Jessica Moss - Pools of light

Constellation / Cargo
VÖ: 05.05.2017
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Die Saiten der Welt
"All lights fucked on the hairy amp drooling" gehört zu den Mysterien der Musikgeschichte. Nur 33 Kopien jener Kassette aus dem Jahr 1994 sollen existieren, auf der sich die ersten Aufnahmen von Godspeed You! Black Emperor befinden. Efrim Menuck war darum nie traurig. Schließlich soll der Sound kaum mit den späteren Alben des Kollektivs vergleichbar sein. Seine Lebensgefährtin Jessica Moss kann sich auf die Kräfte der analogen Welt in dieser Hinsicht nicht mehr verlassen, auch wenn das Label ihr "Pools of light" als Debüt anpreist. Denn mit "Under plastic island“ gibt es zwar eine Kassette von 2015 von ihr, die steht jedoch natürlich auch auf Bandcamp. Wenn schon nicht die ersten Aufnahmen als Mysterium taugen, tut es immerhin Moss selbst, von der sich kaum Dinge abseits ihrer Musik im Netz finden. Es muss ein Traum für jede Künstlerin sein.
Denn so bleibt nur die Konzentration auf jene Musik und deren Zerfall. Denn "Pools of light" ist im Vergleich zu seinem Vorgänger wesentlich durchlässiger, Moss hat hier diverse Leerstellen gelassen, die ihre Violine kaum tangieren. Ihre unkonventionelle Art des Spiels lässt manchmal nur ein paar Schatten von Tönen übrig, die sich von der Stille nach unten drücken lassen. Alleine "Entire populations" erstreckt sich über 20 Minuten und fügt sich kaum zusammen. Im zweiten Teil baut Moss mit Violine und ihrer Stimme ein paar Drones, die zwischen den Strukturen pendeln. Erst danach erhebt sich der Song, wenn die Geige zu einer Melodie ansetzt. So hört sich Klassik an, die nicht in Philharmonien eingesperrt ist. Obwohl sich hier Einflüsse von Klezmer, Punk und Folk finden, liefert Moss keine gefällige Platte ab. Der Zugang lässt sich wesentlich entspannter über die zweite Seite dieses Albums finden.
Denn beide Versionen von "Glaciers" erinnern entfernt noch an das Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra, zu dem Moss gehörte. Allerdings transportiert ihre Musik eine ganz andere Atmosphäre. Wie dunkle Materie bewegt hier die Stille teilweise die Töne, verschiebt Muster. In "Glaciers II (Pt II)" findet all das seinen schweren Höhepunkt, ein dunkles Mahlen der Violine, die zwischen ihren Saiten die Zeit zerreibt. Mit dem Aufschwung des Neoklassiks im Pop hat das alles überhaupt nichts zu tun. Es gibt auf "Pools of light" keine Gefälligkeiten, keine Bequemlichkeiten. Stattdessen geht es Moss um das Erzählen. Dafür braucht sie keine Worte, sie lässt Bilder und Spannung mit nur wenigen Mitteln entstehen. Jeder Ton ein Licht im Dunkel der Leere, der seine Vergänglichkeit bereits ausstrahlt. Musik für die schwärzesten Nächte. Und zum Glück nicht auf Kassette erschienen.
Highlights
- Glaciers I (Pt I)
- Glaciers II (Pt I)
Tracklist
- Entire populations (Pt I)
- Entire populations (Pt II)
- Entire populations (Pt III)
- Entire populations (Pt IV)
- Glaciers I (Pt I)
- Glaciers I (Pt II)
- Glaciers II (Pt I)
- Glaciers II (Pt II)
Gesamtspielzeit: 48:29 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
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Herder Postings: 1829 Registriert seit 13.06.2013 |
2017-05-17 21:11:28 Uhr
Schön, dass das Album besprochen wurde. Ich habe im Postrock-Thread schon kurz darüber geschrieben. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 23844 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-05-17 21:06:16 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra; Black Ox Orkestar; Julia Kent; Christina Vantzou; Demen; Grouper; Colin Stetson; Matana Roberts; Owen Pallett; Godspeed You!Black Emperor; Set Fire To Flames; Saltland; High Plains; Bing & Ruth; Joni Void; The Dead Texan; Stars Of The Lid; Olan Mill; Rafael Anton Irisarri; Rachel Grimes; A Winged Victory For The Sullen; Loscil; Hildur Guðnadóttir; Justin Walter; Fly Pan Am; Labradford; Ólafur Arnalds; Peter Broderick; Cliff Martinez; Sea Beat; Brian Eno
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- Jessica Moss - Pools of light (2 Beiträge / Letzter am 17.05.2017 - 21:11 Uhr)