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Deine Lakaien - XXX. The 30 years retrospective

Deine Lakaien- XXX. The 30 years retrospective

Chrom / Soulfood
VÖ: 21.10.2016

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Junger Mann zum Mitreisen gesucht

Manchmal braucht es diesen einen Zufall, um von einer musikalischen Idee zu einer stilprägenden Band zu reifen. Denn vermutlich ließ sich Ernst Horn genau dieses nicht träumen, als er damals, 1985, per Zeitungsannonce nach einem experimentierfreudigen Mitmusiker suchte. Und ebenso wenig hat wohl ein junger Student der Theaterwissenschaften namens Alexander Veljanov geahnt, zu was für einem visionären Künstler und Multiinstrumentalisten dieser anscheinend leicht verschrobene Komponist und Dirigent im Laufe der Jahre reifen sollte. Dabei gestaltete sich der Anfang durchaus holprig, war das allgemeine Interesse am Debütalbum eher mäßig, um es einmal nett zu formulieren. Es sollte bis 1995 dauern, bis Deine Lakaien mit dem Live-Album zur "Acoustic"-Tour, bei der Horn auf einem eigens präparierten Klavier wie um sein Leben spielte, der endgültige Durchbruch gelang.

30 Jahre also seit diesem in der Tat nach heutigen Maßstäben eher naiv-kauzigen Debütalbum. Und ähnlich wie Horn und Veljanov sich auf der Bühne immer wieder neu erfinden, spricht alleine die Wucht von 59 Songs dafür, dass es sich bei dem sperrig betitelten "XXX. The 30 years retrospective" nicht eben um eine konventionelle Rückschau handelt. Aber natürlich gilt es zunächst, die Chronistenpflicht zu erfüllen. Und das gelingt Deine Lakaien auf den ersten beiden von vier Tonträgern eindrucksvoll. Während CD 1 – dankenswerterweise fein säuberlich chronologisch angeordnet – eine wahre Zusammenstellung von "Greatest Hits" bietet, öffnet die zweite CD den Blick für die vermeintlich zweite Reihe und fördert Perlen wie das wunderschöne "The game", das spleenige "Wunderbar" sowie Remixe von "Colour-ize" oder "Love me to the end" zutage. Remixe, die teils derart radikal sind, dass sie den Stücken einen neuen Charakter verleihen und von Horn folgerichtig als "2nd version" bezeichnet werden.

Die tatsächlichen Schätze dieser Zusammenstellung sollen allerdings erst noch folgen. Der Auftakt zu CD 3 darf dabei getrost als faustdicke Überraschung gelten. Denn "It's alright Ma" vom frisch gebackenen Literatur-Nobelpreisträger Bob Dylan dürfte so ziemlich die einzige Coverversion im Portfolio einer Band sein, die live immer wieder Songs einstreut, die nie den Weg auf ein Album finden. Und wie Horn und Veljanov die desillusionierten Lyrics in klirrende elektronische Kälte umsetzen und den Song dadurch quasi neu erfinden, ist schlicht großartig. Fast scheint es bisweilen, als wäre das Album-Format ein störendes Korsett, wenn "The joint of God" mit knallharter EBM aufwartet oder "In the land of" mit seinem hypnotischen Beat zu einer Reise ins Ungewisse einlädt. Und angesichts experimenteller Ausflüge wie "Travelling through the dark" ist alleine dieser tiefe Griff ins Bandarchiv jeden Cent wert.

Wer nun immer noch nicht weiß, woher Deine Lakaien den Ruf als exzellente Live-Band genießen, darf sich auf der abschließenden CD entsprechend belehren lassen. Immer wieder werden Songs radikal umarrangiert, wie an gleich zwei Versionen von "Cupid's disease" von 1999 und 2010 eindrucksvoll zu erkennen ist. Dass die Aufnahmen denen der diversen offiziellen Live-Alben in nichts nachstehen, versteht sich von selbst, zudem zeigt sich anhand der zahlreichen Mitschnitte aus den frühen Jahren der Band, dass Horn und Veljanov mit geradezu fanatischem Eifer davon besessen sind, selbst Klassikern immer wieder neue Facetten entlocken zu können, die dann durch Neuerfindung zeitlos bleiben. Natürlich mag im Zeitalter des Musik-Zappings via diverser Streaming-Dienste der Grundgedanke hinter einer Compilation anachronistisch wirken. Doch Deine Lakaien antworten darauf mit begeisternden Archiv-Aufnahmen. Und zeigen dabei ganz beiläufig, welch unsterbliche Klassiker sie mittlerweile aufweisen können. Gut also, dass Alexander Veljanov im Jahr 1985 aufmerksam Zeitung gelesen hat. Noch besser, dass sich diese ursprüngliche Zufallspaarung mit "XXX. The 30 years retrospective" nun ihr eigenes Denkmal setzen kann.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Love me to the end
  • Mindmachine
  • The game
  • Wunderbar
  • It's alright Ma
  • In the land of (Indicator special EP)
  • Lonely (Hamburg, Markthalle 1992)
  • Reincarnation (Acoustic)

Tracklist

  • CD 1
    1. Colour-ize
    2. Love me to the end
    3. Reincarnation
    4. Dark star
    5. Lonely
    6. Mindmachine
    7. Away
    8. Return
    9. Into my arms
    10. Where you are
    11. Over and done
    12. One night
    13. Gone
    14. Farewell
    15. Where the winds don't blow
  • CD 2
    1. Wasted years
    2. Forest
    3. Follow me
    4. Madiel
    5. 2nd sun
    6. Fighting the green
    7. Manastir Baroue
    8. The game
    9. Generators
    10. Wunderbar
    11. Vivre
    12. Nevermore
    13. Colour-ize, 2nd version (Remix)
    14. Kasmodiah, 2nd version (Remix)
    15. Love me to the end (Romeo and Juliet) (Remix)
  • CD 3
    1. It's alright Ma (Bob Dylan cover)
    2. Revolution (unreleased)
    3. What's on your mind (unreleased)
    4. Black cat (unreleased)
    5. Night of love, 2nd version (Remix)
    6. Robots (unreleased)
    7. The joint of God (unreleased)
    8. In the land of (Indicator special EP)
    9. Along our road, 2nd version (Remix)
    10. On your stage again, 2nd version (Remix)
    11. Frozen screams (unreleased)
    12. Syndicate (unreleased)
    13. One by one (unreleased)
    14. Travelling through the dark (unreleased)
  • CD 4
    1. Fight (Kiel, MAX 1999)
    2. Cupid's Disease (München, Muffathalle 1999)
    3. Gone (Warschau, Progresja Music Zone 2015)
    4. Europe (Warschau, Progresja Music Zone 2015)
    5. Lass mich (Kiel, MAX 1999)
    6. Lonely (Hamburg, Markthalle 1992)
    7. Where the winds don't blow (Warschau, Progresja Music Zone 2015)
    8. Pilgrim (Leipzig, Werk 2 Kulturfabrik 2015)
    9. Generators (Acoustic) (Berlin, Lukaskirche 2001)
    10. Cupid's disease (Acoustic) (Berlin, SFB Sendesaal 2010)
    11. Frühlingstraum (Acoustic) (Ludwigsburg, Scala 1995)
    12. Reincarnation (Acoustic) (Bremen, Schauburg 1992)
    13. Days gone by (Acoustic) (München, Prinzregententheater 1992)
    14. On the way to Narmada (München, Prinzregententheater 1992)
    15. Bells of another land (Berlin, Volksbühne 1992)

Gesamtspielzeit: 280:01 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
fahrraderbse
2017-10-22 13:59:35 Uhr
true musik fjeden, hauptsächlich fürr opfer
völlig jkar
2017-10-21 20:28:49 Uhr
emo mucke

matinioh

Postings: 174

Registriert seit 28.09.2017

2017-10-21 07:59:44 Uhr
... ganz klar ... Gayle Music!
Ganz klar
2017-10-21 00:53:50 Uhr
Gay Music

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

2017-10-20 22:32:14 Uhr
Kann matinioh nur zustimmen: Glorreiche Biographie einer lebenden Legende.
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