Sally Crewe & The Sudden Moves - Drive it like you stole it

12XU / Zomba
VÖ: 24.02.2003
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Abgefahren
Sonderlich oft passiert es nicht, aber es passiert. Man bekommt ein Album in die Hände, das zunächst nicht den geringsten Anlaß bietet, gehört zu werden. Wie bei Sally Crewe. Ein blonder laufender Meter steht in einem Straßentunnel und guckt ziemlich dumm aus der Wäsche. Und noch dazu klingen Bandname und Albumtitel nicht sonderlich einladend. Sondern eher nach einer amerikanischen Singer-Songwriterin auf todlangweiligem Selbstfindungstrip, wie es bereits tausendmal gehört wurde und eigentlich nie wieder gehört werden will. Irgendwie findet das Album dann doch den Weg in den Player. Und man traut seinen Ohren kaum.
In Sekunden stürzen all die wunderschön zurechtgelegten Vorurteile in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Mauerblümchen auf Selbstfindung? Von wegen. Sally Crewe stammt aus dem schönen Leeds und hat mit all den anderen sensiblen Singer/Songwriterinnen in etwa so viel zu tun wie die No Angels mit Heavy Metal. "Drive it like you stole it" rockt, und das so reduziert wie nur möglich. Staubtrocken. Und so cool, daß man seine Lautsprecher vor Frostbeulen schützen muß.
Mit den beiden Spoon-Köpfe Jim Eno und Britt Daniel im Rücken zaubert Sally Crewe einen Ohrwurm nach dem anderen aus dem Ärmel ihres merkwürdigen "12"-Shirts. Unterlegt mit dezenten Lo-Fi-Gitarren Marke Strokes und einem verhuschten Piano, schmecken ihre Songs wie ein Schokoriegel. Sehr lecker und glücklichmachend zwar, aber grundsätzlich zu kurz. Kein einziger aus dem Dutzend Liedchen überschreitet die Drei Minuten-Grenze, die meisten bleiben gar weit darunter. Und so schafft es Sally Crewe gar, die legendäre Weezer-Spieldauer um zwei Minuten zu unterbieten.
Aber nicht erst auf der unwiderstehlichen Dauerrotation schließt man Kleinode wie "Drive it like you stole it" oder "ABC (Waiting for you)" ins Herz. Und ehe man sich versieht, trällert man tagein, tagaus Zeilen wie "I live by the window / A B C D E F G H I can hear the wind blow / I don't mind anymore / Cause I was waiting for you" vor sich hin. So etwas nennt man wohl A-Ha-Effekt. Und weiß plötzlich, wieso Sally Crewe so seltsam dreinblickt. Sie hat einen in der Hand. Und lacht sich heimlich ins Fäustchen.
Highlights
- Drive it like you stole it
- Wake up the heroes
- ABC (Waiting for you)
Tracklist
- Tonight
- Drive it like you stole it
- The loan sharks
- Friend of the city
- Everything to lose
- 0-60
- Silver
- Wake up the heroes
- Got a car, got a job
- ABC (Waiting for you)
- Forget it
- Lying about my age
Gesamtspielzeit: 26:20 min.
Referenzen
The Bangles; Liz Phair; Veruca Salt; Letters To Cleo; That Dog; Sleater-Kinney; Mary Timony; Juliana Hatfield; Blake Babies; Tanya Donelly; Belly; The Breeders; The New Pornographers; The Muffs; Dover; Hole; Throwing Muses; Michelle Shocked; Spoon; The Strokes; Pavement; The Lemonheads