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One Sentence. Supervisor - Temporär Musik 1-13

One Sentence. Supervisor- Temporär Musik 1-13

Oh, Sister / Irascible / Cargo
VÖ: 28.10.2016

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Zeit und Zeugen

One Sentence. Supervisor kann man vor allen Dingen eines attestieren: Dienst am Fan. Als das Schweizer Quartett an Songs für sein zweites Album schusterte, musste die Anhängerschaft nicht lange auf Ergebnisse warten. Die Band veröffentlichte einfach umgehend die Titel, die sie finalisiert hatte. Sechs Mal ging das so. Zunächst sogar kostenfrei. One Sentence. Supervisor nehmen den Albumtitel "Temporär Musik 1-13" also offenbar sehr wörtlich und zeigen der oft standardisierten Eruierung der Halbwertszeit eines musikalischen Produkts den hochgeschraubten Mittelfinger. Das mag ohnehin eher bei Popströmungen wie der unsäglich trivialisierten Tropical-House-Welle 2015/2016 Sinn ergeben, als bei dem Soundkosmos der Schweizer, dessen psychedelische Schwanks als neu entdeckte oder wiedergewonnene bewusstseinserweiternde Liebe in Folge von Tame Impala und Konsorten durchgehen, aber eben nur einen Teil des Klangbildes bilden.

Glückskekslaunige Bedeutungsschwerenöter sehen gegebenenfalls sogar im Zahlenwerk des Albumtitels eine Vorahnung für das, was einen in der knapp einstündigen Spielzeit erwartet. Keine Leerzeichen, keine Pausen, kein Jochen. Nur vier Schweizer, die von der ersten Sekunde ihre eigene Umtriebigkeit auf die impulsempfängliche Hörerschaft übertragen und sie nach Belieben in Trance treiben lassen. Gesang und Gitarre werfen gleich zu Beginn für "Algo rhythm" Echos, und im Nachhall wird man einfach weiter mitgetragen durch Krautpop-Grätschen hin zu "Hedera helix". Der wissenschaftliche Name für Efeu trifft es ziemlich gut: Fünfeinhalb Minuten rankt sich ein Groove hypnotisch empor, als winde sich eine vom Flötenspiel beduselte Schlange langsam aus einem Bastkorb – und man selbst ist Zeuge und gebannter Kompagnon.

One Sentence. Supervisor setzen "In between" in diesem Bestreben gleichsam fort, lassen im Hintergrund aber schon relativ früh die E-Gitarre knurren, bis sie nach vier Minuten ihr Riff aus den Saiten brüllen darf. Solche Eruptionen sind für "Temporär Musik 1-13" keine Selbstverständlichkeit, vielmehr befinden wir uns hier in einer Lotterie der Suggestionen und Erwartungen, bei der allzuoft unklar ist, was abseits der Taktgebung unter der Reverb-Glocke passiert. Das zieht sich durch den new-wavigen Americana Marke The War On Drugs in "Mond" und gipfelt im Gitarren-Rausch des famosen Schlusstracks "Yélena", aus dessen Noise-Dickicht der Beat unbeschadet hervorkriecht.

Rein auf dem Papier scheint "Temporär Musik 1-13" ein Himmelfahrtskommando, weil der Pop-Punk von "Heroic misfits" und das gemeinsame Dinner von The Go Betweens und Prefab Sprout in "Oh! What an empire" nicht recht zusammenpassen mögen. "Pustekuchen", denken sich One Sentence. Supervisor und ziehen sich für "Hikikomori" in eine Bude aus Schweizerdeutsch und Englisch, New Wave, Kraut- und Psychedelic-Rock zurück. "Scope explosion (Shifting baseline)" findet Freunde bei batiktragenden Alt-Hippies, weil sie mit der sitaresken Steel-Drum unter einem orientalischen Wandteppich Halluzinogene einwerfen können. "Object subject" greift das Motiv auf, bettet sich aber auf einem lupenreinen Electro-Beat. Das Leben von "Untiteld", diesem verschwurbelten Psychedelic-Stampfer aus dem unbekannten Nachlass von MGMT und Kasabian, wird – wie auch schon der Opener – mit einem Handkantenschlag abrupt beendet. Macht dafür aber Platz für das erwähnte, neunminütige Tanzmanifest "Yélena". Was danach qualmt, sind entweder die Sohlen oder die quietschenden Reifen auf der A5 zum nächsten Konzert. Noch jemand eine Vignette?

(Stephan Müller)

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Highlights

  • In between
  • Hikikomori
  • Yélena

Tracklist

  1. Algo rhythm
  2. Hedera helix
  3. In between
  4. Oh! What an empire
  5. Scope explosion (Shifting baseline)
  6. Object subject
  7. Mond
  8. Arrival of the fittest
  9. Heroic misfits
  10. Gurls gurls gurls
  11. Hikikomori
  12. Untiteld
  13. Yélena

Gesamtspielzeit: 57:53 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

ExplodingHead

Postings: 1193

Registriert seit 18.09.2018

2022-03-13 00:08:56 Uhr
"Auf den gleichen Effekt hoffe ich bei "Acedia", hatte leider noch keine Zeit, das neue Album nochmals auf mich wirken zu lassen."

Die "Acedia" kommt leider nicht ganz ran, wenn auch die Oud einen interessanten Sound mit hineinbringt. Wegen der Oud und ihrem ungewöhnlichen, aber wie ich finde gut passenden Sound bei mir eine 8.5/10.

Die erste, This Heavy Sea, leider auch nicht ganz: 8/10.

ExplodingHead

Postings: 1193

Registriert seit 18.09.2018

2022-03-13 00:04:03 Uhr
Was? Bei den Usern nur eine 4/10? Was sindn das für User hier?

9/10... mit dem Bonustrack Temporär Musik 14 (Onomatopoeia) und der Oud sinds für mich glatte 10/10.

myx

Postings: 5332

Registriert seit 16.10.2016

2019-09-24 19:13:00 Uhr
Bei mir hat es nicht gleich Klick gemacht. Nach dem zweiten, dritten Mal hat es sich aber schnell zu einem Lieblingsalbum entwickelt. Dranbleiben könnte sich also lohnen.

Auf den gleichen Effekt hoffe ich bei "Acedia", hatte leider noch keine Zeit, das neue Album nochmals auf mich wirken zu lassen.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 33893

Registriert seit 07.06.2013

2019-09-24 15:00:10 Uhr
Hmm, ok. Hab mich wohl von der Phrase, dass es keine Wünsche für Freunde der "alternativen Gitarrenmusik" offenlässt leiten lassen und etwas zu sehr auf "Alternative" gehoft.
Das ist es leider gar nicht und ehrlich gesagt hat es fast nichts, was groß nach alternativer Gitarrenmusik klingt. Finde die Gewichtung in der Rezension daher etwas irreführend.

Mir gefällt aber die Atmosphäre und ich bleib mal dran.

myx

Postings: 5332

Registriert seit 16.10.2016

2019-09-22 08:39:51 Uhr
Unbedingt! ;)
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