Leoniden - Leoniden

Two Peace Signs / GoodToGo
VÖ: 24.02.2017
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Unnordisch by nature
An den Zufahrtsstraßen sieht man die Werbeflächen schon vor sich: "Willkommen in Ihrem wohl heißesten Sommer!", "Knackige Beats und schwitzige Nächte – das gibt's nur hier!" Wo wir uns befinden? Ganz eindeutig: in Kiel an der Ostsee. Bislang fehlte der Hauptstadt Schleswig-Holsteins neben des mediterranen Klimas jedoch auch der typische Soundtrack, um als Hotspot für hippe Strandpartys infrage zu kommen. Genau dies betrachteten fünf Söhne der Stadt alias Leoniden als ihren Auftrag. Und siehe da: Nach etlichen umjubelten Shows, zwei EPs, langer Tüftelei am ersten Album bei einem Hang zum Perfektionismus sowie drei großen Schippen Gelassenheit und Geduld – was dann wohl wirklich typisch nordisch ist –, wirft die junge Band nun endlich ihr Debüt unters tanzwütige Volk.
Unlängst krähten die üblich verdächtigen Musikblogs und -blätter im Lande, man habe es hier mit der derzeit spannendsten Newcomer-Band Deutschlands zu tun. Selbst wenn ihr Sound beim ersten Antesten zunächst nicht großartig innovativ wirkt, lohnt die volle Aufmerksamkeit. Denn dieses Debüt ist frisch wie lange nichts. Synth-Pop? Punkrock? Neo-R'n'B? HipHop? Die Schubladen stecke man sich bitte sonstwohin. Weil diese Band gleich drölfzwanzig ausgelatschte wie moderne Subgenres an ein und dieselbe Wäschespinne hängt und dieser im Stile dreier Kleinkinder einen zwölffachen Frischluft-Drehwurm verpasst. Wie das klingt? Nach Gitarre, Bass, Synthies, Drums und Beats. Die Regler? Stehen über die volle Spielzeit weit oben, festgezurrt auf Laune, Euphorie und maximale Bewegung.
Weil Beats wie Drums mit derart viel Punch um die Ecke kommen, toll aufeinander abgestimmt sind, heißt die Maxime: zappeln auf der Tanzfläche, lautes Mitsingen an der Beach-Bar, heftiges Fußwippen im Strandkorb. Allen voran der schon von der "Two peace signs"-EP bekannte, euphorische Indie-Hit "1990" und natürlich die sich gegen Ende famos überschlagende Single "Nevermind". Auch "Doves" zuckt, groovt und rockt gleichzeitig, und nicht nur weil "City" in aller Lässigkeit einstige Phoenix-Rafinesse in modernem Gewand verkörpert, hört man in jeder Rille dieser Platte Talent und überschäumendes Selbstbewusstsein einer jungen Truppe, für die der wuchtigste Meteor-Sturm als Namensgeber gerade so genügt. Und bei der das eigene Label von Anfang an quasi das Normalste der Welt ist.
Doch "Leoniden" ist kein typisches, vorhersehbares Indierock-Album: Es überrascht. Mit dem feinen Neo-R'n'B-meets-Britpop-Stück "Remote", mit der George-Michael-Verbeugung "North", mit Kitsch und Falsett-Chören im Boyband-Verschnitt "The tired". Oder dem eigenwilligen Synth-Pop von "Sisters", der Frank Ocean, Alt-J und James Murphy gleichermaßen aufhorchen lässt. Doch all das Namedropping ist am Ende obsolet, weil die Spezialität des Fünfers einmal mehr die stets euphorischen Songfinals sind, die klar den Leoniden-Stempel tragen. Und weil es in ihrem Sound keine Grenzen zu geben scheint, wie das phänomenale "Iron tusk" beweist: Das Stück startet als funky Popsong, bevor der Hörer sich ab Minute zwei plötzlich mitten in einem The-Mars-Volta-Song(!) aus den Sessions zu "De-loused in the comatorium" befindet: berstende Gitarren, vertrackte Rhythmik, gnadenloses Tempo. Warum auch immer das alles so spielend zusammengeht? Das ist rational kaum zu begründen – jedoch wohl realer als das mediterrane Flair von Kiel.
Highlights
- Nevermind
- 1990
- Iron tusk
- Remote
- City
Tracklist
- Nevermind
- 1990
- The tired
- Iron tusk
- Doves
- Remote
- Sisters
- Storm
- North
- City
- Two peace signs
- Eleven hands
Gesamtspielzeit: 36:11 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Von TMV zu MTV |
2018-06-23 16:57:06 Uhr
Bin ich ein verbitterter Internet Waschlappen, wenn die einzige Emotion, die der Output dieser Band in mir weckt, das Gefühl von Ekel beim Anblick erwachsener Männer ist, welche eine Form künstlerischen Ausdrucks, die das Potenzial zur Subversion mitbringt, dafür ausnutzen, um ihre Chance zu erhöhen, von unerfahrenen, jungen Frauen einen geblasen zu bekommen, da ich unfähig bin, Pop Musik Apologetik anders zu deuten? |
Pure_Massacre Postings: 52 Registriert seit 14.06.2013 |
2018-06-22 20:00:17 Uhr
Der Vorgänger hatte einige Hits. Die Single kann da aufs erste Hören "fast" anknüpfen. |
eric Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 2703 Registriert seit 14.06.2013 |
2018-06-22 12:25:25 Uhr - Newsbeitrag
Ordentliche neue Single, neues Album "Again" kommt auch bald. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 24608 Registriert seit 08.01.2012 |
2018-02-26 19:01:06 Uhr - Newsbeitrag
Erst letzte Woche feierte ihr Debütalbum den ersten Geburtstag, doch in Kiel kennt man keinen Schlaf! Nach einem kompletten Jahr im Fast-Forward-Modus gönnen sich die Leoniden keine Pause und kündigen heute die "Kids Will Unite" Tour an. Neue Musik hat die Band im Herbst natürlich ebenfalls im Gepäck...Die "Kids Will Unite" Tour führt die Band durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und Luxemburg. Tickets für alle Konzerte sind ab jetzt unter www.krasserstoff.com/leoniden und allen gängigen Vorverkaufsstellen erhältlich. Bitte kündigt die Termine ab jetzt über eure Kanäle an! Leoniden - "Kids Will Unite" Tour 2018 präsentiert von DIFFUS, NOISEY, Spotify, taz & VOLUME (Österreich) 01.11. Bremen, Tower 02.11. Göttingen, Musa 03.11. Münster, Gleis 22 07.11. Hamburg, Knust 08.11. Berlin, Lido 09.11. Leipzig, Naumanns 10.11. Chemnitz, Atomino 12.11. AT - Wien, B72 14.11. AT - Graz, Forum Stadtpark 15.11. AT - Salzburg, Rockhouse 16.11. AT - Linz, Posthof 21.11. CH - Zürich, Exil 22.11. CH - Bern, Rössli 23.11. CH - Basel, Sommercasino 24.11. Freiburg, ArTik 25.11. Heidelberg, Halle 02 Club 27.11. Stuttgart, ClubCann 28.11. LUX - Luxemburg, Rotondes 29.11. Wiesbaden, Schlachthof 04.12. Aachen, Musikbunker 05.12. Köln, Gebäude 9 06.12. Oberhausen, Druckluft 07.12. Hannover, Musikzentrum 08.12. Rostock, Peter-Weiss-Haus 14.12. Kiel, Pumpe |
fm1 |
2017-09-18 11:55:13 Uhr
Gerade erst entdeckt, richtig tolle Platte. Finde ich besonders erstaunlich, da es sich ja um ein Erstlingswerk einer deutschen Band handelt; klingt für mich weder deutsch noch nach erstem Versuch. ;-) |
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Referenzen
Team Me; LCD Soundsystem; Foals; The Robocop Kraus; Portugal.The Man; Two Door Cinema Club; Alt-J; Phoenix; At The Drive-In; Enter Shikari; Frank Ocean; N'Sync; Timbaland; Chromeo; The 1975; Passion Pit; MGMT; The Mars Volta; Shout Out Louds; Minus The Bear; Los Campesinos!; Vampire Weekend; Talking Heads; George Michael; David Bowie; Fall Out Boy; Third Eye Blind; Razorlight; Tame Impala; Hot Chip; Menomena; Fun.; Panic! At The Disco; The Mars Volta; Huey Lewis; Peace; The Kooks; White Lies; Coasts; Jon Hopkins; Noah And The Whale; Marina & The Diamonds; The Kinks; The Beatles; The Jam; The Stooges
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