Oh Wonder - Ultralife
Island / Universal
VÖ: 14.07.2017
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Kein Urlaub
Sie wollten doch einfach nur in den Urlaub fahren, schreibt Oh-Wonder-Sängerin Josephine Vander Gucht auf Facebook. Dabei ist die Woche vor dem Release des zweiten Albums des Londoner Duos doch eigentlich der denkbar schlechteste Moment dafür. Nach mürrischer Freigabe des Managements darf die junge Engländerin trotzdem gemeinsam mit Freunden und ihrem Bandkollegen und Kumpel (oder mehr?) Anthony West vier freie Tage in Pompeii verbringen. Glück gehabt. Dass jener Kurzurlaub in echt wahrscheinlich gar nicht so entspannt ist, lässt sich aufgrund des entstandenen Facebook-Posts vermuten. Man will ja nicht die harte Arbeit im Vorfeld entkräftigen. Schließlich haben sich Oh Wonder dieses Jahr allergrößte Mühe gegeben, ihr zweites Album "Ultralife" als annähernd so spektakulär zu verkaufen wie ihren selbstbenannten Erstling – eine Kollektion intimer Pop-Songs, die über ein Jahr hinweg monatlich veröffentlicht wurden.
Mit einer derartigen Story kann eine mehr oder weniger konventionell entstandene Platte offensichtlich schwierig mithalten. Vander Gucht und West schalten daher medial wie musikalisch in den Angriffsmodus. Sie benennen im Vorfeld "Ultralife" als erstes Album und schicken jenem den euphorischen Upbeat-Titeltrack als Single voraus. Gute Laune, Hüftschwung – alles irgendwie eher Shakira als Oh Wonder. Doch mit der Zeit, dem kommenden Sommer und dem Albumkontext funktioniert die neu entdeckte Lebensfreude der Londoner immer besser. "High on humans" überzeugt im ähnlichen Stil als cooler Pop-Track mit kraftvoller Bridge und gewohnt schnuckeligen Weirdo-Lyrics. Viel mehr Konfetti-Soundtrack gibt es auf "Ultralife" auch nicht zu hören. Ansonsten präsentieren Oh Wonder ihre Tracks entweder gewohnt minimalistisch wie im ruhigen R'n'B-Track "Bigger than love" oder überraschend soulig. "Heart strings" erinnert mit seiner Liaison aus Leichtigkeit und Melancholie eher an große Momente der Cardigans.
Zum größten Teil innerhalb eines Monats in einem Brooklyner Appartement geschrieben, wirkt "Ultralife" trotzdem ähnlich ellipsenhaft wie noch der Vorgänger. Einzig zwischen dem Opener und dem stimmungsvollen, letzten Track "Waste" ziehen Oh Wonder eine thematische Verbindung: Während "Solo" proklamiert Vander Gucht "I want to be solo" – dies wandelt sich im mysteriösen Closer zu "What a waste to be so alone". Abgesehen davon bieten die Londoner reihenweise Songs mit knapp über drei Minuten Laufzeit. Schön ist es, wenn liebevolle Details wie der kleine Jazz-Klavier-Part in "Heavy" integriert werden. Amüsant ist auch der etwas hilfslose Rap-Ausflug von Anthony West im R'n'B-Track "Lifetimes", der das liebenswerte Duo noch ein wenig knuffiger macht. In einzelnen Fällen könnten Oh Wonder aber tatsächlich ein wenig liebevoller und kreativer agieren. So wären Stücke wie "All about you" oder "Overgrown" mit einem finalen Twist, der den Song aus der Drei-Minuten-Hölle heben würde, viel überzeugender. Am Ende werden Vander Gucht und West für ihre durchweg überdurchschnittlichen Tracks, zahlreichen Social-Media-Interviews, Sessions und Live-Auftritte ein Mal mehr belohnt werden. Vielleicht reicht es dann ja auch mal für einen zweiwöchigen Urlaub, ganz ohne Pflichten.
Highlights
- High on humans
- Heart strings
- Waste
Tracklist
- Solo
- Ultralife
- Lifetimes
- High on humans
- All about you
- Heavy
- Bigger than love
- Heart strings
- Slip away
- Overgrown
- My friends
- Waste
Gesamtspielzeit: 44:03 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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MasterOfDisaster69 Postings: 989 Registriert seit 19.05.2014 |
2017-07-21 15:42:55 Uhr
Die Platte wird hinten raus doch noch recht gut, die letzten 3-4 Songs gefallen mir besonders gut. Vielleicht weil da nicht mehr so "dick" aufgetragen wird, wie noch zuvor... |
myx Postings: 5194 Registriert seit 16.10.2016 |
2017-07-15 12:46:58 Uhr
Mein erster Eindruck: "Ultralife" kommt leider nicht an das Traumtänzerische des Debüts heran. Songs wie "Lifetimes" oder "High On Humans" wirken etwas zu angestrengt und streckenweise sogar fast ein bisschen nervig. Einzig das sehr schöne "Overgrown" und der Opener "Solo" erreichen nahezu die Qualität des Erstlings. Auch für mich deshalb nur eine 6/10 (vielleicht wächst das Album aber noch).Den ursprünglichen Plan, am 17. November nach München (Theaterfabrik) zu fahren, werde ich wohl fallenlassen, zumal Oh Wonder offenbar live nicht die grosse Offenbarung sind, wie musie schreibt. |
Till Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 103 Registriert seit 19.08.2016 |
2017-07-15 12:42:14 Uhr
Also ich würde dem Erstling ne sehr gute 7/10 geben – finde es schon einen guten Tacken besser. Und ich glaube, es wäre kaum möglich gewesen mit dem zweiten Album nicht zu enttäuschen (andere Herangehensweise etc.) |
musie Postings: 3990 Registriert seit 14.06.2013 |
2017-07-14 09:20:38 Uhr
das erste Album fand ich auch richtig gut, live dann nicht mehr ganz so super und die Vorboten fürs zweite Album schon fast ein bisschen enttäuschend. aber mal abwarten. |
myx Postings: 5194 Registriert seit 16.10.2016 |
2017-07-14 08:51:21 Uhr
Ich bin vom wundervoll intimen Erstling mit Songperlen wie "Technicolour Beat" oder "Without You" so sehr begeistert (für mich eine 9/10), dass ich mir "Ultralife" ungehört bestellt habe. Bin gespannt, ob ich das Album ebenfalls "nur" im 6/10-Bereich sehe wie der Rezensent. |
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Referenzen
Honne; Astronomyy; Zooey; Jack Garratt; Frances; Hundred Waters; Sylvan Esso; Lauv; Vaults; Eden; Lany; Broods; Ibeyi; Fyfe; Lorde; Banks; Børns; Robyn; London Grammar; Ms Mr; Chvrches; Halsey; The 1975; Bastille; Imagine Dragons; Coldplay; Sohn; Chet Faker; How To Dress Well; Ed Sheeran; The xx; Angus & Julia Stone; Of Monsters And Men; Beyonce; Solange; Drake; The Weeknd
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