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Migos - Culture

Migos- Culture

Quality Control / 300
VÖ: 27.01.2017

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Tick, Trick und Trap

Ach, war das früher schön: Der Rapper saß auf der Bordsteinkante, notierte aufmerksam die Geschehnisse um sich herum und dokumentierte sie in düsterer Straßenpoesie, die mindestens an einen amerikanischen Dichterfürsten wie Walt Whitman herankam – wenn nicht sogar ihn übertrumpfte. So jedenfalls die Legende, die der Onkel jeden Abend seinen Neffen Tick, Trick und Track, ähm, Offset, Quavo und Takeoff mit einem fetten Blunt in der Hand erzählte. Und schließlich selig auf dem Sofa einschlief, während die Platte und seine Story auf dem bereits ordentlich zerkratzten Vinyl sprangen.

Okay, das mit dem Onkel war natürlich nur ausgedacht, und die einzige Verbindung nach Entenhausen dürften die Familienbande der drei Migos sein: Hier handelt es sich um Onkel, Neffe und Cousin aus Atlanta, die alles daran gesetzt haben, auch mal in Gold zu schwimmen (wie Dagobert, also doch noch eine zweite Verbindung). Da wurde der lokale DJ mit Drinks bestochen, um den eingängigen und reduzierten Trap-Sound zu verbreiten und natürlich fleißig Mixtapes hochgeladen. Mit geschicktem Marketing hat es das Familien-Unternehmen auf Platz 1 der Billboard-Charts geschafft, was Neider und Hater süffisant als einziges Alleinstellungsmerkmal von Migos bezeichnen. Sogar Robin Pecknold von Fleet Foxes, die ansonsten wenige Berührungspunkte mit HipHop haben, nahm den Hit "Bad and boujee" zum Anlass, mit David Longstreth von Dirty Projectors auf Instagram über die heutige Musiklandschaft zu ranten.

Wer also schon in diesen Kreisen ein Thema ist, hat es definitiv geschafft und könnte sich eigentlich entspannen, aber mit Versöhnung haben es die drei Ausrufezeichen des US-HipHop nicht. Als Intro tönt einem auf ihrem Zweitwerk "Culture" ein giftiger DJ Khaled entgegen, der sich über die "Fuckboys" aufregt, die der Karriere von Migos einst im Weg standen. Auf diese wüste Tirade folgen Trap-Beats und Autotune – ein Konzept, das sich durch das ganze Album zieht. Man muss den Kritikern schon Recht geben: Musikalisch und vor allem lyrisch sind Migos keine Konkurrenz für einen deutlich wortgewandteren Kendrick Lamar, der fleißig weiter an einer Fusion aus Jazz und HipHop arbeitet.

Es ist jedoch die Attitüde, die gewinnt. Der Dirty South ist hier zu jeder Zeit greifbar, in seinen besten Momenten ist "Culture" nicht weit von den Crack-Rappern von Clipse entfernt, wenn auch stärker dem materialistischen Lifestyle huldigend. Ob es sich hierbei um gelungene Satire oder doch Ernst handelt, ist wie bei dem deutschsprachigen Trap-Trittbrettfahrer Moneyboy nicht mehr auszumachen. "Culture" wäre in beiden Fällen der passende Soundtrack. Migos haben sich ihren eigenen Kosmos erschaffen, mit eigenem Slang, in dem von "boujee" und "nawf" die Rede ist. Man könnte denken, dass so etwas außerhalb ihrer Heimat Atlanta niemanden juckt, aber wenn selbst der österreichische Wortschatzmeister Moneyboy im Trap-Gewand das Jugendwort des Jahres stellt, wird klar: Migos gehören zu einem Movement, das derzeit weltweit eine Generation prägt. Sie haben es von der Straße nach oben geschafft, also kann der Legenden-Onkel oben auch beruhigt schlafen. Denn nicht nur dessen Storys beweisen: Geschichte wiederholt sich, auch im sich stetig ändernden Soundgewand.

(Rinko Heidrich)

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Highlights

  • T-shirt
  • Bad and boujee (feat. Lil Uzi Vert)
  • Kelly Price (feat. Travis Scott)

Tracklist

  1. Culture (Intro) (feat. DJ Khaled)
  2. T-shirt
  3. Call casting
  4. Bad and boujee (feat. Lil Uzi Vert)
  5. Get right witcha
  6. Slippery (feat. Gucci Mane)
  7. Big on big
  8. What the price
  9. Brown paper bag
  10. Deadz (feat. 2 Chainz)
  11. All ass
  12. Kelly Price (feat. Travis Scott)
  13. Out yo way

Gesamtspielzeit: 58:19 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Schwarz (der echte)
2017-03-02 12:03:33 Uhr
Gute Rezension tatsächlich. So wie sich das liest, wäre aber auch locker ein verdienter Punkt mehr drin gewesen. Trap auf Albumlänge funktioniert für mich in den seltensten Fällen. Von daher finde ich Culture umso bemerkenswerter.

Migos mit Kendrick Lamar zu vergleichen ist ürigens so sinnvoll wie eine Drei Akkorde Rumpel-Punkband mit Sufjan Stevens o.ä. zu vergleichen. Ist halt eine komplett andere Art von Rap.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28498

Registriert seit 08.01.2012

2017-03-01 22:19:17 Uhr
:-D

fitzkrawallo

Postings: 1662

Registriert seit 13.06.2013

2017-03-01 22:16:53 Uhr
Schön jedenfalls, dass bei den passenden Threads im Plattentests-Forum sämtliche Amigos-Threads aufgeführt sind.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28498

Registriert seit 08.01.2012

2017-03-01 20:51:22 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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