Robbie Williams - The heavy entertainment show
Columbia / Sony
VÖ: 04.11.2016
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Circus Maximus
Ganz ehrlich, bei Robbie Williams ging es doch nie um die Alben. Der Ex-Take-That-Schönling war vielmehr dazu da, um überlebensgroße Singles für die ganz dicke Stadionshow abzuliefern. "Sing when you're winning" wird beispielsweise trotz seiner konstant hohen Qualität bei keiner Best-of-Sonstwas-Liste auftauchen. "Angels", "Let love be your energy", "Feel"? Die haben alle überdauert, die lassen sich noch im Schlaf mitgrölen. Seit dem schwächelnden "Intensive care" fehlten aber genau diese Song-Kaliber, "Take the crown" konnte irgendwann nur noch Substanzlosigkeiten aneinanderreihen. Doch Williams hat sich in letzter Zeit aufgerappelt, mit dem alten Buddy Guy Chambers versöhnt und wieder bessere Stücke an Land gezogen. Und nachdem die überraschend gute Resteverwertung "Under the radar vol. 1" komplett an der Masse vorbei veröffentlicht wurde, macht "The heavy entertainment show" entsprechend seinem Namen wieder großes Promo-Tamtam.
"'Light entertainment', aber eben auf Steroiden" – so beschreibt der mittlerweile in den Vierzigern angelangte Wirbelwind das Konzept. Und aufgepumpt klingt das in der Tat. Die Produktion ist adipös, überladen, bombastisch, sie überrollt förmlich. Mehr als einmal muss sich Williams hörbar anstrengen, um im Soundbrei nicht unterzugehen. Der Schalk sitzt ihm natürlich trotzdem noch im Nacken. Im Opener und Titeltrack wird schon mal die Richtung vorgegeben: "All the best ones are dying off so quickly / While I'm still here, enjoy me while you can." Robbie bringt wieder seinen bewährten Humor zum Vorschein und wird damit zum Anachronismus. In einer Popwelt, die wahlweise harmlose Schwiegermuttertauglichkeit oder tiefsinnige Introspektion fördert, wirkt seine ironisch gebrochene Unterhaltung inzwischen wie ein Fremdkörper.
Immerhin: Wenigstens sind ein paar Russen auf die platte Klischee-Reihung der Single "Party like a Russian" angesprungen. Der Vorabbote funktioniert im aufgepusteten Kontext der Platte deutlich besser, die Over-the-top-Geste mit Sergei-Prokofiev-Sample im Refrain und kaukasichem Stampfrhythmus ist nichts anderes als konsequent. Mehr als auf den letzten Alben ist Robbie Williams wieder ganz Robbie Williams – mit allem, was damit einhergeht. Da muss ein pseudo-lebensweiser Lückenfüller wie "Love my life" ausgehalten werden, wenn danach ein verdammt mitreißender Hit kommt. Und würde jemand anderes einen Text für seinen Sohn schreiben, nur um ihm eindringlich auf den Weg mitzugeben: "You're a bad motherfucker"? Und auch wenn "David's song" ein paar Tonspuren zu viel auf den Rippen hat, ist er schlichtweg ein wunderschöner Chambers/Williams-Song der alten Schule.
Doch nicht nur der alte Weggefährte ist an Bord. Dass "Mixed signals" aus der Feder von The Killers stammt, hört man schon nach wenigen Sekunden heraus. Hätte zumindest auf deren letzten Alben eine passable Figur gemacht, obwohl im Vergleich klar wird, dass Brandon Flowers der bessere Sänger ist. Und da eingangs von der Schwiegermama-Fraktion gesprochen wurde: Ed Sheeran schrieb am Flamenco-infizierten "Pretty woman" mit. Das passt auf dem Papier genauso wenig zusammen wie leider dann auch in der Realität. Müssen es halt die Indie-Darlings richten. Während John Grant leider auf der Deluxe Edition versteckt wurde, darf die herrlich verschlurfte Rufus-Wainwright-Kollaboration "Hotel Crazy" mit streichelnden Bläsern für ein spätes Highlight sorgen. "Checking into Hotel Crazy / Leaving all my bags in the lobby."
Der beste Songs des Albums greift dagegen ein altes Prinzip auf: Zog damals "Supreme" das olle "I will survive" auf links, schnappt sich das energische "Bruce Lee" von Electric Light Orchestra "Don't bring me down". Ein Wunder, dass Jeff Lynne noch keinen Songwriting-Credit bekommen hat – abwarten, ob noch ein Rechtsstreit folgt. Hier passt dann auch der Produktions-Overkill bestens ins Bild, Robbie kreischt sich im Falsett durch die Strophe, während der Refrain vom Backing-Chor über die Wupper geschubst wird. Und am Ende behält der Schelm recht. Das Spektakel ist intellektuell unglaublich leichtgewichtig und flach, fern von einem Seelenstriptease wie "Come undone". Aber in "The heavy entertainment show" steckt so viel Spaß und gute Musik wie seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr in einem regulären Robbie-Williams-Album. Hirn aus, Spot an.
Highlights
- Motherfucker
- Bruce Lee
- David's song
- Hotel Crazy (with Rufus Wainwright)
Tracklist
- The heavy entertainment show
- Party like a Russian
- Mixed signals
- Love my life
- Motherfucker
- Bruce Lee
- Sensitive
- David's song
- Pretty woman
- Hotel Crazy (with Rufus Wainwright)
- Sensational
Gesamtspielzeit: 40:03 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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hotfudge |
2017-10-24 10:17:51 Uhr
Super toller Entertainer.http://robbiewilliamsfanforum.xobor.de |
Scholz |
2017-01-04 16:36:17 Uhr
Schlechtes Album, aber unterhaltsam. Einzig und alleine Motherf*cker ist klasse. Liam und Noel gucken über die Schulter. |
Mr. Apfelsine |
2016-11-26 02:27:10 Uhr
Was ich von Orange so lese find ich sowieso musiktechnisch sehr komisch. Fast so wie bei edegeiler oder wie der heißt. Weiß nicht, wieso die sich hier herum treiben. Übler Geschmack. |
Dan Postings: 367 Registriert seit 12.09.2013 |
2016-11-26 01:50:37 Uhr
Selbst Take That haben in der jüngsten Vergangenheit bessere Songs... |
Mr. Orange User und News-Scout Postings: 2952 Registriert seit 04.02.2015 |
2016-11-22 19:45:58 Uhr
Trotzdem war Williams schon viel besser.Das ist natürlich klar. Die neue Single ist eine gelungene Take-That-Radiohymne, aber das ist ja schon mal was. In dem Zusammenhang auch interessant, wie sehr Robbies Stimme in dem Song der von Gary ähnelt. |
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Referenzen
Take That; Gary Barlow; OneRepublic; Keane; The Script; Matchbox Twenty; Rob Thomas; Duncan Sheik; Ronan Keating; Elton John; A-Ha; Pet Shop Boys; Gary Go; U2; Morten Harket; George Michael; Seal; Sting; Phil Collins; Andreas Johnson; Rooney; Simple Minds; Brandon Flowers; The Killers; Stereophonics; New Radicals; Toploader; Coldplay; Duran Duran; Spandau Ballet; Electric Light Orchestra; Caroline Liar; Mark Owen; Guillemots; The Lighning Seeds; Dan Croll; Orson; Savage Garden; Undercolours; Snow Patrol
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