Daniel Romano - Modern pressure
New West / You've Changed / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 02.06.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Tiefgang statt Flachwitz
Geht ein Cowboy zum Friseur. Wer nun einen Witz vermutet, findet die Auflösung des Schenkelklopfers am Ende der Rezension. Jetzt, da die Idioten weg sind, darf die Aufmerksamkeit auf einen Kanadier gerichtet werden, der wenigstens wie ein Cowboy aussieht und sich meist auch entsprechend anzieht. Was die Haarpracht dieses Mannes angeht, muss er während der Aufnahme seiner letzten sechs Solo-Alben stets zu einem Friseur mit Bob-Dylan-Fetisch gegangen sein, sonst wäre der merkwürdige Krauskopf kaum zu erklären. Album Nummer sieben verzichtet zum Glück auf das Cover-Profilbild, womit rein gar nichts mehr von der Musik ablenken kann. Dass "Modern pressure" in einer kleinen Hütte in Schweden aufgenommen wurde, bemerkt man sofort. Denn niemand sonst kann den Druck unserer modernen Zeiten so lässig besingen wie ein offenbar entspannter Daniel Romano.
Gleich ab dem verspielten "Ugly human heart pt. I" knarzen die Americana- und Country-Wurzeln des Kanadiers ebenso traditionsbewusst wie die Stimme dylanesque näselt. Die feine, poppige Melodie des Openers lädt aber direkt zum Tanz ein. Gewiss kann man unter dem lässigen Schein von "Modern pressure" immer wieder auch düstere Themen erahnen, die Laune soll einem das aber nicht verderben. "The sky is open wide / And it is pouring civil war" weiß zwar der Titeltrack. Warum man das allerdings nicht wenigstens hymnisch in die Welt rufen kann, wenn doch sowieso alles vor die Hunde geht, will dem gutgelaunten Romano nicht einfallen. Viel lieber feiert "Sucking the old world dry" die Poesie des Moments, während "The pride of Queens" sich fragt, wie viele Babys man wohl küssen kann. "I tried to hold the world (in my mouth)" zelebriert psychedelische Klänge, und ein Tänzchen mit der Dame im Mond ist kurz vor Albumschluss natürlich auch noch drin. Schließlich soll hinterher niemand sagen können, Romano hätte seine Zeit nicht genutzt.
Auch wenn "Impossible green" ein gutes Stück nachdenklicher daherkommt und die tolle Ode an "Jennifer Castle" erst dieselbe Stoßrichtung verfolgt, siegt am Ende die gute Laune. "I know everyone's got problems" singt Romano im zweiten Teil des Fünfminüters, bevor er mit ein paar Handclaps und einem Tempowechsel die ganze Melancholie wieder wegwischt. Neben dem zweiten Teil, in dem das "Ugly human heart" erforscht wird, liefert Romano mit "When I learned your name" noch einen hübsch-simplen Ohrwurm und schüttelt mit "Roya" mal eben eine der coolsten Liebesnummern des noch nicht begonnenen Sommers aus dem Ärmel. Was wünscht man sich schon mehr? Oh, und an alle, die hierher gesprungen sind: Geht ein Cowboy zum Friseur. Kommt er wieder raus, ist das Pony weg. Schämt Ihr euch jetzt wenigstens ein bisschen? Gut so. Besser noch, Ihr hört euch schuldbewusst "Modern pressure" an. Diese Freude wird nämlich mit jedem Durchlauf größer.
Highlights
- Ugly human heart
- Roya
- Jennifer Castle
Tracklist
- Ugly human heart pt.I
- Modern pressure
- Roya
- The pride of Queens
- When I learned your name
- Sucking the old world dry
- Ugly human heart pt.II
- Impossible green
- Jennifer Castle
- Dancing with the lady in the moon
- I tried to hold the world (in my mouth)
- What's to become of the meaning of love
Gesamtspielzeit: 38:58 min.
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