Halsey - Hopeless fountain kingdom
Astralwerks / Universal
VÖ: 02.06.2017
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Dancing in the moonlight shadow
Ob die spätestens seit dem The-Chainsmokers-Hit "Closer" zur Pop-Ikone aufgestiegene Halsey nun Rebell, Stimme einer Generation oder eine im Labor entstandene Mixtur jeglichen Millennial-Stereotyps ist, wäre wohl auch nach einer wissenschaftlichen Abhandlung noch nicht abschließend geklärt. Dass sich ein näheres Hinsehen auch abseits zahlreicher Nippelblitzer auf roten Teppichen lohnt, machte jedoch bereits das Debüt "Badlands" klar, das durchaus ambitioniert aktuelle Coming-of-age-Themen in meist düsteren Elektro-Pop kleidete. Nicht mit weniger Ambitionen errichtet Halsey nun ihr "Hopeless fountain kingdom" auf Versatzstücken von Shakespeares "Romeo und Julia". Damit steht sie selbst nicht nur vor der Aufgabe, ihre Fans zu beglücken, sondern muss nun das Königreich erst einmal dem Fundament gerecht werden.
Von "The prologue" abgesehen, in dessen ersten Teil Halsey den originalen Prolog rezitiert, entfernt die junge Dame sich zunehmend vom Stück des englischen Dichters und benutzt dessen Motive dazu, eine eigene Geschichte junger Liebender in unsteten, modernen Zeiten zu erzählen. Die neuen Protagonisten mit den merkwürdigen Namen Luna und Solis kommen also noch immer aus streitenden Familien, haben aber marketingtaugliche Twitter-Accounts, streiten sich von "Alone" an über "Now or never" und "Strangers" bis zu "Hopeless" unablässig über das Telefon und treffen sich statt auf dem Maskenball bei einer drogenverseuchten Hausparty. Die meisten Songs spiegeln dabei Lunas Sicht wider, während im Fall des Romeo-Pendants Solis männliche und weibliche Liebhaber ineinanderfließen. Damit legt Halsey den Fokus klar auf ihre emanzipierte Version der Julia, was Raum für viele verschiedene Beziehungs-Erfahrungen bietet.
Eins dieser Glanzstücke ist das tragische "100 letters", welches nicht nur mit guter Melodie und schönen Zeilen wie "I have spent too many nights on dirty bathroom floors / To find some peace and quiet right behind a wooden door" punktet. Stattdessen bringt es gleich das zentrale Problem von Luna und dem hier männlichen Solis auf den Punkt: Sie sterben nicht, weil äußere Einflüsse sie zwingen, sondern verlieren ihre Identität bei dem Versuch, sich dem anderen anzugleichen. "Strangers" hingegen handelt von einer Verflossenen und mausert sich vom netten Beat an bis zum im Duett mit Lauren Jauregui gesungenen "We're not lovers, we're just strangers / With the same damn hunger / To be touched, to be loved, to feel anything at all" zum absoluten Highlight des Albums. Eine bessere und dazu radiotauglichere Mischung aus Euphorie und Melancholie muss man erst einmal hinbekommen.
Leider hat "Hopeless fountain kingdom" nicht nur solche Perlen in der Schatzkammer. "Bad at love" gerät beispielsweise textlich doch arg langweilig und besticht nur mit ein paar netten Gesangslinien. "The devil in me" wiederum hat nach Album-Durchlauf bereits die Flucht aus dem Kurzzeitgedächtnis angetreten, wohin die recht egale Piano-Ballade "Sorry" es nie geschafft hat. So launisch, wie Luna sich selbst und den Mond in "Good mourning" sieht, ist eben auch "Hopeless fountain kingdom" qualitativ geraten. Atmosphärisch gelingt Halsey dafür erneut ein kohärentes und dichtes Album ohne allzu großen Ausfall. Ohne jede Frage wird es einige Hits liefern, wirkt dabei jedoch nicht glattgebügelt. Wenn Millennials von nun an zu den Klängen des "Hopeless fountain kingdom" tanzen, kann man es ihnen wahrlich nicht verübeln.
Highlights
- 100 letters
- Strangers (feat. Lauren Jauregui)
Tracklist
- The prologue
- 100 letters
- Eyes closed
- Alone
- Now or never
- Sorry
- Good mourning
- Lie (feat. Quavo)
- Walls could talk
- Bad at love
- Strangers (feat. Lauren Jauregui)
- Devil in me
- Hopeless (feat. Cashmere Cat)
Gesamtspielzeit: 38:32 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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hubschrauberpilot Postings: 6755 Registriert seit 13.06.2013 |
2018-03-22 21:44:28 Uhr
Ich kann die Stimme leider nicht über eine gesamte Albumlänge ertragen. Dieses versucht-sexy-Gehabe zusammen mit dem nasalen Sound nervt einfach nach einer Weile. Wie mein Vorposter schon richtig geschrieben hat, wenig eigene Identität und viel klingt wie schon in besser gehört. |
Bananabread |
2017-06-25 00:13:10 Uhr
Langweilige, eintönige Songs. Kein durchsehbares Konzept. Kein Zusammenhang zwischen den Songs. Schlechte Stimme, vorallem wenn Halsey versucht zu rappen. Nicht wirklich gute Lyriks (I watch you devour, mistake me for bread). Zu viele Songs klingen nach anderen Künstlern (Now or never - Rihanna, Sorry - Adele, Walls could talk - Britney Spears, Devil in me - Sia, Eyes closed - The Weeknd). Man weiß nicht, was ihr Stil ist und wer sie versucht zu sein. Zu viel Werbung für ein wirklich schwaches Ergebnis. Kein Song bleibt hängen, alles Gerät in Vergessenheit.... |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 26212 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-06-14 23:06:10 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
@Leatherface |
2017-06-09 19:55:49 Uhr
Kann es sein, dass man für deinesgleichen eher etwas bestimmtes sein muss (z.B. lesbisch oder dunkelhäutig), anstatt etwas bestimmtes gut zu können (z.B. Musik machen), um von dir anerkannt zu werden? |
Leatherface Postings: 1652 Registriert seit 13.06.2013 |
2017-06-09 18:40:23 Uhr
Nach zwei Durchgängen würde ich sagen: Nevermind. Überlanges, eintöniges Geschipper durch eine bemüht düstere Mid-Tempo-Synthsuppe ohne viel Dynamik oder Melodien, die hängen bleiben, mit lediglich "Strangers" als Highlight und selbst das kam vor Kurzem von anderer Stelle ein Stückchen besser. Katy Perry liefert eine ähnlich trübe, gleichförmige Brühe ab. Dann muss es jetzt Lorde richten. |
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Referenzen
Lorde; Chvrches; Sky Ferreira; Zara Larsson; Charli XCX; Dresses; Hayley Kiyoko; Ellie Goulding; Holychild; Tove Lo; Lykke Li; Lana Del Rey; Massive Attack; Marina & The Diamonds; Ms Mr; Jessie Ware; The xx; Katy B; Birdy; Dragonette; Florence & The Machine; Lauren Jauregui; The 1975; Phoebe Ryan; Raign; Lightning Dust; Lady Gaga; Duffy; Emeli Sandé; Robyn; All Saints; Ryn Weaver; Icona Pop
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