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Patrick Richardt - Soll die Zeit doch vergehen

Patrick Richardt- Soll die Zeit doch vergehen

Grand Hotel Van Cleef / Indigo
VÖ: 03.03.2017

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

So seltsam durch den Tag

Warum singt ein Krefelder vom Hafen? Warum tut ein Wiesbadener das? Ganz klar: Am Hafen, da hat der Mensch die Sehnsucht in die Landschaft gepflastert. Der Wiesbadener, das ist Gisbert zu Knyphausen, dessen Herz auf dem 2010er Album "Hurra! Hurra! So nicht." im wunderbaren "Kräne" geplättet vom Eindruck krachender Container ebenso zu poltern begann. Der Krefelder, das ist Patrick Richardt. Eine Art Gisbert light, mochte man nach seinem Debüt "So, wie nach Kriegen" von 2013 fast sagen. Vier Jahre danach und mit "Soll die Zeit doch vergehen" erscheint der 28-Jährige emanzipierter, und während der adelige Kollege einst von der leidigen Melancholie sang, eröffnet der Bürgerliche sein neues Album mit "Euphorie".

Getragen von ebendieser baut sich über die Platte hinweg eine lebensbejahende Atmosphäre auf, die schließlich im Hafen-Sehnsuchts-Titel "Alte Dame, weite Welt" so sehr kulminiert, dass Trompeten aufspielen und Richardts Piano-Gitarren-Pop tragen. Das ist einerseits launig für Zuhausebleibende, andererseits fordert es das Fernweh zum Tanz, wie der Bub im Text, der mit seinen Großeltern hinunter zum Fluss hoppst. Der Singer-Songwriter schafft es im Verlauf seines Zweitwerks immer wieder, die Seele anzustupsen. Zum Beispiel im Benjamin von Stuckrad-Barre grüßenden "Panikherz": Zwischen wilden E-Gitarren und Lo-Fi-Verzerrer auf der Stimme schwoft das verunsicherte Pumporgan im Cha-Cha-Cha, und das ist dabei vielmehr aufregend als beängstigend.

Die sich anschließenden Fragen stellt "Wie weit", das mit Akustischer auskommt, gleichzeitig jedoch Violinen hinzufügt. "Wie weit bis zur Unendlichkeit?", möchte der Sänger wissen und fürchtet sich vor verschenkter Zeit. Jene hat er im Titeltrack aber doch genug: Phlegma als Lifestyle, "fuck it all" wie in Tocotronics "Kapitulation", aber mit positiver Konnotation und Singalong. Wenn es denn doch mal nicht so läuft wie erhofft, dann hilft "König Alkohol". Ja, Binsenweisheit, aber im schönsten Gewand, denn die Vorzüge des flüssigen Wirkverstärkers bleiben allzu oft ungenannt – zumindest ohne dass gleich der Sitznachbar "Malle ist nur einmal im Jahr" brüllt.

Knappe 40 Minuten hat sich Patrick Richardt mit der Machete durch das Lebens-Dickicht geschlagen, hat Irrungen wie Wirrungen thematisiert und mit positiver Polung und in bester "Hadouken"-Manier weggeträllert und -geklampft, da trifft sie ihn doch noch einmal, die alte Feindfreundin von Kollege zu Knyphausen, die Melancholie. "In leiser Hoffnung" verbleibt der Barde, verteufelt Abschiede, wimmert "Uh-huh" und lässt durchsickern, dass Durchhalten nicht immer so einfach ist. Ein Allheilmittel für Verdruss aller Art besorgt womöglich eine Hafenrundfahrt, oder, wenn die Zeit es erlaubt, ein Date: Die "Alte Dame, weite Welt" ist nur einen Gedankenschweif entfernt.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • Soll die Zeit doch vergehen
  • König Alkohol
  • Alte Dame, weite Welt

Tracklist

  1. Euphorie
  2. Rotterdam
  3. Soll die Zeit doch vergehen
  4. I.D.E.A.L.
  5. Wüste Sahara
  6. Hand auf's Herz
  7. Sag' mir Bescheid
  8. Tanzen gehen
  9. König Alkohol
  10. Zu Dir, zu uns, zurück
  11. Panikherz
  12. Wie weit
  13. Alte Dame, weite Welt
  14. In leiser Hoffnung

Gesamtspielzeit: 44:39 min.

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Postings: 1896

Registriert seit 25.09.2014

2019-11-03 21:30:44 Uhr
Jetzt mal entdeckt. Irgendwo zwischen Gisbert, Bosse und Ansa Sauermann. Gefällt mir gut.

musie

Postings: 3751

Registriert seit 14.06.2013

2017-03-09 13:51:31 Uhr
Ein sehr gutes Album. Werde ich noch vermehrt hören, gefällt mir gut.
Editor
2017-02-22 21:39:53 Uhr
"I.D.E.A.L" klingt gut. Erinnerte mich ein wenig an Tomte.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2017-02-22 21:18:35 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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