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Alexandra Savior - Belladonna of sadness

Alexandra Savior- Belladonna of sadness

Columbia / Sony
VÖ: 07.04.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Aus dem Schatten

"Gähn" – so müde? Zu Beginn von "M.T.M.E.", dem sechsten Song auf "Belladonna of sadness", ist dieses universelle Zeichen körperlicher wie psychischer Erschöpfung jedenfalls deutlich zu hören. Alexandra Savior McDermott hat aber auch wirklich so einige Stolpersteine überstehen müssen, bevor ihr Debütalbum endlich das Licht der Welt erblickte. Im Herbst 2012 wurde eine gewisse Courtney Love durch eine YouTube-Coverversion des Angus-Stone-Songs "Big jet plane" auf die damals 17-Jährige aufmerksam und sagte ihr eine große Zukunft voraus. Ein halbes Jahr später modelte das junge Mädchen aus Portland nebenher, noch mal sechs Monate danach verglich Linda Perry sie mit keiner Geringeren als Fiona Apple – und schließlich winkte Columbia mit dem langersehnten Plattenvertrag.

Die Odyssee ging jedoch weiter: 2014 traf sie auf Arctic-Monkeys-Frontmann Alex Turner, zehn Minuten später schrieben sie die ersten Songs, von denen es "Miracle aligner" gar auf "Everything you've come to expect", dem zweiten Album von The Last Shadow Puppets, geschafft hat. Gemeinsam mit Turner und James Ford (Simian Mobile Disco) produzierte McDermott nun ihr Debüt, trennte sich nach diversen Kombinationen für die Bühne von ihrem Familiennamen, veröffentlichte diverse Singles – und musste sich weiter gedulden. Nicht ganz freiwillig erscheint "Belladonna of sadness" jetzt also erst ungefähr zwei Jahre nach seiner Fertigstellung. Die Warterei hinterließ, von der nachvollziehbaren Müdigkeit mal abgesehen, ihre Spuren: Das Musikgeschäft sei beschissen, gab die mittlerweile 21-Jährige zu verstehen, und man solle sich am besten nur auf die Kunst konzentrieren. Das fällt hier glücklicherweise denkbar leicht.

Einige der Songs sind nun also schon bekannt, das eingangs erwähnte "M.T.M.E." etwa, das für "Music to my ears" steht und genau solche liefert: So verführerisch und giftig wie das Nachtschattengewächs aus dem Albumtitel marschiert das gute Stück von den Ohren schnurstracks in die Beine, während McDermotts Gesang zwischen selbstbewusster Femme fatale und flehender Suchenden variiert. Überhaupt ist die Stimme hier die Allzweckwaffe: Ob glasklar wie im Indie-Western-Pop des Openers "Mirage", sehnsüchtig-sinnlich wie in der Sechzigerjahre-Romanze "Cupid" oder routiniert wie ein alter Hase in "Bones" – McDermott scheint mit keiner dieser Rollen ein Problem zu haben, sondern setzt sich stets gekonnt in Szene. Und dabei ist es nicht nur die Art, wie sie singt, sondern auch was: Halb erzählend, halb singend croont sie sich durch "Girlie" und sorgt mit ihren Worten für einen bemerkenswerten Kontrast zwischen Text und Melodie: "Her shit is sordid / She's all for it / Until her eyeballs start to bleed / She don't wanna go to sleep."

McDermott scheint eine Vorliebe für diese fast schon poetische Brutalität – oder brutale Poesie? – zu haben. Inspiriert wurde der Titel "Belladonna of sadness" vom gleichnamigen japanischen Anime-Film, in dem ein sexuell missbrauchtes Bauernmädchen der Hexerei beschuldigt wird – laut der Sängerin das Schönste, das sie je gesehen hat. Und auch ihre Songs wandeln stets zwischen den Extremen Himmel und Hölle. Der synthiegeladene Rumpel-Lounge-Pop in "'Til you're mine" macht aus der eben Verlassenen schnell die gruselige Verfolgerin, und auch "Vanishing point" mitsamt seiner unheilschwangeren Instrumentierung nimmt in seinem Verlauf immer beklemmendere, stalkerhafte Züge an: "Oh, until the vanishing point / And baby, not a moment before / You're a thousand times mine / And I am a thousand yours." Das geht im besten und zugleich unangenehmsten Sinne unter die Haut, bitter und süß ist es – und auch deshalb so spannend: Lange hat es gedauert, bis Alexandra Savior McDermott endlich so konnte, wie sie wollte. Und jetzt lauert sie scheinbar überall.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Mirage
  • Cupid
  • 'Til you're mine

Tracklist

  1. Mirage
  2. Bones
  3. Shades
  4. Girlie
  5. Frankie
  6. M.T.M.E
  7. Audeline
  8. Cupid
  9. 'Til you're mine
  10. Varnishing point
  11. Mystery girl

Gesamtspielzeit: 41:06 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

myx

Postings: 4640

Registriert seit 16.10.2016

2022-02-20 20:25:22 Uhr
Der Opener "Soft Currents" klingt schon mal vielversprechend, werde ich mir gerne in den nächsten Tagen komplett anhören.

Deaf

Postings: 2653

Registriert seit 14.06.2013

2022-02-20 20:02:38 Uhr
https://alexandrasavior.bandcamp.com/album/the-archer

Deaf

Postings: 2653

Registriert seit 14.06.2013

2022-02-20 20:01:49 Uhr
Gerade erst entdeckt. Schade, dass der deutlich bessere Nachfolger "The Archer", der im Januar 2020 veröffentlicht wurde, hier weder rezensiert noch sonstwie beachtet wurde. Songs wie "But You" oder "Crying All The Time" mag ich lieber als alles von Lana Del Rey.
Vater von Dennisol
2017-04-16 11:06:01 Uhr
Sei nicht so kritisch, Sohn.
Dennisol
2017-04-15 22:59:11 Uhr
Gute Voraussetzungen, leider sehr wenig draus gemacht. 6/10 oder so.
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