kurze Anlaufphase von "Easy does it" gar nicht nötig, sondern sehnt und schunkelt sich auch ganz ohne Hilfe gekonnt ins Ohr. Währenddessen blinzelt "Floating by" auf dem Weg zum Ibiza-Strand mitsamt musikalischer Untermalung aus dem Café Del Mar noch kurz der Sonne ins Gesicht, bis sich "Instant calm" im anonym-unbequemen Gewirr vieler Menschen mit zu wenig Zeit zu verirren scheint. Am Ende ist es dennoch nicht unbedingt Greene, der zuletzt lacht – sondern auch all jene, die trotz des fehlenden Songs aus dem Teaser glücklich gemacht wurden und erneut die Play-Taste drücken. Manche Streiche haben eben nur Gewinner.
Highlights
- I've been daydreaming my entire life
- Hard to say goodbye
- Million miles away
Tracklist
- Title card
- Burn out blues
- Time off
- Floating by
- I've been daydreaming my entire life
- Hard to say goodbye
- Down and out
- Instant calm
- Zonked
- Get lost
- Easy does it
- Million miles away
Gesamtspielzeit: 29:33 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Gomes21 Postings: 5471 Registriert seit 20.06.2013 |
2017-07-22 17:52:41 Uhr
Finde das Album ziemlich gelungen - zumindest erscheint es mir so nach 2 Durchgängen.Das Debut fand ich großartig, Paracosms hat mich leider nciht vollends gepackt, darum bin ich erstmal sehr positiv überrascht. Burn Out Blues gehört für mich acuh zu den Highlights, neben Floating By |
MopedTobias (Marvin) Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion Postings: 20165 Registriert seit 10.09.2013 |
2017-07-22 16:40:28 Uhr
Burn Out Blues ist so gut. Schade, dass das Album so kurz und von unnötigen Interludes zerschossen ist. |
Mr Melony |
2017-07-14 16:36:40 Uhr
Insgesamt zu mellow. |
XTRMNTR Postings: 1277 Registriert seit 08.02.2015 |
2017-07-14 15:00:18 Uhr
Schon verdammt kurz das Album. Ne EP wäre vll die bessere Option gewesen.Vor allem hatte er ja noch paar Songs in der Hinterhand. |
Kilby |
2017-07-13 01:11:32 Uhr
Schöne Rezension. Wirklich schade aber, dass der Trailer auf der Platte nicht mehr auftaucht. |
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Referenzen
Toro Y Moi; Blackbird Blackbird; MillionYoung; Small Black; Memory Tapes; Twin Shadow; Memoryhouse; Panda Bear; Teen Daze; Tennis; Memory Cassette; Miami Horror; Baths; How To Dress Well; Caribou; Atlas Sound; Julian Lynch; Friendly Fires; Tanlines; Mount Kimbie; Discovery; Soft Circle; Com Truise; Air France; Four Tet; Manitoba; CEO; Active Child; Delorean; Flying Lotus; Neon Indian; Gold Panda; Airliner; Houses; Weird Tapes; A Mountain Of One; Avey Tare; Glasser; Twin Sister; Minks; Women; Craft Spells; Mathemagic; Sun Glitters; Braids; Bibio; Wild Nothing; Future Islands; Tame Impala
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