Ex Eye - Ex Eye

Relapse / Rough Trade
VÖ: 23.06.2017
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Holdin' on to Black Metal
Das ging schnell. Erst im April hatte Colin Stetson mit "All this I do for glory" seine Exkursionen in elektronische Klangwelten vertieft. Gerade mal zwei Monate später steht bereits "Ex Eye" auf der Matte, das Debütalbum seines gleichnamigen Projekts. An Bord ist unter anderem Liturgy-Drummer Greg Fox. Und auch wenn Stetson der nominelle Bandleader des Quartetts ist, bleibt Fox' Einfluss in jedem Blastbeat spürbar. Ex Eye spielen – ganz salopp gesagt – Black Metal garniert mit Saxofon-Eskapaden. Sie nehmen Anleihen aus Shoegaze und Epic Metal dankbar mit, Groove ist König, Liturgys Meisterstück "Generation" von ihrem Album "Aesthetica" stand stellenweise Pate für die vier vorliegenden Attacken. Das führt zu einem grandiosen Ergebnis: Selten hatte ein Kollektiv hörbar so viel Freude dabei, eine apokalyptische Stimmung zu erzeugen.
Eingewöhnungszeit braucht "Ex Eye" kaum, die explosive Mischung zieht unmittelbar in ihren Bann. "Xenolith; The anvil" ist mit gerade mal vier Minuten dabei nur die Spitze des Eisbergs. Mit einem donnerndem Temporausch beginnend, verfällt das Stück immer mehr in einen lüsternen Schwung, bevor Stetson sein wildes Saxofon-Spiel hinzufügt und Shahzad Ismaly am Synthesizer für drückende Flächen sorgt. Das zollt nicht nur dem Black Metal als Genre Tribut, auf abstrakterer Ebene erinnert Ex Eyes Sound zudem an "Fun house", die höllische Tour de Force, mit der The Stooges 1970 eine Soundrevolution vollführten. Im Gegensatz zu Stetsons "Sorrow", welches bereits im klassischen Umfeld dezent die hier prominenteren Metal-Elemente einführte, ist sein neues Werk jedoch ein "fun house" im wörtlichen Sinne. Der Spaß steht nämlich klar im Vordergrund.
Seinen Höhepunkt findet dieser im zwölfminütigen "Opposition/Perihelion; The coil". Greg Fox sorgt für einen ordentlichen Parforceritt, mit welchem Stetson erst einmal mithalten muss. Erst nach sechs Minuten Ekstase gönnen Ex Eye sich und dem Hörer eine Verschnaufpause, in welcher die Stimmung beinahe schon in Ambient-Bereiche kippt. Unbemerkt sammeln sich die Instrumente wieder wie lauernde Raubtiere, um sich in einen gewaltigen Rausch hineinzusteigern. Das resultierende Inferno ist unbeschreiblich erfüllend, je besser die Boxen oder Kopfhörer, umso wirkungsvoller. "Ex Eye" kümmert sich jedenfalls wie alle spannenden neuen Genre-Veröffentlichungen nicht um alte Lo-Fi-Credos des Black Metal. Zum Glück.
Dass "Anaitis hymnal; The arkose disc" noch mehr Drone-Anteil ins Spiel bringt und "Form constant; The grid" einen wahrhaft überwältigenden Schluss darstellt, macht diese Reise zu einem in sich vollkommen geschlossenen Meisterwerk. Dabei ist das Debüt von Ex Eye so kurzweilig, dass es mit 36 Minuten – leider – gefühlt als EP durchgehen muss. Lediglich Digital-Käufer und -Streamer werden mit einem weiteren Stück bedacht. Bis sich diese Truppe erneut zusammenfindet, bleibt nur das Warten auf Stetsons nächsten Streich. Und die Verneigung vor einem der vielseitigsten und aufregendsten Künstlern der Gegenwart.
Highlights
- Opposition/Perihelion; The coil
Tracklist
- Xenolith; The anvil
- Opposition/Perihelion; The coil
- Anaitis hymnal; The arkose disc
- Form constant; The grid
Gesamtspielzeit: 36:30 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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testplatte Postings: 385 Registriert seit 13.06.2020 |
2020-09-14 20:47:53 Uhr
ich kann nur staunen ob der geringen resonanz hier auf die band und das livealbum - bin ebenfalls extremst angetan von dieser veröffentlichung, die mir im sommer via spotify angespült wurde. sehr, sehr gutes album ! |
Mr Oh so Postings: 2481 Registriert seit 13.06.2013 |
2020-06-22 17:33:49 Uhr
Krass. |
velvet cacoon Postings: 439 Registriert seit 31.08.2019 |
2020-06-22 17:05:49 Uhr
nach einer Woche mal wieder gehört und es fesselt noch mehr! Wahnsinn, das Saxophon hat so einen Psychedelic-Vibe! |
velvet cacoon Postings: 439 Registriert seit 31.08.2019 |
2020-06-15 20:45:02 Uhr
das Live-Album ist identisch mit dem Debutalbum."All this I do for Glory" gefällt auch, aber Ex Eye dann doch viel mehr. |
AndreasM Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 664 Registriert seit 15.05.2013 |
2020-06-14 20:31:08 Uhr
Das kann ich gut nachvollziehen. Ich war in haargenau der gleichen Situation und war auch ob des "Black Metal" etwas verwundert. Aber vielleicht ist es auf dem Debütalbum auch anders - was sagen die Experten?Wenn dir das Saxophon so imponiert, solltest du auch mal in das letzte Colin-Stetson-Soloalbum reinhören. |
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Referenzen
Liturgy; Wolves In The Throne Room; Deafheaven; Wrekmeister Harmonies; Pallbearer; Swans; Ulver; Liars; Wild Throne; Omar Rodriguez-Lopez; The Mars Volta; Blut Aus Nord; Colin Stetson; Colin Stetson & Sarah Neufeld; Agalloch; Hella; Mínus; Mr. Bungle; Fantômas; Godspeed You! Black Emperor; The Silver Mt. Zion Memorial Orchestra; Mayhem; Naglfar; Darkthrone; Emperor; The Stooges
Surftipps
- https://www.facebook.com/ExEye/
- https://www.relapse.com/ex-eye/
- https://twitter.com/colin_stetson/status/741627286449856512
- http://www.heavyblogisheavy.com/2016/06/20/colin-stetsons-ne w-metal-band-ex-eye-is-going-to-destroy-you-all/
- https://soundcloud.com/colin-stetson/sets/ex-eye-rehearsal-e xcerpts
- https://www.tinymixtapes.com/news/colin-stetson-featured-pro g-noise-project-ex-eye-release-self-titled-debut-album-share -track-op
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- Ex Eye - Ex Eye (17 Beiträge / Letzter am 14.09.2020 - 20:47 Uhr)