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Algiers - The underside of power

Algiers- The underside of power

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 23.06.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Fuck dance, let's art!

Freitagabends läuft ihnen der Geifer aus dem Mund. Auf dem Programm steht: Spaß! Feierlichkeit! Scheißegal, ob die Welt vor der Tür in Flammen steht. Die Vergnügungsgesellschaft will Futter, Theater und Laune. Welche Rolle soll dabei Musik spielen? Welche Botschaften können Künstler überhaupt noch glaubwürdig vertreten, während sie Teil dieses Betriebs sind? Die Band Algiers fand auf ihrem selbstbetitelten Debüt den passenden Weg. Sie kanalisierten ihre Wut und ihren Zorn über die Welt in einem Album, das vor allem Dynamik und Stärke ausmachten. Ein Abgesang auf Religion und Politik. Nun, zwei Jahre später, liefern sie "The underside of power" und die Wut ist geblieben. Wie sollte es anders sein? Die Welt brennt ja immer noch. Dementsprechend brauchen Algiers keine neuen Ansätze auf diesem Album.

Es mischen sich weiterhin Rock und No Wave mit Blues und Gospel. Sakrale Momente wie in "Cleveland" unterläuft die Stimme von Franklin James Fisher, der Chor darf da munter seine Zeilen in die Höhe werfen, doch im Rest des Songs finden sich vor allem Überbleibsel von Industrialsound. Der Rhythmus bleibt auf diesem Album durchgängig karg und stoisch, die Atmosphäre düster und unwirtlich. Kunst ist schließlich kein Ponyhof. Das ist der Anspruch, der durch alle zwölf Songs der US-Amerikaner geistert. Es geht hier um das große Ganze. Und schließlich muss da ja jemand mal anpacken. Der Titeltrack funktioniert noch am ehesten nach den Gesetzmäßigkeiten eines Popsongs. Bis er zwischenzeitlich mal kurz in einem schwachen Noise-Anfall versinkt.

Selbst die Melodie entdecken Algiers für einen kleinen Moment in "Mme Rieux", das zu Beginn ein Klavier trägt, erst nach einiger Zeit zerren die verkanteten Gitarren an der Schönheit. Das Klagen auf diesem Album kommt vom Boden des Abgrunds. Es gibt keine Hoffnung mehr, zumindest geben Algiers keinen Anlass dazu. Vielmehr hallen in Songs wie "Bury me standing" die Totengesänge in großen leeren Hallen. Der Kniff: Algiers spielen stets mit der Vergangenheit, mischen sie zusammen zu einem modernen Sound. Die letzten Akkorde dieses Albums auf dem Klavier könnte so Nina Simone eingespielt haben, die Drums könnten von Joy Division und die Synthesizer aus dem Berlin der Achtzigerjahre stammen. Und es klingt eben doch alles nach einem innovativen und eigenen Sound.

Dieses Gemisch sorgt auf dem einen oder anderen Song für Überforderung, all das kracht nieder mit einer unglaublichen Dringlichkeit. "The underside of power" lehrt stellenweise das Fürchten, denn was der Dichter hier meint, ist nicht besonders schön. Zur Musik lässt sich natürlich tanzen. Doch das ist nicht der Ursprungsgedanke, auf der Tanzfläche liegen hier nur noch Splitter, Staub und Steine. Dieses Album will mehr Kunst als Musik sein – und Algiers haben das sehr gut hinbekommen. Band trifft Botschaft. Dieser Sound stößt die Tür auf. Das Feuer frisst sich in die Räumlichkeiten. Vergnügen ist vorbei. Die Welt brennt. Und das hier ist der Soundtrack dazu.

(Björn Bischoff)

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Highlights

  • The underside of power
  • Death march
  • Plague years

Tracklist

  1. Walk like a panther
  2. Cry of the martyrs
  3. The underside of power
  4. Death march
  5. A murmur. A sign.
  6. Mme Rieux
  7. Cleveland
  8. Animals
  9. Plague years
  10. Hymn for an average man
  11. Bury me standing
  12. The cycle/The spiral: Time to go down slowly

Gesamtspielzeit: 44:24 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2020-10-30 15:02:08 Uhr - Newsbeitrag
Algiers
Cleveland 2020
Vö: 30.10.2020
Label: Matador
ISRC:USMTD2000822
Videolink:


Today, ALGIERS have released “Cleveland 20/20” a 50-minute expansion and re-imagining of their song “Cleveland.”



In the original version – included on The Underside of Power (2017) – vocalist Franklin James Fisher used the track’s middle section to invoke the names of Black people killed by police or who died in extraordinarily suspicious circumstances and whose deaths were explained away as “suicide.”



“Cleveland 20/20” serves as a further meditation on the original in the context of the June uprisings and upcoming elections, ruminating on the tragic and perpetual violence exacted upon Black people in the United States. It updates the recording to include the names of 232 additional victims who have been murdered subsequent to the song’s release as well as the victims of the Atlanta Child Murders which took place from 1979-1981. To accommodate the extension of this memorial, the song's newly re-imagined middle section spirals into a multi-movement collage of rhythm, noise, and sub-bass. Fisher concludes the recitation amid a spare and haunting 15-minute "vocal mix.” All together, “Cleveland 20/20” clocks in at just under an hour. Even with this extended memorial sonic space, the song points to the fact that many more people have been and continue to be killed by police or white supremacist citizens in America than can be said in 50 minutes or recognized in official statistics, including Elijah McClain, Ahmaud Arbery, Rayshard Brooks and scores others murdered at the intersections of race, gender and class.



In 2018, critic Greil Marcus praised the original version of “Cleveland” as a “monument.” “It has that size and that immovability to it. And these names are being chiseled on that monument. And the community that Algiers are creating in this song is a community of the dead, but a community in a song big enough and good enough – because this is a great song when you listen to all of it –- that in 10 or 20 or even 100 years when all of the people whose names Franklin Fisher chants are forgotten, and when Algiers is forgotten, and when this song is forgotten, and when somebody comes upon it, stumbles upon it and speaks to them as something absolutely new … they begin to go ‘Who are these people? What is this sound? Why does this person sound the way he does? What is being told?’. And that story will continue.”



Algiers’ third full-length effort There Is No Year was released in January on Matador Records and was met with acclaim from fans and critics alike, including The New York Times, The Guardian, Afropunk, DIY and more, and saw the band making their TV debut on The Late Show with Stephen Colbert in February where they performed standout single “


Klaus

Postings: 8934

Registriert seit 22.08.2019

2019-09-18 09:56:02 Uhr
Neues Album kommt im Januar

Klaus

Postings: 8934

Registriert seit 22.08.2019

2019-08-28 09:58:19 Uhr
https://youtu.be/waiwJ5rW4xw

Immernoch unsicher, was das eigentlich werden soll?

Klaus

Postings: 8934

Registriert seit 22.08.2019

2019-08-26 23:20:44 Uhr
Nicht ob, sondern wie. Bei Algiers gibt es ein paar Punkte, die mir persönlich nicht gefallen, aber das ist eine individuelle Sache und muss nicht geteilt werden.

whitenoise

Postings: 442

Registriert seit 17.06.2013

2019-08-26 22:55:17 Uhr
Was soll das denn heißen? Was spricht denn dagegen, dass Musiker sich politisch engagieren? Seit wann ist das denn ein Problem?
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