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Tor Miller - American English

Tor Miller- American English

Glassnote / Caroline / Universal
VÖ: 30.09.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 10/10

New York City boy

Wer will es einem Zwölfjährigen verübeln, den Schulwechsel erst einmal scheiße zu finden? Tor Millers Eltern zogen raus aus Manhattan auf eine Pferdefarm in New Jersey und prompt saßen in der Schule nicht mehr seine Freunde neben ihm, sondern fremde Gesichter. Rückblickend dürfte der inzwischen 22-Jährige das alles gar nicht mehr so schlimm empfinden. Dort, an der neuen Schule, gab es einen Musiklehrer, der ihn beim Pianospiel ermutigte, im Singen bestärkte und ihm beim Komponieren half. Das Selbstvertrauen wuchs, Auftritt, achte Klasse, Jubel Jubel, der Außenseiter verliert seinen Status, es folgten Musikstudium und Plattenvertrag. Ein kurzer Abriss des Lebenslaufs, der viele Etappen auslässt, aber in diesem sehr vielversprechenden Debüt namens "American English" mündet.

"I want my music to have life and not to be seen as someone who is a sad sack with a piano", sagte Miller jüngst in einem Interview. Herzt ihn dafür. Denn umgeben von einer Popwelt, dessen Epizentrum die Herrschaft unter DJs, Remixern und singenden Befindlichkeits-Ersatzteillagern aufteilt, belässt es der junge Mann aus Brooklyn nicht bei der Papierform der vollmundig angedeuteten Hierarchie. Klar, "Headlights", das vielleicht manch einer von der gleichnamigen EP aus dem Jahr 2015 kennt, ist genau das: ein Pianostück mit auf den angeschlagenen Protagonisten gerichteten Scheinwerfern. Aber: Miller kniet sich Zeile für Zeile tiefer in den Song, bis seine Stimme kratzt, schmirgelt, ein Eigenleben entwickelt – und ihn abhebt aus dem Rudel der "sad sacks". Aber das Thema mag in Millers Hinterkopf zirkuliert haben, als er üppige Arrangements der Siebzigerjahre in seinen Songs sehen wollte. Von dringlichen Streichern über aufgedunsene Bläser hin zu Backgroundstimmen lud er gleich alles in den Opener für ein druckvolles, aufmerksamkeitsintensives Hallo.

In der folgenden Dreiviertelstunde beorgelt Miller die Uptempo-Nummer "Always", jagt den Basslauf durch "Chelsea", verliert sein Herz an eine lauthals singende junge Dame im "Washington Square Park" und widmet sich, wunderbar einleitend, dem nächtlichen Großstadtleben in "Midnight": "Jeff Buckley's 'Grace' was playing loud as hell in the back of an old dive bar / So I step outside and light a cigarette, take in the fumes of the passing cars." Mit "Carter & Cash" signierten er und seine Freundin jeweils Briefe, die sie sich zusandten, als Miller nach der Unterzeichnung seines Plattenvertrags vermehrt auf Reisen ging – nur hielt die Beziehung nicht so lange wie bei June und Johnny.

Hätten sich Mika und Tom Odell zu Zeiten ihrer Debütalben in die aufgeplusterte Version von David Bowies Pianostücken auf "Hunky dory" verliebt, wäre "American English" gar nicht mehr fern gewesen. "Baby blue" – noch stärker als "Rag n bone" – rückt Millers vokalisches Können in den Mittelpunkt, allerdings überrumpeln die Streicher die souligen Momente zu vehement. Aber, who cares? Im nächsten Moment schenkt der 22-Jährige der am amerikanischen Traum desinteressierten "Crust punk queen" eine herrliche Melodie, rührt mit Finger und Rachen die euphorisierende Hook "All fall down" zusammen und setzt an die vorderste Front von "The dirt" die ohnehin allgegenwärtigen Gospel-Elemente. "We got love to spill full of blood to bleed / Now we gave a fuck where our lies would lead, but I know I'm gonna lose you in a stampede", singt Miller im abschließenden Gefühls-Blockbuster. Keine elektronischen Kapriolen, keine Zeitgeist-Anbiederung, nur organisches Baden in Harmonien und vielleicht genau deshalb die wohltuendste Popplatte 2016.

(Stephan Müller)

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Highlights

  • Carter & Cash
  • Headlights
  • Crust punk queen
  • All fall down
  • Stampede

Tracklist

  1. Surrender
  2. Midnight
  3. Always
  4. Carter & Cash
  5. Washington Square Park
  6. Headlights
  7. Chelsea
  8. Crust punk queen
  9. Rag n bone
  10. All fall down
  11. Baby blue
  12. The dirt
  13. Stampede

Gesamtspielzeit: 47:44 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

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Registriert seit 08.01.2012

2016-11-02 20:56:52 Uhr
Frisch rezensiert.

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