Offa Rex - The queen of hearts

Nonesuch / Warner
VÖ: 14.07.2017
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Dolle Kamellen
Das Jahr 774: Offa, seines Zeichens König von Mercien, steht im angelsächsischen Raum weitgehend ohne einen gleichwertigen Konkurrenten da und nennt sich dementsprechend als erster Monarch überhaupt "König von England" – "Rex Anglorum".
Das Jahr 2017: The Decemberists, weitgehend Alleinherrscher im Folkrock mit theatralischen Anleihen, tun sich mit der Sängerin Olivia Chaney zusammen und spielen alte Lieder aus dem 19. und 20. Jahrhundert im eigenen Gewand. Der Name des Projekts: Offa Rex.
Was für andere olle Kamellen sind, dient stets als willkommene Inspiration für die Truppe aus Portland, Oregon. Offa Rex ist nun ein besonders decemberistisches Unterfangen. Noch traditioneller, noch stärker an den musikalischen Wurzeln orientiert, betreibt das entstandene Album "The queen of hearts" Ahnenforschung. Das Näseln von Colin Meloy ist jedoch selten zu hören, die Bühne wird weitestgehend Chaney überlassen, welche gleich im Titeltrack und Opener in der Rolle der leidenden Herzensdame überzeugt. "Young men are plenty, but sweethearts few" –schon damals war die Liebe also ein eher schwieriges Unterfangen. Wie eine leidende Kate Bush hangelt sie sich durch die Ballade "The gardener" und verziert "The first time ever I saw your face". Schon oft gecovert, fügt die Offa-Rex-Version eine wunderbare, sphärische Facette zur Sammlung hinzu.
Die Dynamik ist im Vergleich zu den regulären Alben von The Decemberists stark zurückgefahren. Entsprechend der historischen Vorlagen bietet "The queen of hearts" sehr klassische Folk-Instrumentierung, die Fiedel wird dann und wann ausgepackt, die Akustische gezupft. Sehr ruhig ist das meistens, lediglich "Sheepcrook and black dog" stöpselt den Verzerrer ein und wirkt dadurch auf der Platte wie ein aus der Zeit gefallener Fremdkörper. Ansonsten schwanken die Stücke zwischen hinreißend intim und leicht bieder. Denn so virtuos die Truppe ihre Sache macht, so sehr würde man sich stellenweise über mehr Wagemut, über mehr Erfindungsgeist freuen. Das siebenminütige "Willie o' Winsbury" könnte beispielweise neue Wege für einen alten Standard finden, begnügt sich aber mit wenig erhellendem Nachspielen. Immerhin: An Chaney liegt es nicht, denn auch Meloy kann in seinem einzigen Alleingang am Mikro, der blutrünstigen Streikbrecher-Abschreckung "Blackleg miner", nicht viel mehr als The-Decemberists-Standardkost abringen.
So bleibt "The queen of hearts" in seinem selbst abgestecktem Rahmen: einem – vermutlich bewusst – ganz basisorientiertem Ansatz. Und damit auch etwas unter den Möglichkeiten, welche diese Paarung bereitgehalten hätte. Diese deuten sich vor allem im atmosphärisch dichten Closer "To make you stay" an. Meloy und Chaney harmonieren perfekt, leichte Jazz-Untertöne klingen an, Mazzy Star schauen ob der Psychedelik interessiert um die Ecke. "To make you stay / I'll hide you away / In the night time" – Ehrensache, dass es zum Abschluss noch einmal düster werden muss. Warum nicht öfter so? Wer die Alben von The Decemberists mit Haut und Haaren verschlungen hat, kann sich über einen gelungenen Nebenausflug allemal freuen. Am Ende bleibt es jedoch nur eine bemerkenswerte Randnotiz im Schaffen.
Highlights
- The queen of hearts
- The first time ever I saw your face
- To make you stay
Tracklist
- The queen of hearts
- Blackleg miner
- The gardener
- The first time ever I saw your face
- Flash company
- The old churchyard
- Constant Billy (Oddington) / I'll go enlist (Sherborne)
- Willie o' Winsbury
- Bonny May
- Sheepcrook and black dog
- To make you stay
Gesamtspielzeit: 48:47 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10470 Registriert seit 26.02.2016 |
2017-07-13 19:17:10 Uhr
Wäre wohl der viertbeste Song für mich, da ich die 3 genannten Highlights aber doch ein ganzes Stück besser finde, hatte ich ihn nicht mit reingenommen. |
MasterOfDisaster69 Postings: 1009 Registriert seit 19.05.2014 |
2017-07-13 16:54:53 Uhr
nicht in den Highlights?https://www.youtube.com/watch?v=XLodKmSoTU0 |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28276 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-07-05 21:10:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28276 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-05-31 18:08:02 Uhr
Offa RexThe Queen of Hearts 14.07.2017 Offa Rex ist das gemeinsame Projekt der Indierock-Band The Decemberists aus Portland, Oregon und Singer-Songwriterin Olivia Chaney aus England. Auf „The Queen of Hearts“ erkunden sie traditionelle Folk-Musik von den britischen Inseln, Songs aus dem 17.-19. Jahrhundert, die in den späten 1950er-Jahren von UK-Künstlern zu neuem Leben erweckt wurden, oft mit einem psychedelischen Twist, und in den späten 60ern und 70ern ein erneutes Revival erlebten. „The Queen of Hearts“ taucht jedoch nicht einfach nur zurück in diese frühere Zeit, sondern ist ein spannender Hybrid, eine großartige Kreativ-Kollision zwischen den Indierock-Veteranen The Decemberists und Singer-Songwriterin Olivia Chaney. Offa Rex – benannt nach einem sagenumwobenen britischen König des 18. Jahrhunderts – ist besonders für Colin Meloy die Erfüllung eines großen Herzenswunsches. Der Decemberists-Frontmann war, wie so viele, von Chaneys Debütalbum „The Longest River“ bei Nonesuch (2015) verzaubert gewesen, ein Album, das traditionelle Songs, klassische Stücke und selbstgeschriebene Kompositionen enthielt, „eine hinreißende, imposante Kreation“, wie The Guardian urteilte, The Independent nannte das Album eine „bahnbrechende Veröffentlichung“ und die New York Times beobachtete: „Egal ob sie alte Songs singt oder ihre eigenen, Ms. Chaney bricht sie auf und verwandelt sie in ekstatische, unmittelbare Dramen, die den Hörern Anlass liefern, jeder Formulierung und Wortbiegung gebannt zu folgen.“ So auch Colin Meloy: „Jeder versucht, diesen alten Folk-Songs beim Arrangieren und Interpretieren einen neuen oder modernen Spin zu geben. Ich fand, dass Olivia es auf eine Weise tat, die sich so organisch und nah am Quellmaterial anfühlte und dabei doch zugleich komplett ihr Eigenes war“. Spontan teilte er seine Begeisterung in Form eines Fan-Posts über Twitter und tat kund, dass er alles dafür geben würde, Chaney „Willie O’ Winsbury“ performen zu hören, eine schottische Ballade aus dem 18. Jahrhundert, die in den späten 1960er-Jahren durch die irische Band Sweeney’s Men und in der Folge durch britische Künstler wie Anne Briggs, John Renbourn und Pentangle zu neuer Popularität kam. „Ich hatte diesen Gedanken, dass es fast ein Verbrechen war, dass sie ‚Willie O’ Winsbury’ noch nicht gemacht hatte“, erinnert sich Meloy. „Ich habe eine Menge Zeit mit dem Eintauchen in das 60er- und 70er-Folk-Revival verbracht und war verzweifelt auf der Suche nach ähnlichen Dingen in der zeitgenössischen Musik.“ Chaney reagierte auf Meloys Tweet, woraufhin eine Kommunikation in Gang kam – und ein Jahr später fanden sich die Künstler im Studio von Tucker Martine in Portland wieder, Stammproduzent der Decemberists und u.a. durch seine Arbeiten für Laura Veirs, My Morning Jacket, Modest Mouse bekannt. Bei den Aufnahmen orientierten sich Offa Rex am mitreißenden Live-im-Studio-Ansatz der Folk-Revival-Bands, zudem wurden sämtliche Aufnahmen auf analogen Tonbändern eingespielt. Und ja: „Willie O’ Winsbury“ ist selbstverständlich auf dem Album vertreten. |
AndreasM Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 754 Registriert seit 15.05.2013 |
2017-05-05 17:31:57 Uhr - Newsbeitrag
Klingt nach einer guten Idee: The Decemberists als Backingband der Singer-Songwriterin Olivia Chaney. Zusammen sind sie Offa Rex:This is being written by me, Colin Meloy. And I want to bend your ear about something. A few years ago, I had a chance to hear a record by a fantastic artist, one Olivia Chaney. She made a record called The Longest River and I was so taken by it, particularly her arrangement of the old folk song “The False Bride.” She seemed to me to be channeling the great female folk singers of the British folk revival: Sandy Denny, Anne Briggs, June Tabor, Norma & Lal Waterson, Shirley Collins and Maddy Prior. We invited her to open a bunch of Decemberists shows in 2015 and afterward I made a pitch to her: let us be the Albion Dance Band to your Shirley Collins. Let’s start a band. Let’s make a record of old folk songs that will be as much about rediscovering ancient songs as it is an homage to that incredible era of British music, the 60s and 70s folk revival. She, very kindly, agreed. And so we Decemberists are very proud to announce the arrival of OFFA REX, our collaboration between the band and Olivia Chaney. Here’s the track listing: 01 The Queen of Hearts 02 Blackleg Miner 03 The Gardener 04 The First Time Ever I Saw Your Face 05 Flash Company 06 Old Churchyard 07 Constant Billy (Oddington) / I’ll Go Enlist (Sherborne) 08 Willie o’ Winsbury 09 Bonny May 10 Sheepcrook and Black Dog 11 To Make You Stay + Titelstück: https://youtu.be/OPSO-u4fdB0 |
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Referenzen
The Decemberists; Colin Meloy; Joanna Newsom; Kate Bush; Anna Ternheim; The Builders And The Butchers; Ryan Adams & The Cardinals; Belle & Sebastian; The Reindeer Section; Jonathan Richman; The Modern Lovers; I Am Kloot; The Divine Comedy; Pulp; Love Unlimited Orchestra; Sufjan Stevens; Love Spit Love; R.E.M.; Arcade Fire; Rufus Wainwright; Neil Young; Bob Dylan; The Beatles; The Good Life; Bright Eyes; Wilco; Whiskeytown; Jeff Tweedy; The Paperbacks; Neutral Milk Hotel; The Long Winters; Yo La Tengo; Elf Power; The Delgados; Saturday Looks Good To Me; Stars; Beulah; Elliott Smith; The Walkabouts; New Model Army; Levellers; Kaizers Orchestra; Fairport Convention
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- Offa Rex - The queen of hearts (5 Beiträge / Letzter am 13.07.2017 - 19:17 Uhr)