Johannes Oerding - Kreise
Columbia / Sony
VÖ: 05.05.2017
Unsere Bewertung: 2/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Hoffnung für Arme
Komische Zeiten: Johannes Oerding entschuldigt sich auf seinem neuen Album "Kreise" für die Schnulzigkeit des eigenen Werkes. "Auch wenn das grad kitschig klingt", abbittet der Münsteraner in "So schön", bevor er das Leben preist, als wäre die Welt frei von Problemen. Aber immerhin gibt er indirekt zu, was er da macht: stinknormalen, seelenlosen Mainstream-Pop. Tut niemandem weh, hilft aber auch keinem. Schlimm ist es vor allem dann, wenn der Ina-Müller-Lover echte Größen für seine Fake-Emotionen instrumentalisiert. So erklärt er im selben Song seiner Liebsten: "Was immer Du sagst / Wie Du es sagst / Als würde Prince noch für mich singen", ein hintergründiger Chor seufzt "purple rain", ein bisschen Kotze steigt die Speiseröhre hoch. Trotz Ankündigung war das zu viel.
Auch ansonsten gibt es pseudo-gefühlige Leiern noch und nöcher: Im Song "Leuchtschrift (Große Freiheit)" feiert der Wahl-Hamburger zum Beispiel die berühmte Querstraße der Reeperbahn ab. Aber nicht im Sinne von Koks und Nutten, Ballermann-Bars und Olivia Jones, oder aber gar zurückblickend auf musikgeschichtlich wichtigste Aspekte, sondern vielmehr darin, dass er sich im kläglichen Versuch verliert, die angeblich aufkochenden Empfindungen beim Anblick der zahlreichen Neonlichter zu beschreiben: "Ich schau Dich an und seh wie Deine Augen leuchten." Das nennt man Reflexion, Du Physik-Noob. "Unser Himmel ist derselbe" wechselt zur Geografie und zitiert empirisch: "Bei mir geht die Sonne auf / Bei Dir geht sie unter." Weiter zur Geometrie: Im Titeltrack "Kreise" beschäftigt sich Oerding als 478. Künstler allein in diesem Jahr mit der Scheinmystik von Anfang und Ende und Neuanfang und so weiter und so fort. Wie bei König der Löwen, nur für blöd gebliebene Erwachsene statt Kinder.
Apropos: Bei "Zwischen Mann und Kind" bemerkt man spätestens zur Lied-Mitte, dass Alt und Jung sich innerhalb einer Person befinden – deeper Shit. In "Love me Tinder" legt Oerding mit einem schlechten Wortspiel und unerhörten Referenzen zu den Beatles – "love, love, love, ..." – und Elvis – "... love me Tinder" – eine beachtliche Bruchlandung mit Glockenspiel und Jungle drums hin. Sozialkritisch – na ja, nicht wirklich – gibt sich der Barde in "Weiße Tauben". Es ist Krieg, und keiner geht hin, das wünscht er sich. Das ist an sich ja gut, aber die Manier ist derart schläfrig: "Ich schau in den Himmel und kann keine weißen Tauben sehen", singt Oerding. Terror und Hass und dass nichts mehr normal ist, das verwundert den Freund fetter Feelings zutiefst. Und dann auch noch das: In "Zieh Dich aus" weiß der Hutträger mit den blauen Augen zwischen Funkgitarre und synthetischem Wah-Wah sein Girl nicht mehr zu betören: "Kein Steak, kein Eis, keine Pasta / Ey, sogar Schmuck willst Du nicht." Die Frau will ihn nur nackt sehen, Sexy-Time im Hause Oerding-Müller. Will man daran wirklich denken?
Dieser alte Rezensions-Roboter Bremmer kann bei all dem nicht viel empfinden. Dabei fällt ihm aber auf, dass der voherstehende Text kaum einmal auf die Musik Oerdings eingegangen ist. Die ist nämlich noch unerheblicher als seine Texte. Das Raster ist einfach: Gitarre immer irgendwie. Piano, wenn's ans Herz gehen soll. Geigen, wenn's noch mehr ans Herz gehen soll. Sich langsam steigernde Drums, Klimax mit "uh-uh-uh"-Chor oder "oh-eh-oh-oh"-Einwürfen. Es ist völlig egal, ob da jetzt ein Bourani singt, oder ein Giesinger oder eben ein Oerding, ob er die Songs selbst schreibt, oder doch eine Gruppe Schimpansen aushilft, solche Musik wird sich verkaufen, weil sie sich nicht um die wahren Fragen des Lebens schert, sondern 0-%-finanzierte Hoffnung verscherbelt. Wer immer noch glaubt, bei solchen Angeboten gebe es keinen Haken, dem sei ein nicht allzu böses Erwachen gewünscht. Oder gar keines. Das Leben ist geil.
Highlights
- -
Tracklist
- Kreise
- Tetris
- Hundert Leben
- So schön
- Leuchtschrift (Große Freiheit)
- Freier Fall
- Love me Tinder
- Unser Himmel ist derselbe
- Weiße Tauben
- Die Zeit nach der Zeit danach
- Zieh Dich aus
- Stein für Stein
- Nur unterwegs
- Zwischen Mann und Kind
Gesamtspielzeit: 52:08 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Fanatic |
2017-05-05 01:27:30 Uhr
Es wird mal wieder zeit, dass ein paar kaputte Typen aus der Gosse mit verstimmten Gitarren und null Gesangstalent das Radio austretten und die Welt(menschen) so präsentiert wie sie wirklich ist. |
Strohannes Rate |
2017-05-05 00:00:59 Uhr
Andreas BouraniMax Giesinger Pohlmann Mark Forster Xavier Naidoo Mark Forster Söhne Mannheims Revolverheld Johannes Strate Silbermond Kim Frank James Blunt Pur Bei diesen geilen Referenzen muss ich meinen Unmut stark begrenzen. Doch ist es wieder nur (schn)öder Radiopop, rotiert der Brechreiz im Galopp. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27364 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-05-04 22:27:13 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Leserich |
2017-05-04 22:20:32 Uhr
Nette Rezi. (: |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27364 Registriert seit 08.01.2012 |
2017-03-08 17:59:05 Uhr - Newsbeitrag
JOHANNES OERDING veröffentlicht neues Studioalbum "Kreise" am 05.05.2017Johannes Oerding bündelt auf seinem fünftem Album ›Kreise‹ alte Stärken mit neuen Wegen. »Oft sind Anfang und Ende der gleiche Punkt« lautet die erste Zeile von ›Kreise‹, dem Titelsong des fünften Albums von Johannes Oerding. Diese Aussage ist durchaus programmatisch zu verstehen, denn um genau diesen Moment geht es hier. Ein Kreis, der sich schließt, ist immer Sinnbild einer Zeitenwende, die gleichermaßen Rückschau wie Ausblick hält. Deshalb hätte Oerding keinen treffenderen Titel wählen können. Wenn sich ein Künstler, der in seiner konstant ansteigenden Karriere auf gold- und platinveredelte Alben sowie ausverkaufte Tourneen in immer größeren Hallen zurückblicken kann, an die Arbeit zu neuen Songs macht, steht er – wie jeder Songwriter mit Anspruch - vor der großen Herausforderung, musikalisch wie textlich Orte zu finden, an denen er noch nicht war. Sich treu zu bleiben und dabei dennoch neue Wege zu gehen. Nicht wenige Künstler halten in so einem Moment vorsichtshalber an Bewährtem fest – andere wiederum blühen geradezu auf, weil sie niemandem mehr etwas beweisen müssen und bringen mit genau dieser Freiheit im Rücken die Essenz ihres bisherigen Schaffens gekonnt auf den Punkt. ›Kreise‹ ist genau so ein Album geworden. Johannes Oerdings typisches Songwriting, das man nach nur wenigen Takten als unverkennbar identifiziert, hat hierauf nochmal deutlich an Klarheit und Tiefe gewonnen – aber genauso sicher bewegt er sich auch auf musikalischen Terrain, das man von ihm so noch nicht gehört hat. Stimmlich ohnehin über jeden Zweifel erhaben, überzeugt Oerding auf ›Kreise‹ mit einzigartiger Bandbreite zwischen entspannter Zurückgenommenheit und hohem Falsett. Dass das Endergebnis dabei nach zusammenhängendem Gesamtwerk und nie nach Gemischtwarenladen klingt, liegt nicht zuletzt an Oerdings erneuter Zusammenarbeit mit Mark Smith, der ihn als kreativer Partner von Beginn seiner musikalischen Karriere an begleitet und mit dem er sich bei ›Kreise‹ erstmals auch den Produzentensessel teilt. Fein akzentuiert bekommen die Balladen genau den Raum, den sie brauchen, um ihre volle Größe zu entfalten – und lassen die Popsongs dadurch umso heller strahlen. Johannes Oerding gelingt es wie keinem anderen deutschen Pop-Songwriter zur Zeit, in seinen Songs und Texten eine direkte emotionale Verbindung zu seinen Zuhörern herzustellen, die jedem einzelnen das Gefühl vermittelt, er würde nur für ihn persönlich singen. Diese Qualität zeichnet selbstverständlich auch ›Kreise‹ aus. Der erkennbare Reifungsprozess, der sich in seinen neuen Texten widerspiegelt, macht deutlich, dass Oerding inzwischen sehr viel mehr erlebt hat als zu Zeiten seines Debuts. Mit feinsinnigem Gespür findet Johannes Oerding erneut die richtigen Worte und Melodien für alles, was die menschliche Seele bewegt. Seine Songs sind gleichermaßen treue Begleiter, Trostspender, Mutmacher wie punktgenaue Alltagsbeobachtungen, die vielen aus der Seele sprechen. Deshalb ist es keinesfalls verwunderlich, dass es Johannes Oerding mühelos gelingt, die Nähe zu seinem Publikum in ihrer Unmittelbarkeit regelmäßig bis in die letzte Reihe großer Arenen zu transportieren. ›Kreise‹ liefert einmal mehr den Soundtrack dazu. "Kreise" erscheint am 05.05.2017 bei Columbia/Sony Music Tourdaten 2017: 04.05.2017 Gronau, Jazzfest Gronau 14.06.2017 Geseke, Steinbruch HeidelbergCement 25.10.2017 Leipzig, Haus Auensee 26.10.2017 Dresden, Schlachthof 28.10.2017 Karlsruhe, Tollhaus 29.10.2017 Zürich, Kaufleuten 30.10.2017 Wien, Chaya Fuera 01.11.2017 München, Tonhalle 03.11.2017 Köln, Palladium 04.11.2017 Stuttgart, Beethovensaal 05.11.2017 Frankfurt, Jahrhunderthalle 07.11.2017 Saarbrücken, Garage 08.11.2017 Erfurt, Thüringenhalle 10.11.2017 Dortmund, FZW 11.11.2017 Magdeburg, Stadthalle 12.11.2017 Kassel, Stadthalle 14.11.2017 Osnabrück, Osnabrückhalle 15.11.2017 Aurich, Sparkassen Arena 17.11.2017 Kiel, Sparkassen Arena 18.11.2017 Hannover, Swiss Life Hall 19.11.2017 Berlin, Columbiahalle 22.11.2017 Bremen, Pier 2 24.11.2017 Schwerin, Sport- und Kongreßhalle 25.11.2017 Hamburg, Barclaycard Arena Veranstalter: Karsten Jahnke http://kj.de/artist/3261/Johannes_Oerding.html |
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Referenzen
Andreas Bourani; Max Giesinger; Pohlmann; Tim Bendzko; Thomas Godoj; Tiemo Hauer; Philipp Poisel; Jean-Michel Aweh; Mark Forster; Enno Bunger; Adel Tawil; Xavier Naidoo; Mark Forster; Ich + Ich; Söhne Mannheims; Clueso; Revolverheld; Johannes Strate; Tobias Regner; Juli; Christina Stürmer; Silbermond; Kim Frank; Echt; Kris; Fertig, Los; Paolo Nutini; Gisbert Zu Knyphausen; Max Prosa; Justin Balk; Tilman Rossmy; James Blunt; Tom Liwa; Gregor Meyle; Matt Costa; Pur
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