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Below The Sun - Alien world

Below The Sun- Alien world

Temple Of Torturous / Cargo
VÖ: 26.05.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Sibirische Kälte

"Pessimismus und Negation" – das war die Argumentation der DDR-Zensurbehörde, um den dystopischen Science-Fiction-Klassiker "Solaris" von Stanislaw Lem ein Jahr nach seiner Veröffentlichung im Jahr 1961 zu verbieten. Es geht um einen komplett von Wasser bedeckten und kaum erforschten Planeten, bei dem ein Psychologe auf einer Forschungsstation mit Flashbacks konfrontiert wird, welche mit persönlichen Schuldgefühlen verbunden sind. Unter anderem trifft er auf den Geist seiner Ex-Freundin, an deren Suizid er sich die Mitschuld gibt. Harter Tobak, den Below The Sun zum Gegenstand ihres Konzeptalbums "Alien world" gemacht haben. Doch die Post-Metal-Band aus Sibirien meistert es, in die Psyche des Romans einzutauchen und seine Stimmung in Klang umzuformen.

Hinter dem Ural erhebt sich ein riesiger, vor Kälte knackender Eisberg, mindestens so hoch wie die große Eismauer in der Fantasy-Welt von "Game of thrones", hinter der Zombie-Horden nur auf den richtigen Zeitpunkt warten. Stilistisch lässt sich dieses Biest aus der russischen Tundra irgendwo zwischen intelligentem Post, vernichtendem Black und brachialem Doom Metal einordnen. Der Band scheint es dankenswerterweise herzlich egal zu sein, in welche Schublade sie gesteckt werden: Menschliche Untiefen kennen viele Klänge.

Viel ist nicht bekannt über die vier Russen von Below The Sun, eines steht jedoch fest: Das zweite Album nach dem 2015er Debüt "Envoy" ist gleichermaßen heavy wie sauber produziert. Die tonnenschweren Lawinen-Riffs – beispielsweise beim fatalistischen "Dawn for nobody" – erinnern an Genre-Kollegen wie Russian Circles oder Year Of No Light. Gleich in zwei Studios ihrer Heimatstadt Krasnojarsk wurde nahtlos Schicht auf Schicht aufgetürmt. Der eigentlich seit den 2000ern altbackene Hinweis im Album-Waschzettel, dass bei der Produktion weder Synthesizer noch Sampler verwendet wurden, erübrigt sich hier ob dieser Klanggewalt. Wobei im finsteren "Dried shadows" Einspieler von weiblichem Schluchzen dann doch die Atmosphäre fast zum Zerbersten bringen, bevor sie sich in einem fast schon obszön langsamen Death-Doom-Riff entlädt.

Die Gitarrenmelodien erzeugen Atmosphäre en masse – egal ob im manischen Intro vom Opener "Blind ocean", den beißenden Black-Metal-Obertonorgien bei "Mirrors" oder den entrückten Melodie-Fetzen bei "Giant monologue". Die Vocals passen sich stets der aktuell vorherrschenden Intensität der Songs an – mal gesungen, mal gekeift oder geknurrt. Dazwischen: Noisiges Gerumpel, welches die trostlose und todbringende Ödnis der sibirischen Steppe, aber auch Stanislaw Lems futuristische Mondlandschaften widerspiegelt. Übrigens: "Solaris" wurde in der DDR schließlich doch noch von der "Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel" zugelassen, wenn auch erst 22 Jahre später. Immerhin.

(Felix Mildner)

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Highlights

  • Blind ocean
  • Mirrors
  • Dawn for nobody

Tracklist

  1. Blind ocean
  2. Mirrors
  3. Giant monologue
  4. Dawn for nobody
  5. Release
  6. Dried shadows
  7. Black wave
  8. In memories

Gesamtspielzeit: 57:33 min.

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User Beitrag

zurueck_zum_beton

Postings: 237

Registriert seit 07.07.2013

2017-05-21 10:20:48 Uhr
Mich begeistert das Album überhaupt nicht. Nichts Innovatives, das kauft man gern ein, aber vor allem enttäuscht mich die Umsetzung.
Düstere Stimmung hat sich zu keinem Zeitpunkt eingestellt, mit der Romanvorlage hat sich die Band vollständig verhoben. Ich sehe da keinerlei Anknüpfungspunkte an die Romanwelt von "Solaris". Naja: Selbst dieser Kritikpunkt ist im Endeffekt schwierig nachzuweisen. Insgesamt ist "Alien World" einfach unausgegorenes Heavy Genre Aneinanderreihen, ohne erkennbare Ideen, wie das zu einem homogenen Ding wird.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28662

Registriert seit 08.01.2012

2017-05-17 21:04:41 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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