Zwan - Mary star of the sea

Martha\'s / Reprise / Warner
VÖ: 10.02.2003
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Die neuen Ufer
Es ist die älteste Masche des Musikgeschäfts: Die Welt ist schlecht, also laß uns darüber singen. Uns im Selbstmitleid suhlen und der Menschheit all das an den Kopf werfen, was schon lange in uns gebrodelt hat. Und doch erheben auch immer wieder jene Außenseiter ihre Stimme, die sagen: Es gibt schon genügend Unheil in der Welt, also laß uns Optimismus verbreiten. Den Leuten das Gefühl geben, nicht alleine zu sein und Parolen trällern wie "Let love confess to you". Und das alles mit Sprüchen untermauern wie "Freude und Glück sind das größte Gut, das Du haben kannst." Man könnte einfach wie gewohnt den Kopf schütteln und den Vogel zeigen, wenn dies nicht neuerdings dem Hirn eines Mannes entsprungen wäre, der sich als Frontmann einer der wichtigsten Rockbands der Neunziger die Verzweiflung zum Lebensinhalt erklärt hatte: Billy Corgan.
Konsequenter hätte Billy Corgan seinen Neuanfang nach dem Smashing Pumpkins-Split kaum wagen können. Neben dem mittlerweile rehabilitierten Ex-Pumpkins-Drummer Jimmy Chamberlin hat er für seine neue Band Zwan mit David Pajo (Slint) und Matt Sweeney (Chavez) Gitarrist Nummer zwei und drei sowie die bezaubernde Bassistin Paz Lenchantin (A Perfect Circle) um sich geschart. Und seinen Gemütszustand vollkommen umgekrempelt. Würde man, abgesehen von dem nagelneuen und wenig vorteilhaften Oberlippenflaum, nicht dieselbe glatzköpfig-bizarre Gestalt auf all den Fotos sehen - man würde vermuten, Billy Corgan habe sich wieder die Haare lang wachsen lassen, eine Blume reingesteckt und "Make love, not war!" auf die Brust gepinselt.
"I give my heart / Take these chains / And hold them as ours / For I must shine" frohlockt Corgan gleich in "Lyric" und hebt in einen himmelhochjauchzenden Refrain ab, der keine Grenzen mehr kennt. Das klingt nach Sommer, selbstverständlich auch nach großen Gefühlen und läßt das Herz höher schlagen statt wie einst zerplatzen. Mit "Settle down" folgt gleich das nächste süßliche und unmißverständliche Statement: Entweder Ihr seid mit uns auf der guten Seite - oder Ihr laßt es bleiben. "Never lose that feeling" schwelgt Corgan, und schiebt gleich noch ein paarmal "la-dee-dah" hinterher. Es soll bei weitem nicht sein einziger Schubidu-Anfall bleiben.
Von diesem Pop-Schock muß sich der Fan mit dem zerfledderten "Zero"-Shirt natürlich erst einmal erholen. Genauso wie von dem an Geschmacklosigkeit nicht zu überbietenden Hippie-Coverartwork inclusive nicht minder kitschiger Sticker-Beilage. Sobald dies geschafft ist, ist der Weg frei für Sentimentalitäten allererster Güte. Für jene Momente, die selige Pumpkins-Erinnerungen durch einen knallbunten Filter in die Neuzeit bringen. Momente wie der "Heartsong", der sich in inniger "Adore"-Romantik wiegt. Das ausufernde, vierzehnminütige "Jesus, I / Mary star of the sea", bei dem episch-laute Klassiker wie "Silverfuck" wieder ganz nah scheinen. Und nicht zuletzt "Desire", Corgans schönste Ballade seit langem, die jene zerrissene Seele aus "Disarm"-Zeiten endgültig kittet: "Northern star, please enlighten the lost prayers of my soul / Childhood dreams of death and titans / We were meant to be free."
Am eigenen Kragen scheint sich Billy Corgan aus seinem Schlamassel gezogen zu haben. Aus der seelischen wie aus der kreativen Krise. Auch wenn mancher Song auf "Mary star of the sea" letzte Zweifel an seiner Form läßt. Auch wenn in "El sol" die Sonne höchstens durch die Wolken blitzt, das romantische "Of a broken heart" etwas zu behäbig vor sich hinträumt und der Folkrock-Schunkler "Come with me" dem Album keinen wirklich würdigen Abschluß bereitet: Spätestens Billy Corgans alles überstrahlende Präsenz macht aus jedem durchschnittlichen Song eine Hymne. Aus jedem Funken ein Flammenmeer. Und aus jedem Glitzern eine Sternstunde.
Highlights
- Lyric
- Settle down
- Desire
Tracklist
- Lyric
- Settle down
- Declarations of faith
- Honestly
- El sol
- Of a broken heart
- Ride a black swan
- Heartsong
- Endless summer
- Baby let's rock!
- Yeah!
- Desire
- Jesus, I / Mary star of the sea
- Come with me
Gesamtspielzeit: 65:52 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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The MACHINA of God User und Moderator Postings: 28112 Registriert seit 07.06.2013 |
2022-02-16 23:52:36 Uhr
https://thehardtimes.net/blog/i-guess-its-just-me-at-the-annual-zwan-appreciation-conference-once-again/ |
Affengitarre User und News-Scout Postings: 9917 Registriert seit 23.07.2014 |
2022-02-16 23:38:37 Uhr
Na? :D |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 28112 Registriert seit 07.06.2013 |
2020-10-22 18:45:44 Uhr
Hui, hier liegen wir sehr weit auseinander. Fast alle deine Highlights sind eher Lowlights für mich und umgekehrt. Ich schreib dazu die Tage mal mehr. |
Termin am tor Postings: 187 Registriert seit 04.11.2019 |
2020-10-22 18:12:05 Uhr
Lyric 7,5/10 (Als Opener nicht optimal, aber ein guter Song, der an "try try, try" erinnert. Am besten ist billy im Video mit Hipster-Schal und Mütze)Settle down 5/10 (immer ein schlechtes Zeichen, wenn der 2. Albumtrack schon verzichtbar ist. Die raue Instrumentierung passt IMHO nicht zum Song) Declarations of faith 7/10 (schön, wie der Refrain eingeleitet wird und hervorbricht) Honestly 8/10 (verdiente erste Single) El sol 5/10 (nicht schlecht, aber egal) Of a broken heart 6/10 (da hatte Billy schon bessere Balladen) Ride a black swan 6,5/10 Heartsong 8/10 (klingt für mich wie ein vertonter Sonnenaufgang und ist damit wie der kleine Bruder von "Wound" (Machina)) Endless summer 5/10 Baby let's rock! 4/10 (wie muss man drauf sein, "baby , I`m the greatest thing you`ve got" zu singen? Schon der Titel ist eine Beleidigung für das Erbe der Musiker. Sind wir hier bei revolverheld?) Yeah! 7/10 (blöder Refrain (Yeah!), dafür aber beschwingte Strophen und eine frühlingshafte Atmosphäre) Desire 7,5/10 (wunderschön, wie er "desire" singt. "Northern star, please enlight me") Jesus, I / Mary star of the sea 5/10 (irgendwie will Billy immer einen extra langen Track unterbringen auf seinen Platten. Hier fehlt leider die zündende Idee) Come with me 5/10 (belanglos und zudem völlig unpassend als letztes Lied. Hätte man besser als B-Seite verbraten) Fazit: Die Platte ist viel zu lang. Hier wäre weniger mehr gewesen. rechnerisch und gefühlt 6,5/10. Bis auf 1 Song keine ausfälle. Aber die absoluten Highlights sind hier leider ebenso rar gesät. Man hört Billy zumindest an, dass er hier noch mit dem herzen dabei war. Dieses gefühl ist nach dem SP-Comeback, spätestens aber mit den beiden letzten Pumpkins-Platten, total verloren gegangen. "Mary, Star of the Sea" klingt wie eine poppig-luftige Version der Smashing Pumpkins. Dafür macht das Album ne ordentliche Figur, ohne nachhaltig Eindruck zu schinden. |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 28112 Registriert seit 07.06.2013 |
2020-09-21 18:54:02 Uhr
Aber ja, schon zu lang. Sowas wie "Baby" und den Closer, aber auch "Heartsongs", hätte ich nicht gebraucht. |
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Referenzen
The Smashing Pumpkins; Hole; Catherine; Phantom Planet; The Afghan Whigs; Our Lady Peace; Motorpsycho; U2; Simple Minds; The Cars; The Cure; David Bowie; Ash; Feeder; Foo Fighters; Suede; Mansun; Everclear; Mercury Rev; Spiritualized; The Flaming Lips; Felt; James Iha; Cheap Trick; Queen
Surftipps
- http://www.zwan.com/
- http://www.wea.de/artist/4469/artist_bio/
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- http://www.djalizwan.com/
- http://www.poetsofzwan.com/
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- http://www.zwan.jp/
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- http://www.zwanfan.com/
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- http://www.myzwan.tk/
- http://www.zwanmusic.cjb.net/
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- Zwan (215 Beiträge / Letzter am 19.02.2022 - 07:55 Uhr)