The Faint - Capsule: 1999 – 2016
Saddle Creek / Cargo
VÖ: 30.09.2016
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Soundrüpel mit Charakter
Die Sprache kann eine anmutige sein. Ihre Qualität liegt allerdings bekanntlich im Auge des Betrachters – oder in den Fingern des sie dressierenden Schreibers. Die einen huldigen dem opulenten Einsatz von Adjektiven und der Verwendung verschachtelter Relativsätze. Andere reiten lieber mit dem flotten Dreier Subjekt, Prädikat, Objekt. Dann gibt es noch diejenigen, die die schlichte Eleganz eines gesättigten Informationsgehaltes bewundern: "Die Band klingt wie Combo X, mit einem Hauch von Formation Y und einer Essenz von Künstler Z." Solch ein Leser-Einordnungs-Assistent führt zwar direkt zum Schubladeneinordnungs-Ziel, macht aber auch deutlich, dass viele Bands beim Sounddesign oft auf die Kombination 08/15 setzen. Schön, dass The Faint aus einem individuelleren Holz geschnitzt sind. Sie stehen auch nach fast 20 Jahren im Musik-Biz mit ihren Trademarks fest verwurzelt im interessanteren Boden der Indierock-Geschichte. "Capsule: 1999 – 2016" weiß 19 Lieder davon zu singen..
Anfangs tollen The Faint noch unter dem Namen Norman Bailer in Omaha mit anderen Bands des damaligen Heimatlabels Saddle Creek im Provinz-Sandkasten. Doch nach Berührungspunkten in den Gründungsjahren Mitte der Neunziger können die Musiker um Sänger Todd Fink schon bald mit den Folk-Rock-Förmchen von Sandkastenfreunden wie Conor Oberst nicht mehr viel anfangen. The Faint verfolgen eine andere Vision. Symbolisiert das Debütalbum "Media" 1998 noch eher die Orientierungs-Phase, findet die Band ein Jahr später mit "Blank-wave arcade" ihren eigenen Sound. Und der ist ungezogen, rüpelig, sexuell aufgeladen und im besten Sinne pubertär. The Faint penetrieren mit Vorliebe obszöne Synthies, fingern mit dissonanter Electronica und bringen lasziv Kaugummi kauende Lyrics vom Gitarren-Dancefloor mit nach Hause. Und selbst wenn die Melange aus Punk- und Dance-Elementen bis heute einige Häutungen durchlief, haben The Faint keine allzu großen Veränderungen an ihrem Soundkostüm vorgenommen. Warum auch?
"Capsule: 1999 – 2016" ist dafür der beste Beweis. Mit Ausnahme des Debüts sind Songs von allen fünf regulären Veröffentlichungen vertreten, wobei The Faint sich am üppigsten bei "Danse macabre" und "Wet from birth" bedient haben. Die Titel sind nicht in chronologischer Reihenfolge auf die Tracklist getackert, sondern verteilen sich relativ ungeordnet über den Tonträger. Was überhaupt nicht stört, zeigt es doch, dass die Band über die Jahre qualitativ keine Federn lassen musste. Highlights wie das pluckernde Eighties-Geschoss "Glass danse", das mit Barock-Streichern versiegelte "Southern belles in London sing", das pumpende "Take me to the hospital" oder der über eine sägende Synthie-Melodie tänzelnde Ohrwurm "Worked up so sexual" dampfen die knapp 70-minütige Spielzeit auf maximale Kurzweil ein. Feingeistigkeit ist hier keine Charaktereigenschaft: So beißt "I disappear" mit seinem knurrigen Bass-Köter jeden Elektropopper von der Tanzfläche und brüllt "Dropkick the punks" Sensibelchen teilweise auf Deutsch die Fönfrisur aus dem Gesicht. Nein, The Faint sind nicht erwachsen geworden. Sie machen auch 2016 noch deutlich: Boys just want to have fun. Die Hörer werden ihn auch haben.
Highlights
- Glass danse
- Evil voices
- Worked up so sexual
- I disappear
- Take me to the hospital
- Southern belles in London sing
Tracklist
- Glass danse
- Agenda suicide
- Mirror error
- Evil voices
- The conductor
- Desperate guys
- Worked up so sexual
- Posed to death
- I disappear
- Take me to the hospital
- The geeks were right
- Dropkick the punks
- Damage control
- Call call
- Southern belles in London sing
- Young & realistic
- Skylab1979
- ESP
Gesamtspielzeit: 69:28 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Autotomate Postings: 6174 Registriert seit 25.10.2014 |
2016-12-03 13:29:18 Uhr
Tolle Zusammenstellung. Fast schon schade, dass ich das meiste von den Originalveröffentlichungen her kenne. Anspieltipp: Remembrance Day von B-Movie ;) |
MM13 Postings: 2451 Registriert seit 13.06.2013 |
2016-12-03 09:46:19 Uhr
naja,wenn sich in 17 jahren nicht wirklich was ändert dann vielleicht schon.eine band muss sich zwar nicht mit jedem album neu erfinden, wenn ich mir aber dann diese best of anhöre war das halt mein eindruck. |
Art brut |
2016-12-02 22:12:48 Uhr
Ist es denn ein Qualitätserkmal, wenn sich alles unterschiedlich anhört? |
MM13 Postings: 2451 Registriert seit 13.06.2013 |
2016-12-02 19:40:44 Uhr
gerade mal reingehört und festgestellt hört sich irgendwie alles gleich an. |
Klugscheißer |
2016-12-02 16:21:42 Uhr
Warum wird in der Rezension nicht erwähnt, dass auch neue Tracks enthalten sind? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Broken Spindles; Shitdisco; Shiny Toy Guns; Moving Units; Punks Jump Up; Radio 4; The Rapture; LCD Soundsystem; Yvette; You Say Party! We Say Die!; The Presets; Yeasayer; Goose; Does It Offend You, Yeah?; Late Of The Pier; Kid Alex; Hadouken!; Autokratz; Digitalism; Klaxons; We Have Band; The Ting Tings; The Kinison; Fischerspooner; Zoot Woman; MSTRKRFT; Data; Supersystem; Twin Shadow; Bloc Party; Kele; Tom Vek; Fever; Hot Hot Heat; The Cure; Xul Zolar; Poni Hoax; Passion Pit; Devo; Cold Cave; Liars; We Are Wolves; Ratatat; South Central; Datarock; Delphic; Cazals; Dúné; IAMX; Sleigh Bells; Gary Numan; Cabaret Voltaire; Suicide; Telepathe; Metz; Lust for Youth; Black Marble; Cut Copy; Caribou
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Plattentests.de-Forum
- The Faint - Egowerk (2 Beiträge / Letzter am 14.03.2022 - 18:30 Uhr)
- The Faint (26 Beiträge / Letzter am 16.02.2020 - 11:34 Uhr)
- The Faint - Capsule: 1999 – 2016 (6 Beiträge / Letzter am 03.12.2016 - 13:29 Uhr)
- The Faint - Doom abuse (8 Beiträge / Letzter am 15.05.2014 - 22:03 Uhr)
- The Faint - Fasciination (33 Beiträge / Letzter am 10.09.2008 - 16:18 Uhr)
- The Faint - Wet from birth (31 Beiträge / Letzter am 12.07.2007 - 15:13 Uhr)