Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen - It's OK to love DLDGG

Tapete / Indigo
VÖ: 14.07.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Schwer in Ordnung
Das waren noch Zeiten, als "OK" popkulturell als verpöntes Wort galt, weil Klaus Kinski es in Interviews pro Satz drei Mal sagte. Heutzutage ist hingegen auch in Musik und Literatur nahezu alles "OK" – oder in der verschärften Flachkopf-Version auch "OK-hey". DJ Koze etwa nannte eine Remix-Sammlung "Music is okay", eine beliebte Max-Goldt-Kolumne über die Grenzen der Coolness hieß "Okay Mutter, ich nehme die Mittagsmaschine". Und inmitten solch zutiefst sympathischer Kulturschaffender dürfen auch auch Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen nicht fehlen. Die Band um Carsten Friedrichs und Tim Jürgens ist nämlich nicht nur mehr als OK, sondern mit vier Alben in viereinhalb Jahren auch hyperaktiv. Die Vorgänger-Organisation Superpunk hätte in Anlehnung an einen Songtitel gesagt: "Mein zweiter Name ist Produktivität", wir sagen: Und das ist auch gut so.
Auch bei den nächsten elf fröhlichen bis gekippten, aber immer mindestens zweckoptimistisch grinsenden Stücken, für die sich der abgenutzte Begriff Indie angesichts zahlreicher pophistorischer Zitate, schlauer Freakbeat-Klopfer und mehrerer Wagenladungen Wigan-Soul beinahe von selbst verbietet. Egal, ob Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen eine aufgekratzte Hammond-Orgel blubbern lassen, den "Song für Eis-Gerd" mit überbordenden Honky-Tonk-Pianos vollstopfen oder mit Andreas Dorau, Lloyd Cole, Bid von The Monochrome Set oder Zimmermänner-Hälfte Timo Blunck viele illustre Kollegen zwecks instrumentaler Beiträge und frohlockender Background-Chöre ins überfüllte Studio karren: Unter tapfer die Beschissenheit der Dinge ignorierenden kleinen Hits am Stück macht es "It's OK to love DLDGG" erneut nicht.
Denn auch jenseits dichtgemachter legendärer Eisdielen kann man vieles richtig blöd finden. Verblichene Rockstars, den Existenzkampf als Band, Liebe, die es nicht mehr gibt. Die Hanseaten ziehen aus diesem und allem anderen Mist den bestmöglichen Schluss und haben Humor – und so viele erheiternde Lieder auf der Pfanne, dass es gleich für mehrere richtige Leben im falschen reicht. Selbstironisches, wiewohl hochverdientes Eigenlob im bläserstrotzenden Uptempo-Titelsong – das wird man ja wohl noch singen dürfen. "Die Welt braucht mehr Leute so wie Dich" als Hommage an alle guten Menschen zu Handclaps und Flacker-Keyboards – bitter nötig. Und nach der Coverversion von Felts "Ballad of the band" mit exakt übersetztem Titel kann auf der nächsten Platte eigentlich nur ein Stück namens "Unser Haus in der Mitte unserer Straße" folgen.
Nur gelegentlich fallen die Hamburger aus der Rolle und überziehen die Missstände der Gegenwart mit gerechtem Zorn – doch solange das mit so popowackelndem Stakkato-Verve geschieht wie in "So primitiv" und Friedrichs "Kartoffelsuppe" auf "Voodoopuppe" reimt, bleibt trotzdem alles heil. Und auch sein Wohlwollen gegenüber gesetzlosen Individuen hat das Quintett nicht abgelegt und gedenkt im vergnügt aus allen Rohren flötenden "Der große Kölner Pfandflaschenbetrug" des Getränkemarkt-Besitzers, der sich mittels manipuliertem Rückgabeautomaten 45.000 Euro ergaunerte. Was genau genommen natürlich nicht OK ist – und Die Liga Der Gewöhnlichen Gentlemen auch nie tun würden. Schließlich gilt es weiterhin, mit wunderbaren Alben wie diesem Seelen zu trösten und kleine Mod-Leben zu retten. It's OK to love DLRG.
Highlights
- It's OK to love DLDGG
- Die Welt braucht mehr Leute so wie Dich
- So primitiv
- Der große Kölner Pfandflaschenbetrug
Tracklist
- It's OK to love DLDGG
- Song für Eis-Gerd
- Die Welt braucht mehr Leute so wie Dich
- Liebe wohnt hier nicht mehr
- Eine Tragödie kommt niemals allein
- Ballade von der Band
- So primitiv
- Der große Kölner Pfandflaschenbetrug
- Lass uns ins Museum gehen
- Und Pete kämmt die Haare zurück
- To love DLDGG: OK it is!
Gesamtspielzeit: 31:51 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Loketrourak Postings: 2804 Registriert seit 26.06.2013 |
2017-07-30 10:20:23 Uhr
8/10. Legen jede Platte noch einen drauf. |
Jepp |
2017-07-26 13:30:57 Uhr
Erinnert mich teilweise an die Monks (Baclk Monk Time). |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28630 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-07-25 22:59:36 Uhr
Beim ersten Mal fand ich es auch eher mau. Dann hat es richtig angezogen. Inzwischen bin ich bei 7/10. |
Grower |
2017-07-25 20:13:57 Uhr
Ein sog. Grower dieses Album. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28630 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-07-05 21:09:44 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Superpunk; Cool Jerks; Family 5; Fehlfarben; Stunde X; Die Aeronauten; Guz; Huah!; Ton Steine Scherben; Rio Reiser; Udo Lindenberg; Andreas Dorau; The Robocop Kraus; Angelika Express; Die Türen; Der Mann; Trashmonkeys; Rhonda; Becquerels; The Sonnenbergs; Painting By Numbers; The Who; The Kinks; The Jam; Paul Weller; The Style Council; Dexys; Jonathan Richman; The Velvet Underground; Bernd Begemann & Die Befreiung; Marcel Gein; Rocko Schamoni; Frank Popp Ensemble; Aroma; Leopold Kraus Wellenkapelle; Al Supersonic & The Teenagers; Senore Matze Rossi; Die Sterne; Frank Spilker Gruppe; Graham Day & The Gaolers; Starter; The Satelliters; Matula; Rantanplan; Keine Zähne Im Maul Aber La Paloma Pfeifen; Suicide; Rainer Von Vielen; Tante Polly; Blumfeld; Erdmöbel; Fischmob; ClickClickDecker; Sedlmeir; Georg Zimmermann; Stompin' Souls; Baby Woodrose; Caesars; Moneybrother; The Housemartins; The Television Personalities; Felt; Microdisney; Denim; Madness; The Four Tops; Maxine Nightingale; The Spencer Davis Group; Herb Alpert; John Barry; Dion; Frankie Valli & The Four Seasons; Jacques Dutronc; Richard De Bordeaux & Daniel Beretta; The Last Shadow Puppets
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