Charlie Fink - Cover my tracks
Hangman
VÖ: 02.07.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Auf der richtigen Fährte
Ein junger vielversprechender Songwriter verschwindet spurlos und lässt nicht zurück als ein Buch mit selbstgeschriebenen Liedern. Können sie etwas über den Verbleib des Künstlers verraten? So lautet der Pitch für Charlie Finks erstes Soloalbum nebst zugehörigem Theaterstück. Nach der Auflösung seiner Band Noah and the Whale ist Fink nämlich ins dramatische Fach gewechselt und hat schon Musik für mehrere Stücke am The Old Vic, einem Theater in London, geschrieben. "Cover my tracks" ist das erste, in dem er selbst auf der Bühne steht – und das, dem er sein Debütalbum als Solokünstler widmet.
In einer Zeit, in der jeder Song des Universums jederzeit mit ein paar Klicks erreichbar ist, kann nur ein dramatischer Spannungsbogen der Kunstform Album noch Relevanz verleihen, so Finks Gedanke, eine Geschichte, die von Anfang bis Ende erzählt wird. In seinem musikalischen Opus verwischt er allerdings genauso viele Hinweise auf den Verlauf der Story, wie er aufdeckt: Es geht irgendwie um Trennung, plötzliches Verschwinden, um den Schmerz, etwas sehnlich gewünschtes zu verlieren oder erst gar nicht zu erreichen. "Orpheus is playing the troubadour" scheint ein Schlüsselstück zu sein: Der Song, der künstlerische Raffinesse mit folk-poppiger Leichtigkeit verbindet, ist der einzige, der nicht aus der Ich-Perspektive berichtet. Außerdem taucht sein Refrain an unterschiedlichen stellen des Albums wieder auf. Er lautet: "It's so hard being so close, but still just out of reach / To something in the darkness that the light won't let me keep." Der Song handelt von einem modernen Barden, der durch die Lande zieht, um seine verlorene Geliebte wieder zu finden. Es stellt sich heraus, dass er selbst sie vergrault hat: Sie hat ihn heimlich beim Stelldichein mit ihrer Mitbewohnerin beobachtet. Andere Songs handeln von emotionalen Trennungsszenen oder der Bitte, losgelassen zu werden – wer wissen will wer jetzt wen verlässt und betrügt oder vermisst, wird wohl das Theaterstück ansehen müssen. Dennoch stehen die Songs in enger Beziehung zueinander: Sprachliche Bilder kehren genauso wieder wie musikalische Leitmotive.
Stilistisch knüpft das Album an Noah and the Whales tiefgründig-melancholisches zweites Album "The first days of spring" an. Zarter, gedämpfter Alt-Folk, oft gebettet auf federweiche Streicherkissen und schmeichelnde Frauen-Vocals. Die Akustikgitarre mimt mit Finks Stimme den Erzähler, schafft mal mit spanischen Rhythmen, mal mit jazzigen Anklängen Spannung. Die Herkunft aus dem Musiktheater können die Tracks nicht ganz verleugnen. Die betont tänzerisch und eingängige Melodieführung bewegt sich manchmal auf die Schmalzgrenze zu. Was sich seit Noah and the Whales naiv-freundlichen Anfangstagen bedeutend weiterentwickelt hat, sind Finks texterische Qualitäten. Das narrative Element, mit dem der Sänger schon beim Album seiner Ex-Band "Heart of nowhere" experimentierte, wird hier voll ausgeschöpft. In wenigen Sätzen beschwört er Szenerien, in denen die Einsamkeit der Protagonisten fast körperlich spürbar wird: Der leicht verzweifelte Hookup früh morgens mit dem letzten verbliebenen Barbesucher ("Someone over me tonight") oder das seltsam irreale Gefühl als einziger wacher Fahrgast in einem Nachtbus ("The howl").
Bei anderen Stücken überwiegt eine lyrische Sprache. So wenn Fink in "This is where we'll meet" den Liebenden ein geistiges Refugium zwischen den Tönen fantasiert. "From now on, this is where we'll meet / In this space where the rythmn's incomplete / And in the silence that floats / Between the pulse of the notes." Die sehnsuchsvolle orchestralische Begleitung entfaltet dazu eine geradezu sedierende Wirkung. Auch eine humorvolle Komponente fließt mit ein: Wenn Fink im Bob-Dylan-Duktus von seiner jugendlichen Überzeugung erzählt, entweder zum Cowboy oder Rockstar vorherbestimmt zu sein – bis er ernüchtert feststellt, dass es beides eigentlich gar nicht mehr gibt. "I was born to be someone, but maybe I was born to late" resümiert er mit Augenzwinkern. Im Outro "Firecracker Pt. 2" begegnet der Hörer wie im Traum alle Melodiefragmente noch einmal – aber nur, wenn er das Album wirklich von Anfang bis Ende angehört hat.
Highlights
- Firecracker
- The howl
- Here is where we'll meet
Tracklist
- Firecracker
- Anywhere you're going is on my way
- I was born to be a cowboy
- The end of the legendary hearts
- Give me the road
- Orpheus is playing the troubadour
- The howl
- I'm through
- Here is where we'll meet
- Firecracker Pt. 2
Gesamtspielzeit: 29:15 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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AndreasM Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 745 Registriert seit 15.05.2013 |
2017-04-12 10:42:33 Uhr
Danke! |
Quirm Postings: 479 Registriert seit 14.06.2013 |
2017-04-12 10:23:40 Uhr
@Andreas: http://www.clashmusic.com/news/charlie-fink-announces-debut-album-cover-my-tracks |
AndreasM Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 745 Registriert seit 15.05.2013 |
2017-04-12 09:21:31 Uhr
Ach, ich mochte auch die letzten beiden Noah-and-the-whale-Alben. Aber 'First days of spring' steht natürlich über allem und daher ist es mir nur recht, wenn es wieder in diese Richtung gehen soll. Woher kommt die Info?Violinen-Arrangements und das Mitwirken von den Staves klingt jedenfalls schon mal sehr gut. |
Quirm Postings: 479 Registriert seit 14.06.2013 |
2017-04-11 18:44:10 Uhr
Soll wohl musikalisch in die Richtung der "Last Days oft Spring" gehen. Wäre schön. Die letzten beide Noah and the Whale Platten waren ja nicht so mein Ding. |
AndreasM Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 745 Registriert seit 15.05.2013 |
2017-04-11 14:42:39 Uhr - Newsbeitrag
Hi friends,Your old pal, former Noah and the Whale frontman, Charlie Fink here. I wanted to tell you about my debut studio album Cover My Tracks! The album is made up of 11 songs I have written and recorded over the course of the last two years. It features The Staves, string arranger extraordinaire Trey Pollard and acclaimed classical guitarist Laura Snowden. The album is set for release on the 2nd of June and I'm very excited for you all to hear it. You can hear the first song, Firecracker, from the album here: http://smarturl.it/CharlieFinkWebsite Alongside the album, Cover My Tracks will be a stage play performed at The Old Vic theatre. An evening of theatre and music featuring myself and starring the wonderful Jade Anouka, running from 5th - 17th June. Thanks! Charlie |
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Referenzen
Noah and the Whale; Sun Kil Moon; Mark Kozelek; Red House Painters; Great Lake Swimmers; Arap Strap; Malcolm Middleton; Kristin Hersh; Owen; Okkervil River; Sophia; American Music Club; Gravenhurst; Mark Lanegan; Jeff Buckley; Tim Buckley; Spain; Damien Jurado; The American Analog Set; Jens Lekman; Pelle Carlberg; José González; Sufjan Stevens; Elvis Perkins; Wilco; Seachange; Ida; M. Ward; Damien Rice; Loney, Dear; The White Birch; Grandaddy; Doves; Elbow; Mercury Rev; Mark Eitzel; Belle And Sebastian; Tindersticks; Mazzy Star; Cousteau; My Morning Jacket; Neil Young; Steve Wynn; Scott Walker; Anywhen; Spearmint; The Walkabouts; Ai Phoenix; Nick Cave & The Bad Seeds; The Delgados; Taking Pictures; Idaho; Elliott; The National; Madrugada; Midnight Choir; Willard Grand Conspiracy; Emmerhoff & The Melancholy Babes; Giant Sand; Swell; Surrounded; A Hundred Times Beloved; Lemonator; The Frames; Guided By Voices; Snow Patrol; The Notwist
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- Charlie Fink - Cover my tracks (5 Beiträge / Letzter am 12.04.2017 - 10:42 Uhr)