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Seasurfer - Under the milkyway ... who cares

Seasurfer- Under the milkyway ... who cares

Saint Marie / Broken Silence
VÖ: 24.03.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Auf Traumfang

"Wir waren so schlecht, dass ich mich hinterher bei den Fans entschuldigt habe." Ein Spieler des Hamburger SV zur jüngsten 0:8-Niederlage gegen Bayern München? Weit gefehlt: Die Selbstbezichtigung entfuhr vielmehr Seasurfer-Gitarrist Dirk Ritter und bezieht sich auf ein missratenes Konzert seiner früheren Gothic-Band Dark Orange. Also lieber Vorsicht mit vogelwilden Vermutungen, denn Ritter geht seit dem zarten alter von sechs Jahren zum HSV und möchte darum wohl kaum an blamable Klatschen erinnert werden. Zumal sein musikalisches Selbstbewusstsein normalerweise ein ausgeprägtes ist: Für die Abmischung des Seasurfer-Debüts "Dive in" hatte der Hanseat ursprünglich Cocteau-Twins-Veteran Simon Guthrie vorgesehen, lehnte das Resultat dann aber wegen mangelnder Kantigkeit ab. Ohne Krach nun mal kein Dream-Punk.

Als solchen bezeichnete Ritter den Stil von Seasurfer seinerzeit zumindest. Will genauer gesagt heißen: Das Nebulöse von Shoegaze und Dream-Pop trifft auf in den Vordergrund gemischtes weißes Rauschen und verschärftes Tempo – als würde eine schnelle Eingreiftruppe mit Feedback-Vorschlaghämmern in Rekordzeit das Beach House abreißen und dann mit den Trümmern um sich werfen. Ein Umstand, an dem sich auf "Under the milkyway ... who cares" nichts Grundlegendes geändert hat. Im Gegensatz zum Bandgefüge: Volker Zacharias von den New-Wave-Heroen Girls Under Glass stieß hinzu, Sängerin Dorian E. stieg zugunsten ihres Electro-Glam-Duos Dear Strange aus – am Mikro steht nun Julia Beyer, ansonsten heavenly voice bei Chandeen und außerdem ehemalige Vokalistin der Synthie-Popper Technoir.

Ihre Stimme verleiht dem zweiten Seasurfer-Album oft eine noch entrücktere Note als die ihrer Vorgängerin – und treibt ihre zwei Kollegen offenbar zu Höchstleistungen an. Dem ollen Charles Baudelaire, von dem die Zeilen des französelnden Openers "Tricolore" stammen, dürften die Ohren jedenfalls bis ins Jenseits schlackern, wenn "Under the milkyway ... who cares" mit blechernem Drum-Stakkato und stürmischem Riff tosend anhebt. Das sich bedrohlich steigernde "Symétrie" schlägt kurz vor Schluss in die gleiche sprachliche Kerbe – dazwischen errichten Seasurfer gradlinigere, aber ebenso traumfängerische Songs voll knirschiger Power und opaleszierender Keyboards, bei denen sich der Gesang immer wieder in selbstvergessen tänzelnden Loops verfängt. Und vor dem geistigen Auge tauchen sowohl Glitzerfummel und das Kleine Schwarze auf.

Die "Under the milkyway ... who cares" innewohnende Dynamik speist sich dabei vor allem aus der Unwägbarkeit der durchweg exquisiten Stücke: "Too late for goodbyes" schleift im Sauseschritt kreischende Leads und reizende Vocal-Tupfer neben sich her und geht nach kurzer Verschnaufpause noch einmal in die Vollen, während "If you leave" Distortion und unbekümmerte Electronics einer unausweichlichen Kollision zuführt. Zum Singalong-Taumel des diesigen Prachtexemplars "Day dream" möchte man hingegen sofort die spätachtziger Glanztaten des 4AD-Labels hervorkramen, ehe in "By the river" eine Polizeisirene heult und das ungestüm vorwärtspreschende "Confusion" lieber die Beine in die Hand nimmt. Doch wer wird denn gleich das Weite suchen? Immerhin ist dieses Album so gut, dass sogar Plattentests.de es rezensiert hat.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Too late for goodbyes
  • If you leave
  • Day dream
  • Confusion

Tracklist

  1. Tricolore
  2. Too late for goodbyes
  3. Falling
  4. If you leave
  5. Day dream
  6. The roads we take
  7. By the river
  8. Confusion
  9. Symétrie
  10. Trust the path unseen

Gesamtspielzeit: 41:39 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Dirk Seasurfer
2017-04-13 13:05:06 Uhr
Herr Pilgrim hat es gut getroffen...Danke dafür! Nur dass er über HSV-Niederlagen erzählen muss...nun ja;-) Aber man kann die Vereine nicht wechseln wie die Unterhosen (ja, hat schon mal jemand gesagt, ist aber eben wahr). Und zu Robin (nicht Simon;-) Guthrie von den Cocteau Twins: Er bleibt auf ewig mein musikalischer Mentor und ist ein sehr cooler netter Typ! Nicht das hier etwas falsch rüberkommt.
Und Danke an Euch dafür, dass Ihr über uns schreibt, das ist für uns ganz ungewohnt als deutsche Band, die nur auf einem US-Indiegitarrenlabel veröffentlicht.
Thanx D.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2017-04-12 17:50:27 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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