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Die Shitlers - This is Bochum, not L.A.

Die Shitlers- This is Bochum, not L.A.

Weltgast / Indigo
VÖ: 14.07.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Feind Deiner Freunde

"This is Bochum, not L.A." wird mit gar lieblichen Klaviertönen eingeleitet. Martin Shitler "singt" im Intro über seinen überbordenden Alkoholkonsum, beschreibt sich selber als lächerlich, bemitleidenswert, und möchte in den Arm genommen werden. Ach Gottchen, sind wir hier bei den Toten Hosen und ihren Befindlichkeitstexten? Nee, denn eigentlich bahnt sich lyrisch bereits an, was nur einen kurzen Moment später in einen wüsten Punk-Ausbruch mündet. So richtig schlecht findet Martin sich doch nicht und dass er "die Mütter anderer Sänger begehrt", macht ihn insgeheim stolz. Reingefallen, Ihr Idioten! Natürlich ist auch das feinste Shitlers-Ware und die eigentlich schlauen Bochumer machen bloß mal wieder auf asozial und kaputt. Das kennt man ja von der anderen großen Bochumer Punk-Band Die Kassierer, deren Sänger Wolfgang "Wölfi" Wendland sich auf dem Albumcover mit einer Mischung aus Desinteresse und Abgeklärtheit die verpixelten Genitalien der Shitlers anschaut. Man ist hier eben unter sich und vor einer Bochumer Legende lässt man gerne mal die Hosen runter – wenn diese es nicht gerade schon selber macht.

Punk also als Vorbild, doch die eigentliche Inspiration kommt dort her, wo man sie nicht vermuten würde, und zwar aus dem Rap-Business. Da wird auf "CCN4" lauthals Fler auf ein mögliches neues Carlo-Cokxxx-Nutten-Album gewünscht, und wer sich etwas genauer mit der Band beschäftigt, weiß, dass sie sich im Splash-Magazin gerne über Rapper auslässt oder auch mal im Vorprogramm der Antilopen Gang auftaucht. Autotune scheint ihnen auch zu imponieren, so schließt "Weiße Touristen mit Geld" mit dieser hassgeliebten Schlumpfstimme ab. Schade eigentlich, dass es nicht mal wirklich zu einer Kollaboration mit einem Rapper kommt – Money Boy etwa dürfte mit den Shitlers humortechnisch auf einer Kokslinie liegen.

Wem das zu wenig Punk-Kontext ist: Natürlich ist "This is Bochum, not L.A." rein musikalisch straightes Drei-Akkorde-Gekloppe, das abgesehen von dem 28-minütigen "Bierbong" alles fein in drei Minuten pro Song abhandelt. Die bekannten Punk-Labels Fat Wreck und Epitaph finden ebenso Erwähnung, allerdings deren glorreiche Vergangenheit und nicht die – nach Meinung der Band – blöden neuen Signings. "Dr. Helmut Kohl" kommt passend zum Ableben des Altkanzlers, auch wenn die vielleicht erhoffte Aufregung ausblieb. So ist das eben im Jahr 2017, wenn leistungsorientierte Bänker am Wochenende zum Punkrodeo gehen, weil es da immer geil zu saufen gibt und man früher ja auch mal Die Ärzte gehört hat. Ihre Eltern wird man nicht mehr mit Punkrock stressen können, sie gehen selber hin. Die Shitlers entziehen sich dagegen dem überwiegend unironischen Dogma der Szene mit so viel Ironie, dass es schon fast wieder unlustig werden könnte. Die Band bleibt trotzdem ein äußerst unterhaltsames Gesamtkunstwerk, das vor allem auf Facebook herrlich kaputten Content liefert.

Eines hätten sie sich aber doch besser von den Rappern abschauen können: Eine monatelange Promo für die Deluxe-Box (!) von "This is Bochum, not L.A." fehlte, und so wird es wohl nichts mehr mit Platz 1 in der ersten Verkaufswoche. Schade, denn so gut haben Punk, Rap und Internet-Humor selten zusammen gepasst. Auch unverpixelt..

(Rinko Heidrich)

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Highlights

  • Nur wegen Shitlers
  • Weiße Touristen mit Geld (feat. Valentin von Arrested Denial & Alex Schwers)
  • Uwe

Tracklist

  1. Wir sind die Shitlers (feat. Bjoern Moehlendick)
  2. Nur wegen Shitlers
  3. +1 (feat. Claus Lüer, Luise Fuckface von den Crackhuren & Kotzreiz)
  4. Fat Wreck/ Epitaph
  5. CCN4
  6. Dr. Helmut Kohl
  7. Weiße Touristen mit Geld (feat. Valentin von Arrested Denial & Alex Schwers)
  8. Bochum Hamme
  9. Liebeslied
  10. Bierbong (feat. Timo Joos von Arrested Denial & seine Band)
  11. Uwe
  12. Politische Musik

Gesamtspielzeit: 57:25 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Martin Höpner
2017-07-20 21:10:37 Uhr
Tristan Shitler wurde lange auf seine Eigenschaft als Neffe von Rex Gildo reduziert. Jetzt hat er sich freigeschwommen und spielt mit den anderen süßen Shitler-Boys ein lockeres Album mit allerfeinstem deutschen Diskurs-Punk ein, gewürzt mit einer hintergründigen Prise Humor. Sehr empfehlenswert!!
Lol foll ierohnisch
2017-07-18 09:17:16 Uhr
Wer hört sowas? Das man dafür 7 Punkte rausknallt ist sogar noch peinlicher.
This is Boston Not L.A.
2017-07-12 23:38:36 Uhr
https://www.youtube.com/watch?v=_v0bqZsoIOw
Cirith Ungol
2017-07-12 22:52:58 Uhr
Die Band ist mir drissegal, aber das Motto lässt goldene Erinnerungen aufsteigen. "This is Bochum, not LA" brüllten nämlich einige hundert Besucher des Possessed-Konzerts in der Zeche Mitte der 80er, ich hab das genaue Jahr nicht parat. Wegen einiger Stagediver und weil es ihnen vor der Bühne doch etwas zu wild wurde, verliessen die Satansjünger um Larry Lalonde nämlich höchst eingeschüchtert die Bretter des Metal-Tempels, um sich natürlich und folgerichtig dem Gespött der Menge über die angeblich so harten Jungs von der US-Westküste preiszugeben.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27172

Registriert seit 08.01.2012

2017-07-12 21:06:18 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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