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Fraktus II - Optische Täuschung

Fraktus II- Optische Täuschung

Klangbad / Broken Silence
VÖ: 09.12.2016

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Bleich wie der Wand

Es war eine der aberwitzigsten Szenen in Studio Brauns Mockumentary "Fraktus" – und gleichzeitig irgendwie auch eine der traurigsten. Nach Auflösung der zerstrittenen deutschen Elektronik-Pioniere hatte sich Soundtüftler Bernd Wand ins Private zurückgezogen. Genauer gesagt ins Optikergeschäft seiner Eltern in Brunsbüttel, wo er als Fraktus II zusammen mit den Erzeugern im Eigenheim rückwärtsgewandtes Minimal-Synthie-Geknörmel verbrach. Wie man inzwischen weiß, kam alles anders: Fraktus nahmen das umjubelte Reunion-Album "Millennium edition" auf, feierten ein tosendes Live-Comeback und erfanden später sogar das Internet. Doch "Optische Täuschung", Erstling des familiären Nebenprojekts und nett benannt nach dem Hauptberuf der Beteiligten, ist nun nicht weniger als eine Kampfansage. Gar nicht bezau-Bernd nämlich: Auf dem Innencover bestellt Wand die Kollegen Torsten Bage und Dickie Schubert zum Rapport ein und erklärt sämtliche vorherigen Fraktus-Veröffentlichungen für nichtig. Wo das wohl endet?

Fürs erste bei einem wunschgemäß außerirdischen Spin-off zur Spinnerei oder wahlweise auf einem Frührentner-Rave statt im Rock'n'Roll-Altersheim. Der stets bleiche, hypochrondrische Soziopath Wand ist dabei erneut eine Paraderolle für Jacques Palminger – und "Optische Täuschung" ein im Vergleich zum Original verspielteres, dichter an der analogen Grasnarbe operierendes Album. Dafür sorgt wie auf "Millennium edition" Carsten Meyer alias Erobique, der die acht Tracks in ein comicartig fiependes und blubberndes Früh-Elektro-Kostüm steckt. Eigentlicher Star der Veranstaltung ist jedoch eine Frau: Kinodarstellerin Margit Laue gibt auch hier Mutter Wand, lässt in "Farben und Verläufe" zur schmurgelnden Orgel von Faust-Veteran Hans-Joachim Irmler die überkandidelte Dada-Diva raushängen oder geriert sich über den Laserkanonen-Sounds von "Glossomanie" als nörgelnde Xanthippe. Und gerade gegen diesen scharfkantigen Knarz-Opener nimmt sich jeder Deichkind-Rap wie ein vertonter Bausparvertrag aus.

Für Palminger bleibt in dieser verpeilten Umgebung auf die knappe Spielzeit gesehen nicht allzu viel Platz: Allenfalls erteilt er Laues Reiseplänen in "Paris New York" störrisch eine kleinbürgerliche Absage oder rezitiert bei "Medikation" Beipackzettel und Krankheitssymptome, während die Frau Mama fordert: "Nimm die Schrägoletten, die LED-Tabletten!" Und würde sie versehentlich in die Schublade mit dem Lysergsäurediethylamid greifen, hätte das annähernd den gleichen Effekt, nachdem schon "Die Rache der Schildkröten" einen von Substanzen umwehten Ambient-Wachtraum um renitente Terrarien-Bewohner inszenierte. Doch bald ist Ruhe in der Optiker-Doppelhaushälfte: Mutter Wand singt ihrem Bernd das nachgerade rührende Schlaflied "Rosa Elefanten", und ein oft herzerwärmendes, nur selten leicht blödes Album findet sein friedvolles Ende. Zumindest bis Bage und vor allem Schubert zwecks nächster Reunion wieder anklopfen. Denn auch Fraktus II sind vor allem eins: eine akustische Täuschung.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Glossomanie
  • Farben und Verläufe

Tracklist

  1. Glossomanie
  2. Paris New York
  3. Farben und Verläufe
  4. Die Rache der Schildkröten
  5. Gute Besserung
  6. Medikation
  7. Woran denkt der Mann?
  8. Rosa Elefanten

Gesamtspielzeit: 27:42 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

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Registriert seit 08.01.2012

2016-12-22 21:10:20 Uhr
Frisch rezensiert.

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