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Adna - Closure

Adna- Closure

Despotz / Cargo
VÖ: 17.03.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Jung ist das neue Alt

Wenn man 30 wird, stellt man vielleicht das erste Mal fest, dass man alt wird. Natürlich ist das ein Klischee, aber gerade als Musikliebhaber wird es einem immer wieder anschaulichst vor Augen geführt. Adna ist 23 und veröffentlicht nun schon ihr drittes Album – und alle drei sind sie auch noch gut. "Was hab ich nur aus meinem Leben gemacht?", mag sich der ein oder andere fragen, der schon ein paar mehr Lenze auf dem Buckel hat als die junge Schwedin. "I don't even know what I need / All I want is before" singt Adna auf "Closure" und scheint damit ähnlichen Problemen begegnen zu müssen wie der Plattentests.de-Durchschnittsleser. Nur, dass sie ihre Gedanken eben nicht in einem von Trollen unterwanderten Forum kundtut, sondern im dreampoppig-folkigen Gewand melancholischster Natur auf Platte pressen lässt.

Die Dramatik auf "Closure" mag juvenil erscheinen, dabei ist es genau das, was sich alte Säcke mit gutem Herzen wünschen: Endlich mal wieder etwas, das bewegt. Da ist zum Beispiel das herzergreifende "Overthinking", das für jeden Schritt nach vorn wieder zwei zurück gehen muss. Die musikalische Farbgebung ruft Erinnerungen an The xx wach, wobei Adna stimmlich ausbricht. "Honey, I'm going home", seufzt die Wahlberlinerin, während die Instrumentierung fast verstummt. Zwischen Hilferuf und klarer Ansage steckt Adna in der Zwickmühle. Die kann auch "Leave" nicht aufbrechen: Das Piano ist so tief im Moll verankert, dass die Hoffnung schier gänzlich verfliegt. Die Skandinavierin findet keinen Weg aus der Misere, auch ihr Falsett ist dabei nicht hilfreich: "Never gonna dream again", befürchtet die Sängerin. Es ist der stärkste Titel der Platte. Mit "Soaked eyes" liefert Adna ein weiteres tragisch-schönes Klagelied.

"Thoughts" wählt positivere Ansätze: Eine gezupfte E-Gitarre, eine stoische Bassdrum und viel Hall schaffen eine liebevoll-freudige Stimmung. Der Chorus erscheint gar recht poppig. Adna singt ihrem oder ihrer Angebeteten entgegen, mit viel mehr Love, als man sonst so in der Hosentasche mit sich herumträgt. "Someone's someone" beruft sich gleichermaßen auf das höchste aller Gefühle, eröffnet gesummt und gleitet behutsam in Richtung Aufbruch. Der Break erfolgt nach etwa zweieinhalb Minuten, als reiße der wolkige Himmel auf: Percussions setzen ein, Adnas sonst oft flüsterleise Stimme gewinnt an Stärke. In "If" zeigt sie sich fast gefestigt. Die plätschernde Instrumentierung akzeptiert den Lauf der Dinge, der Gesang ringt tapfer mit drohenden Turbulenzen. Ähnlich gestaltet sich das ebenso tolle "Hide me in smoke".

Es ist schon beeindruckend, wie souverän die 23-Jährige musiziert: Derartige Höhen und Tiefen, wie sie auf "Closure" lauern, umschifft selbst manch erfahrenerer Kollege aus Sicherheitsgründen lieber. Andererseits zeigt sie mit ihrem neuen Werk, dass derlei schnöde Altersvergleiche wie zu Beginn dieses Textes allenfalls für halbgare Einleitungen taugen. Der Rezensent gelobt Besserung, was das angeht – und attestiert Adna zumindest eine "alte Seele".

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Overthinking
  • Leave
  • Thoughts

Tracklist

  1. Closure
  2. Overthinking
  3. Leave
  4. Now
  5. Thoughts
  6. If
  7. Soaked eyes
  8. Hide me in smoke
  9. Someone's someone

Gesamtspielzeit: 32:07 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

myx

Postings: 5511

Registriert seit 16.10.2016

2017-06-16 10:37:32 Uhr
Zum Titelsong "Closure" gibt es neu ein Video:

https://www.youtube.com/watch?v=JwboDP-p7n4

Pascal

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 651

Registriert seit 13.02.2013

2017-04-04 16:24:16 Uhr
Hab Marilies Jagsch mal noch in die Referenzen gepackt. Wobei ich sie schon etwas klarer folkig finde, als Adna.

myx

Postings: 5511

Registriert seit 16.10.2016

2017-04-04 07:46:59 Uhr
Schöne Referenz, Randwer. "Thank You" und "Shadow And Light" sind schon mal zwei tolle Songs. Das Album "Obituary For A Lost Mind" kommt auf meine Wunschliste.

Randwer

Postings: 3577

Registriert seit 14.05.2014

2017-04-02 13:42:21 Uhr
Bin ich der einzige, den sie stark an Marilies Jagsch erinnert?

myx

Postings: 5511

Registriert seit 16.10.2016

2017-04-01 10:04:56 Uhr
So - endlich Zeit, mich über die 7/10 für Adna zu freuen. :-)

"Dreampoppiger Folk melancholischster Natur" ist eine ganz treffende Bezeichnung für die dunkel angehauchte Musik der Schwedin (oder auch "Dark Pop", wie Steff kurz und richtig sagt). Und ich gebe Pascal auch recht, dass das wunderschön zarte "Leave" einer der stärksten Titel des Albums ist. Weitere Favoriten sind für mich der Opener "Closure" mit seinem herrlich stampfenden Rhythmus, das verhallte und in die Weite atmende "If" und natürlich der grandiose Vorab-Song "Overthinking". - Nur Pascals Formulierung "alter Sack" für den bewegten Zuhörer und Fan des Albums verbitte ich mir hiermit ganz ausdrücklich!! ;-))

Sowohl Steff als auch Pascal schreiben unisono, dass schon die ersten beiden Alben von Adna gut sind. Gestern ist das Debüt "Night" bei mir eingetrudelt. Werde ich mir dieses Wochenende anhören und freue mich schon sehr!
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