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Oddisee - The iceberg

Oddisee- The iceberg

Mello / Membran
VÖ: 24.03.2017

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Gerade ich seh

Sunday ist ja bekanntermaßen pun day. Dumm, dass jetzt, wenn die Rezension online geht, Dienstag ist. Aber als der Rezensent endlich hinter das Wortspiel in Oddisees Namen kam, sah er ungefähr so aus wie Twitternutzer "@McJesse", als er die Wortschöpfung bei The Beatles durchschaute. Für schräge Weltsichten muss man an sich nicht zu haben sein, wenn man sich mit dem Rap des US-Amerikaners beschäftigt. Eine gewisse Offenheit ist aber durchaus erforderlich. Denn Amir Mohamed el Khalifa kombiniert seit jeher munter Jazzanleihen mit klassischen Boom-Bap-Beats und unüberhörbaren East-Coast-Einflüssen. So auch auf "The iceberg".

Das klingt ein bisschen so, als hätten The Roots es nicht immer so eilig oder würden sich einfach mal auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Die Instrumentierung bleibt fast durchweg organisch und ebenso gechillt. Das Album eröffnet mit softer Trompete und smoothem Fingerschnipsen. Zeit also, sich zu entspannen, wenn man das achte Studiowerk des Washingtoners auflegt. Das Schlagzeug zieht hier und da an, lässt die Stimmung aber angenehm flowen. Oddisee legt in Sachen Geschwindigkeit zwar immer wieder ordentlich vor, die Hook bremst aber jedes Mal unnachgiebig aus – "Digging deep", aber man hat ja keine Eile. Wer trotz aller Relaxation beim folgenden "Things" nicht mitklatscht, ist wohl beim Nichtstun versehentlich verschieden. Das titel-featurende Sample ist einigermaßen penetrant, bildet dabei aber das verbindende Element von Rap und Beat und funktioniert als solches hervorragend.

"Build by pictures" lässt die Drums Triolen schlagen, Tuba, Tasten und ein Theremin machen – Achtung, Oxymoron – krachende Lounge-Musik. "I'm a Phoenix, I went from ashes to classes", erklärt der Rapper. Leicht hatte er es mit seinen sudanesisch-muslimischen Wurzeln sicher nicht immer. Das folgende "You grew up" nimmt das Thema auf. Der vielleicht anorganischste Titel auf "The iceberg" erzählt von einer Entfremdung. Aus Freunden werden Feinde: "Many years apart, I recognized him in the news / He shot a black man that was sitting in his car" – welcome to Trump's America. Doch noch ist nichts verloren: "NNGE" setzt, unterstützt von Toine, ein Ausrufezeichen hinter die Unverwüstlichkeit der afroamerikanischen Gemeinde – auch das Video ist sehr sehenswert. "Like really" zeigt weißer Scheinheiligkeit noch mal direkt den Mittelfinger: "How you saying all lives matter when the stats say we are not adjacent?"

Die Platte ist voller solcher Statements, denn Oddisee ahnt, worauf die Vereinigten Staaten da zusteuern: Einen verdammten Eisberg eben. "I just wanna be happy, I just wanna be free" erklärt er in "Want to be" zwischen Funkgitarre und gedämpften Bläsern. So einfach ist das nur leider nicht. Das abschließende "Rights & wrongs" weiß nämlich, gefeatured vom mittlerweile in Berlin beheimateten Soul-Sänger Olivier St.Louis und untermalt von Wah-Wah sowie nervöser Hi-Hat, dass der Blinkwinkel eben unterschiedlichste Realitäten schafft: "I would kill to save life." Der Track erscheint dabei wie eine niemals nervende Version von Gnarls Barkleys "Crazy", untermauert von Oddisees Double-Time und lyrischer Wertigkeit. Da hat jemand ganz offenbar begriffen, wie der Hase läuft. Aber "Evenisee" wäre halt echt kein guter Name.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Digging deep
  • Build by pictures
  • You grew up
  • NNGE (feat. Toine)
  • Rights & wrongs (feat. Olivier St. Louis)

Tracklist

  1. Digging deep
  2. Things
  3. Built by pictures
  4. Hold it back
  5. You grew up
  6. NNGE (feat. Toine)
  7. Like really
  8. Want to be
  9. This girl I know
  10. Waiting outside
  11. Rain dance
  12. Rights & wrongs (feat. Olivier St. Louis)

Gesamtspielzeit: 47:42 min.

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User Beitrag

Pascal

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 651

Registriert seit 13.02.2013

2017-04-06 23:40:00 Uhr
Whaaat?! Gerade lyrisch ist das Ding bombastisch!
Hendrik
2017-04-06 11:43:24 Uhr
Verglichen mit den Vorgängern ein absoluter Schnarcher. Schade.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2017-04-04 10:10:52 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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