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Ásgeir - Afterglow

Ásgeir- Afterglow

Embassy Of Music / Warner
VÖ: 05.05.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Island in the storm

Jede Menge Melancholie und Düsternis. Ein organisches Geflecht von elektronischen und akustischen Komponenten. Texte, die die Schönheit und Unberechenbarkeit der Natur besingen. Wer kann das Herkunftsland des Künstlers erraten? Na? Island natürlich. Ásgeir Trausti Einarsson (ja, Ásgeir ist ein isländischer Vorname) stammt aus einem 40-Seelen-Dorf in der isländischen Provinz, erhielt durch Fürsprache seiner Landesgenossin Björk einen Plattenvertrag und veröffentlichte 2012 ein Debütalbum namens "In the silence", das sich in Island besser verkaufte als jedes andere in der Geschichte des an musikalischen Talenten bekannterweise nicht gerade armen Landes. Er scheint also einen Ton getroffen zu haben, wahrscheinlich sogar einen spezifisch isländischen. Für eine internationale Version wurden die Texte, im isländischen Original von Ásgeirs Vater Einar Georg abgefasst, von niemand Geringerem als John Grant ins Englische übertragen. Auch für das neue Album hat Ásgeirs Vater wieder einige Texte beigesteuert, als Übersetzer fungiert unter anderem Ásgeirs Bruder Porsteinn. Und wie beim Vorgänger macht er das, was er am besten kann: aus elektronischen Klängen und einer reichen Orchestrierung intime, eindringliche Songs formen.

Im Opener "Afterglow" lässt Ásgeir den leuchtenden Abendhimmel über die Meereswellen glitzern – repräsentiert durch das Klavier. Immer mehr Instrumente treten hinzu, um das Bild in aller Würde und Gravität vor dem inneren Auge des Hörers entstehen zu lassen. In "Unbound" steht dagegen der Synthesizer im Vordergrund – und dem Orchester nichts nach in Sachen Gefühl und Ausdruck. Es ist zugleich der zuversichtlichste Titel des Albums, die heimelige Stimmung der Musik transportiert den Inhalt der Lyrics: "And then why do I worry / Odds are with me / I am upon my journey / Untied I will be."

"Underneath it" ist einer der vielfältigsten Songs des Albums. Gedämpfte Keyboardklänge lassen zunächst eine traute, gemütliche Stimmung entstehen. In einem Bon-Iver-Move wird Ásgeirs natürliche Stimme durch elektronische Verzerrung in höheren und tieferen Lagen gedoppelt – der Effekt ist harmonisch und verfremdend zugleich. In einem Zwischenspiel wird die Kaminfeuerstimmung von sanft dröhnenden E-Gitarren verdrängt. "Nothing" ist ein süßer kleiner Liebessong, eine klavierlastige Ballade, in der sich die Gesangstimmen nach und nach vervielfachen und einen sakral anmutenden Chor anstimmen. Damit es nicht zu lyrisch und harmonisch ist, laufen im Hintergrund immer Soundexperimente ab, Geräusche, die sich wie zufällig in den Klangmix mischen.

Überhaupt gibt es hier viel instrumentale und elektronische Action, die mehr als nur schmückendes Beiwerk für Ásgeirs sanften Kopfstimmengesang ist. Tatsächlich scheinen die instrumentalen Teile, oft in Form eines ausgedehnten Nachspiels, die Ideen und Gefühle aus dem Text aufzugreifen und da weiter zu machen, wo Worte an ihre Grenzen stoßen. Mit einfachen Mitteln werden komplexe Stimmungslagen abgebildet. "Fennir yfir" zum Beispiel handelt von der Liebe als Naturgewalt: Ein Mensch, der sich vergeblich der Sogwirkung einer Liebesbeziehung zu entziehen versucht, wird hier metaphorisch in einer Küstenlandschaft den Kräften der Natur ausgeliefert. Das Klavier, das ruhig und innerlich die meiste Zeit die gleichen Töne wiederholt, die Streicher, die starke Gefühlsregungen anzeigen und die elektronischen Klänge, die durch viel Hall die Illusion eines engen Raumes entstehen lassen, transportieren die Ausweglosigkeit einer solchen Situation ausgesprochen gut. Wem das alles noch nicht isländisch genug ist, der hat beim letzten Song "Hold" die Gelegenheit, einen Eindruck von der Sprache zu bekommen. Und zu hoffen, dass man diese für den Island-Urlaub, den man beim Hören dieses Albums heimlich geplant hat, nicht unbedingt lernen muss.

(Eva-Maria Walther)

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Highlights

  • Afterglow
  • Underneath it
  • Nothing
  • Fennir yfir

Tracklist

  1. Afterglow
  2. Unbound
  3. Stardust
  4. Here comes the wave in
  5. Underneath it
  6. Nothing
  7. I know you know
  8. Dreaming
  9. New day
  10. Fennir yfir
  11. Hold

Gesamtspielzeit: 43:31 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2017-05-10 18:30:22 Uhr
Ok, Triple-Post...nach erneutem Anhören: der Erstling ist doch deutlich weniger elektronisch als ich ihn in Erinnerung hatte. Insofern schon eine Soundverschiebung.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2017-05-09 08:44:45 Uhr
Ach, "Dreaming" ist doch die unveränderte alte B-Seite (oder der 1. Track der Bonus-CD von "In The Silence"), oder? Sowas finde ich komisch.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2017-05-08 22:35:54 Uhr
Sehr ähnlich wie der Vorgänger, nur etwas schwächer. Typisches zweites Album halt.

(Ich zähle "Dýrð Í Dauðaþögn" und "In The Silence" mal als ein Album.)

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2017-05-04 22:21:57 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Gomes21

Postings: 4867

Registriert seit 20.06.2013

2017-05-02 10:21:13 Uhr
Werde vielleicht in Köln hingehen, wurde mir letztes Jahr erst von nem Kumpel empfohlen, aber ich hab ehrlichgesagt vergessen mehr als 2 Songs anzuhören.
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