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Color Film - Living arrangements

Color Film- Living arrangements

Epitaph / Indigo
VÖ: 16.06.2017

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Aber bitte mit Farbe

Erinnert sich noch jemand an "When the rain begins to fall", die Pop-Nummer von Jermaine Jackson und Pia Zadora inklusive "Mad Max"-Video-Verschnitt für Arme mit subtiler Romeo-und-Julia-Storyline? Das Duo Color Film erinnert sich offenbar sehr gut und dreht zumindest zu Anfang von "Living arrangements" für ein paar Sekunden die Akkorde des Weichspüler-Klassikers mit Hochgeschwindigkeit auf links. Heraus kommt der wirr zappelnde 80er-Hyperventilator "We'd kill each other", der Zadora garantiert die Dauerwelle vom Kopf föhnen würde. Der elektrisierende Wink mit dem Zaunpfahl zeigt die Marschrichtung des Albums an und entführt geradewegs in die 80er, befreit die Musik dieser Dekade allerdings von ihren grässlichen Netzhemden und pustet statt Haarspray eine feine Line musikalisches Koks in die Nasenflügel aller Kenner.

Fans des Sound-Chamäleons Daryl Palumbo werden gleichermaßen enttäuscht sein wie sich in ihrer Meinung bestätigt sehen. Denn zum einen scheinen die seligen Krawallzeiten seiner inzwischen Kultstatus genießenden Ex-Band Glassjaw endgültig vorbei. Zum anderen bleibt der Mann in seinen musikalischen Projekten unvorhersehbar. Schließlich hat Palumbo schon so ziemlich alle musikalischen Felder zwischen Tinnitus-Terror und Empathie-Elektro bespielt. Und auch was er dem Hörer jetzt mit seinem neuen Mitstreiter Richard Penzone unter die Nase reibt, hat man so von ihm noch nicht gehört. Keine musikalische Kriegserklärung wie bei Glassjaw oder United Nations' "The next few years", keine Beats der Marke House Of Blow – und auch mit den geradeaus poppenden Head Automatica hat das hier Dargebotene nicht allzu viel zu tun. Nein, dieses Mal geht es zur musikalischen Weiterentwicklung ein paar Jahrzehnte zurück. Doch obwohl sich Color Film in der Asservatenkammer der Zeiten von Walkman und Zauberwürfel bedienen, begehen sie nicht das Verbrechen gewöhnlicher Genregangster und produzieren käsigen Synthesizer-Pop. Eher geht es den beiden um den unterkühlten Geist des Jahrzehnts.

Dabei agieren die beiden angenehm anders, ohne zwanghaft unkonventionell zu klingen. "Living arrangements" ist zwar nur bedingt nebenher konsumierbar, verlangt aber auch kein Diplom in Experimentalmusik. Vielmehr ist Color Film ein weiterer Beweis dafür, dass Palumbo seine Leidenschaft problemlos gleichberechtigt zwischen Hardcore und House aufteilen kann. Infolgedessen erfreuen sich Gleichgesinnte etwa an "Small town", das ein wenig wie Duran Duran nach dem Genuss eines besonders energiereichen Proteinriegels mit einem Fünkchen Funk klingt. "Crawling in circles" dreht mit E-Drums die eine oder andere Runde und entfaltet mit seinen synthetischen Soundeffekten eine geradezu hypnotische Anziehungskraft. Stilprägend wirken eine sich dem Bass bedingungslos, aber nicht devot unterordnende Gitarre und eine seltsam luftig emotionslose Stimmung, die dennoch euphorisiert. "Restless summer" bietet verhuschte Gitarren mit Plastik-Blechbläsern und Keyboard-Themen, die sich klettenartig im Hirn festsetzen.

"I need a parasite" besticht durch Sprechsingsang, quietschende Elektronik und Slap-Bass, während mit "Ambush bug" der erste wirklich fette Anti-Hit angebrummt kommt. Palumbo liefert hier einen gleichermaßen verkorksten wie auch unwiderstehlichen Ohrwurm. "Bass in seven" frickelt sich durch gitarrendominierten Prog mit Tempiwechsel zwischen Wollust und Wahnsinn, ehe "52 minds" mittels einfachem und gleichzeitig einfach wahnsinnig gutem Basslauf den nächsten Ohrenschmaus sicherstellt. Auffällig ist Palumbos facettenreiches Organ, das einem Slowmotion-Giganten wie "Even if it did exist" Grandezza und Stil verleiht. Und auch mit der bedrohlich funkelnden Ballade "Springtime of our love" bleibt es spannend und variantenreich. Selbst wenn sich "Day after day" am Ende eine pechschwarze Sounddecke überwirft, ist Color Film mit diesem Debut ein ungemein elegantes und energetisches Statement gelungen. In Farbe und bunt.

(Oliver Windhorst)

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Highlights

  • Crawling in circles
  • Ambush bug
  • 52 minds

Tracklist

  1. We'd kill each other
  2. Small town
  3. Crawling in circles
  4. Restless summer
  5. I need a parasite
  6. Ambush bug
  7. Bass in seven
  8. 52 minds
  9. Even if it did exist
  10. Springtime of our love
  11. Bad saint
  12. Day after day

Gesamtspielzeit: 42:52 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 19947

Registriert seit 10.09.2013

2017-07-12 18:48:30 Uhr
Gefällt mir, sehr energiegeladen und abwechslungsreich. Prefab Sprout fehlen in den Referenzen.

rainy april day

Postings: 634

Registriert seit 16.06.2013

2017-07-08 13:58:12 Uhr
Uff. Also mein Fall ist es nicht unbedingt. Mit dieser Hypernervosität in beinahe jedem einzelnen Song konnte ich bei Glassjaw im Kontext deren Grundaggressivität sehr gut umgehen, hier gibt mir das nicht viel. Aber das kurze "When the rain begins to fall"-Ripoff ist super.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2017-07-05 21:07:55 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2017-04-13 19:39:24 Uhr - Newsbeitrag
COLOR FILM – neues Signing auf Epitaph Records

DARYL PALUMBO AND RICHARD PENZONE ART POP DUO RELEASE DEBUT ALBUM ‘LIVING ARRANGEMENTS’ JUNE 16

Color Film Color Film is a New York-based art pop duo formed in 2012 by Daryl Palumbo and Richard Penzone. The musical project is a re-contextualization of their shared influences into a wholly new sonic amalgam. It's not a reinvention so much as it is a brave progression for this twosome whose collective musical resume includes a myriad of culture-driving projects that have created waves in the music scene. On June 16th Color Film will release their debut album Living Arrangements via Epitaph. Pre-orders are available at http://colorfilmmusic.com/

Listen to the new Color Film song "52 Minds" on SPOTIFY or YOU TUBE.



The story of Color Film began six years ago when Palumbo and Penzone "started playing around and we came up with a million weird ideas that both of us had and instantly started working on music that we wanted to record,” Palumbo explains. "The two of us probably share more interests than anyone else I've ever met in my life and there are all these wild, arty records that we both love so it only made sense for us to sit down and try to channel that into something new." What the duo did not expect was how quickly the music would flow out of them.
Palumbo and Penzone are the first to admit that the influences and music on Living Arrangements may be less straightforward than their previous projects. “There's the pop thing, a lot of synthesizer sounds, sampled instruments and smooth bass and I feel so lucky that we're in a place where we can write this type of music,” he continues. “The two of us will listen to some of these songs we wrote and get introspective and I'll admit it, it feels awesome.”

Color Film Living Arrangements Track List

1. We'd Kill Each Other - 1:31
2. Small Town - 3:31
3. Crawling in Circles - 5:00
4. Restless Summer - 3:46
5. I Need A Parasite - 2:54
6. Ambush Bug - 1:52
7. Bass In 7- 3:25
8. 52 Minds - 3:44
9. Even If It Did Exist - 4:09
10. Springtime Of Our Love - 4:11
11. Bad Saint - 3:40
12. Day After Day - 5:09

For more information on Color Film, visit:

https://www.facebook.com/colorfilmmusic/
http://www.colorfilmmusic.com/
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