Erasure - World be gone

Mute / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 19.05.2017
Unsere Bewertung: 3/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Mag Zuckerberge
Synthpop, das ist wohl kein Geheimnis, hat seit einigen Jahren ein ordentlich laufendes Revival. Was früher mal als "unecht", "künstlich" und "oberflächlich" verschrien war, erfreut sich wieder weitläufiger Beliebtheit, alte Vorurteile geraten ins Vergessen. Andy Bell und Vince Clarke dürfte das so oder so aber herzlich egal sein. Ob nun Sonne oder Sturm draußen ist, ob der Hahn kräht auf dem Mist und ob ihr Sound gerade den Zeitgeist trifft – die beiden ziehen ihr Ding als Erasure durch, ganz eisern ohne Blick nach links und rechts. Jetzt zum 17. Mal auf "World be gone", nach rund 30 Jahren Karriere. Und ja, es ist ganz unverkennbar ein Erasure-Album. Sounds aus Clarkes Laptop-Untiefen, Bells theatralischer Gesang, keine Scheu vor überquillendem Pathos oder Bergen aus Zucker in Musik und Text. Das kennt und mag man halt so von ihnen. Kann die Rezension hier enden? Nicht ganz. Ein bisschen gibt es leider doch noch zu verhandeln.
"World be gone" beginnt wenigstens relativ hörbar. "Love you to the sky" und "Be careful what you wish for!" machen schon im Titel keine Gefangenen und streben nach allem möglichen, mit Nachdruck. Da werden die zugegeben äußerst eingängigen Refrains am Ende einfach noch einmal so lange in die Gehörmuschel gerammt, dass man sich davon garantiert für längere Zeit nicht erholt. Schon gar nicht bei so einprägsamen Lyrics wie "I wanna see you baby / Come closer baby." Ohrwürmer der etwas unangenehmen Art. Der pseudo-afrikanische Background-Gesang und das unbeschreibbar käsige Beatbox-Stimmengetippel in "A bitter parting" sind eigentlich größtmöglicher musikalischer Scheiß, aber so richtig schlecht will oder kann man's dann doch nicht finden, weil das auf perverse Art etwas Spaß macht. Der Titeltrack ist im Gegensatz dazu ohne Einschränkungen gelungen, ein sentimentales Kleinod, in dem dank dichter Soundwaben eine wohlige Stimmung aufkommt.
Fast schon möchte man nach dem Beginn das Wort "solide" irgendwo im Text unterbringen, aber das wissen fast alle folgenden Songs auf beeindruckende Weise zu verhindern. Ausnahme ist nur das in überraschend düsterer Atmosphäre gehaltenen "Oh what a world". Ansonsten verlieren sich die Tracks in gigantischer Langweile und klingen nicht nur neben den neuen Jungspunden, sondern auch gegenüber vielen eigenen Alben unglaublich altbacken. "Take me out of myself" steht hier an der Spitze. Hook? Melodie? Hallo? Wer sich nach einer Minute noch an irgendetwas aus dem Stück erinnern kann, sollte mal nach einer Neuauflage von "Wetten, dass...?" Ausschau halten. Tief im aggressiv-widerlichen Terrain wildert dagegen der parodistisch anmutende Closer "Just a little love". Wann kam noch mal Helenes neues Album raus? "Just a little love / Hear the angels calling." Klar, ein bisschen Liebe löst sicher alle Probleme. Vielleicht noch ein bisschen Frieden, ein bisschen Freude? Eierkuchen? Wollen wir wenigstens hoffen, dass die Menschen nicht so oft weinen, wenn sie den übersüßten Kram von "World be gone" hören müssen.
Highlights
- World be gone
- Oh what a world
Tracklist
- Love you to the sky
- Be careful what you wish for!
- World be gone
- A bitter parting
- Still it's not over
- Take me out of myself
- Sweet summer loving
- Oh what a world
- Lousy sum of nothing
- Just a little love
Gesamtspielzeit: 39:18 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Frank Neugebauer aka Phälar Qtii |
2018-10-02 21:49:09 Uhr
Eine der größten und besten Platten mit "künstlichem Sound". Typisch Erasure, aber doch noch viel melancholischer als sonst und immer bitter-süß. Schöne alte Sythie-Ticksereien alter Schule und sehnsuchtvoller Gesang, der in seiner totalen Übertriebenheit gerade AUTHENTISCH ist. Mir hilft das Album (von dem es mittlerweile gleich ZWEI Nachfolger gibt) seit längerer Zeit durch schwere Zeiten. Great! |
MM13 Postings: 2242 Registriert seit 13.06.2013 |
2018-07-11 19:20:07 Uhr
das neue livealbum "world be" hört sich soundtechnisch so schlecht und billig an,furchtbar. |
Euroracks |
2017-05-21 18:52:48 Uhr
Aus meiner Sicht äusserst gelungenes Album. Songs, Sounds und Vocals - alles absolut top! Und selbstproduziert. Will ja nicht wissen, wie ein selbstproduziertes Tokyo Hotel-Album klingen würde. LYTTS ist auch nicht mein Album-Favorite (trotz tollem Sound), aber wir reden ja hier über das Album und nicht die Single. Ausserdem ist der zweite Teil mindestens so stark wie der erste. Oh what a world schön dystopisch und Sound erinnert an Being Boiled!Reviews sind immer subjektiv, aber die 3/10 gehen eher nach hinten los. Mit billigem Erasure-Bashing kann man doch heute keinen Blumentopf mehr gewinnen. |
Ich |
2017-05-21 17:30:08 Uhr
Zu so einer "intelligenten" Aussage wie "Tokio Hotel machen solchen Synthpop mittlerweile besser als Erasure" kann man auch nicht ernsthaft etwas argumentieren. Ich habe es für einen schlechten Scherz gehalten... |
Fuerstbischof von Gurk |
2017-05-21 11:40:27 Uhr
Mittfünfzig |
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Referenzen
Andy Bell; The Beloved; Pet Shop Boys; Scissor Sisters; Sparks; Zoot Woman; Dreamcar; Future Islands; Alphaville; Bronski Beat; Jimi Somerville; The Communards; Yazoo; Empire Of The Sun; Boy George; Culture Club; Alison Moyet; The Assembly; Feargal Sharkey; Camouflage; Depeche Mode; Calvin Harris; Holly Johnson; Frankie Goes To Hollywood; Dead Or Alive; Evelyn Thomas; Shannon; Taylor Dayne; Donna Summer; Divine; Baltimora; Raf; My Mine; Gazebo; Ryan Paris; Den Harrow; Valerie Dore; Fischerspooner; David Guetta; Ellie Goulding; Lady Gaga; Editors; VCMG; VNV Nation; Apoptygma Berzerk
Surftipps
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- http://www.allmusic.com/artist/erasure-mn0000184811
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