Roman Flügel - All the right noises
Dial / Rough Trade
VÖ: 28.10.2016
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Elektrisches Gefühl
Es muss ja nicht immer etwas mit Gefühlsduselei sein. Nicht immer der Waldschrat von umme Ecke oder die dramatisierende Halb-Operette nebst weinerlichem Orchester – oder was auch immer die emotionale Fraktion sonst gerade hergibt. Die elektronische Instrumentalmusik ist dagegen ja seit jeher verschrien, in etwa so viel Empathie wie ein Eisblock zu vermitteln. Der aus Darmstadt stammende Roman Flügel schafft da auch keine Ausnahmen zur Behauptung. Bekannt geworden als Teil des Duos Alter Ego, welches mit dem rabiaten Noise-House-Hit "Rocker" 2004 einen Erfolg verbuchen durfte, hat sich der mittlerweile 46-Jährige in seiner Solokarriere auf subtilere Spielereien konzentriert. "All the right noises", der dritte Longplayer unter seinem Namen, kennt keinerlei Brechstangen, sondern konstruiert die ausladenden Stücke eher mit Hilfe von Skalpell und winzigen Zangen. Es plickert und pluckert an allen Stellen – um mal kurz den Forumstroll zu ärgern.
Einen Fuß haben die Kompositionen stets im Ambient-Genre – der Opener "Fantasy" passt sogar vollständig in jene Schublade. Der Bass brummt und massiert, das Keyboard setzt elegant Klangtupfer darüber, mehr braucht Flügel nicht für eine stimmige Eröffnung. Erst im folgenden "The mighty suns" kommt Percussion ins Spiel, welche seltsam durch das Ohr kratzt wie ein Besen. Mit "Dead idols" fängt dann endgültig das Staunen und Wundern an. Wie zum Geier fügen sich eigentlich diese grundverschiedenen Rhythmen, die immer wechselnd zueinander verschoben den Song durchziehen, nach und nach sinnvoll zusammen? Was ist das für ein schwarzes Loch in der Mitte von "Believers", welches den ohnehin spärlich bestückten Song komplett aufsaugt und nur mit einzelnen Pianotönen wieder ausspuckt? "All the right noises" hat einige Arbeit für die Synapsen mitgebracht, wenn diese beispielsweise vom tuckernden Beat in "Nameless lake" zerklöppelt werden und die schwebende Atmosphäre am Durchbrechen ist.
Man beobachtet, man untersucht, man versucht, dahinter zu kommen – Roman Flügels Stücke sind Versuchsaufbauten, die er in den Raum stellt, um sie unter faszinierten Blicken analysieren zu lassen. Und sicher wirkt das alles in seiner Gesamtheit distanziert und unterkühlt. Bis mit dem Titeltrack und dem äußerst hypnotischen "Planet Zorg" zwei sehr zugängliche und einfache Tracks die Unwirklichkeit kontrastieren, hat man sich schon durch zahlreiche abstrakte Klänge und Strukturen geschlagen. Doch das Interesse lässt Flügel nie abreißen. "All the right noises" regt an, darüber nachzudenken, was für eine Leerformel für die Beurteilung eigentlich "Musik, die berührt" ist. Müssen Platten denn zwangsweise "berühren"? Können sie nicht einfach umwerfend aussehen, meisterhaft konstruiert sein oder mit ihren Bestandteilen unterhalten? Roman Flügel hat zumindest ein starkes Argument für diese Position gebracht: ein Album wie ein poliertes Museumsartefakt.
Highlights
- Fantasy
- Dead idols
- Planet Zorg
Tracklist
- Fantasy
- The mighty suns
- Dead idols
- Nameless lake
- Warm and dewy
- Dust
- Believers
- All the right noises
- Planet Zorg
- Life tends to come and go
Gesamtspielzeit: 54:14 min.
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27676 Registriert seit 08.01.2012 |
2016-11-02 20:55:22 Uhr
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
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