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Goldroger - Avrakadavra

Goldroger- Avrakadavra

Melting Pot / Groove Attack
VÖ: 14.10.2016

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Kaleidoskop-Rap

Aufmerksamkeit gewann Sebastian Goldstein alias Goldroger durch die Teilnahme an einem Videobattle-Turnier, das ausnahmsweise mal nicht vorwiegend auf die audiovisuelle Zerstörung des Kontrahenten abzielte. Schon dort wurde ersichtlich, dass die gelockte Studentenvisage mit dem Anglerhut mehr auf dem Kasten hat als der cyphernde Nachbar vorm Späti nach dem dritten Sturzbier. Das Debüt-Tape "Räuberleiter" kam noch ein wenig ungelenk daher, verdeutlichte aber bereits das Potenzial des Melting-Pot-Signings. Unter der Regie des Produktions-Duos Dienst&Schulter erschafft der facettenreiche Rapper mit "Avrakadavra" nun ein aberwitziges Universum aus lyrisch verdichteter Teen-Angst und eimerweise popkultureller Referenzen. Wie bei dem Blick durch ein Kaleidoskop fügen sich viele verschiedene Muster und Formen zu etwas immer wieder Neuem zusammen.

Den Antritt der Reise ins Psychedelisch-Fantastische verkündet "Mk ultra" unter dem Einfluss einer wolkig gezupften Gitarre. Goldroger hält schließlich seine "Predigt zu Ehren der Fantasie". Fortan verschiebt, spiegelt und bricht sich ein geschlossener Kosmos, der mit jedem Hören andere Betrachtungsweisen zulässt. Übliche Posen um Status, Skills und die Dauerpenetration von Müttern sucht man vergeblich. Stattdessen lässt Goldroger keinen Fetzen der Gegenwartskultur an seinem Ursprung. Wo treffen sonst Hermann Hesse, Thomas Mann und die Beatles; Peter Fox, Schlachtrufe der deutschen Romantik und Mitglieder des Fight Club; Charles Baudelaire, Jimi Hendrix und Tomte aufeinander? Ein nahezu unerschöpfliches Universum aus weltlicher Wissensgeschichte entblättert sich in dem unbelasteten Vortrag. Mit Sicherheit ist selbst nach dem zehnten Hören noch irgendwas durchgerutscht. Hinter den ganzen Querverweisen stehen glaubhafte Geschichten um die Vergänglichkeit von Freundschaften, linke Ansichten und dem Rebellentum abseits einer manifesten Rebellion.

Dabei kommt der irrsinnige Trip durch das Sammelsurium aus ehrlicher Haltung und verklärter Realitätsflucht komplett ohne Gastbeitrag aus. Der schöpfende Künstler hat hier das erste und das letzte Wort. Es ist sein Film, seine Perspektive und seine Begeisterung am Erzählen, die diese vielschichtige Montage tragen. Ein breit gestreutes Farbenspiel aus Hippie-Attitüde, entlegenen Gitarrenspuren und beruhigenden-verspulten Drumloops setzen das Mosaik aus Text und Musik in eine Passform, in der das kurze Gefangensein kein Gefängnisaufenthalt, sondern mehr ein Schwebezustand ist. Irgendwann ist dann der Bilder-Rausch vorbei. Einmal schütteln. Gleich nochmal. Das Gemisch verändert sich – das Staunen bleibt.

(Michael Rubach)

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Highlights

  • MK ultra
  • Sgt. Pfeffer
  • Bemale den Mond

Tracklist

  1. MK ultra
  2. Unter Nelken
  3. Wir sind da
  4. Friede den Hütten
  5. Perwoll
  6. Sgt. Pfeffer
  7. Bemale den Mond
  8. M.I.D.A.$.
  9. Harry Haller
  10. Zauberberg
  11. Lachen und vögeln
  12. Sieben Meilen
  13. Delphin

Gesamtspielzeit: 48:17 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Zugezogener
2017-02-08 09:38:49 Uhr
Bestes Deutschrap-Album 2016. Lyrisch unheimlich weit für einen Mitte-20-jährigen, großartige Produktion und tolle Intrumentals. Der Beweis, dass es Gitarren-Rap auch in unpeinlich (siehe Casper, Chakuza) geben kann. Kann man ein großer werden, der gute Goldroger.
zu faul sich einzuloggen
2016-11-15 09:41:23 Uhr
Starkes Teil. Als Vorkünstler von Moop Mama gesehen, hat mir nach kurzer Eingewöhnung sehr gut gefallen. Wer deutschen Hiphop mag, sollte da mal reinhören. Freundeskreis passt gut als Referenz, die Stimme geht schon in Richtung Jan Delay.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27647

Registriert seit 08.01.2012

2016-11-02 20:55:55 Uhr
Frisch rezensiert.

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