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40 Watt Sun - Wider than the sky

40 Watt Sun- Wider than the sky

Radiance
VÖ: 14.10.2016

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Infinite sadness

"Hast Du etwas Zeit für mich? / Dann singe ich ein Lied für Dich", lautete vor über 30 Jahren das Angebot einer gewissen deutschen Chanteuse. Würde Patrick Walker einen um den gleichen Gefallen bitten, bräuchte man allerdings schon etwas mehr als knapp vier Minuten Platz im Terminkalender. Walkers ehemalige Band Warning perfektionierte ihre Form des despressiven Doom Metals 2006 auf "Watching from a distance", mit ausschweifenden Kompositionen und bleiernen Riffs, die schier ewig anhielten und die Zeit stillstehen ließen – das "Disintegration" für die Schwermetaller quasi. Nach der Auflösung der Band gründete der Brite das Trio 40 Watt Sun, welches mit ihrem Debüt 2011 "The inside room" die Schwermut fortsetzte. Und nun geht es Schlag auf Schlag: Neben einer geplanten Warning-Reunion hat die aktuelle Formation mit "Wider than the sky" das zweite Album gezimmert.

Was unmittelbar auffällt: Die stark verzerrten, düsteren Gitarren, die den Sound bislang prägten, sind verschwunden. "Wider than the sky" setzt auf klare und im Gesamten ruhigere Klänge, ohne dass das Resultat auch nur ein Gramm leichter oder optimistischer klingen würde. Im Metal lässt sich der Zweitling jedoch nicht mehr verorten. Zwar erinnert die düstere Atmosphäre immer noch an Warning und vergleichbare Mitstreiter, man kann sich jedoch dem Sound zudem von einer anderen Seite nähern. Als hätten damals beispielsweise die Red House Painters die Gitarren tiefer gestimmt und würden ihre Songs in Zeitlupe spielen, sind 40 Watt Sun nun ein ganzes Stück dem Folk und Alternative Rock näher gekommen. Walkers klagende und durchdringende Stimme, irgendwo zwischen Michael Stipe und Eddie Vedder, passt in diesen Kontext jedoch mindestens genauso gut hinein.

Allen ob der Neuausrichtung Zweifelnden setzen 40 Watt Sun den Opener "Stages" vor die Nase. Ein träge schleppendes, unendlich melancholisches Riff eröffnet die Platte und trägt das erste Stück über seine kompletten 16 Minuten Spielzeit, die noch viel länger hätten ausfallen können. Ein unfassbarer Song, der sämtliche Erwartungen übertrifft! Walkers poetische Zeilen vermischen sich mit dem Klangfundament, welches sich sehr subtil intensiviert und stetig in schwindelnde Höhen schraubt: "And through this apathy / Wider than the sky / I'm feeling everything / Like nothing in my life." Am Ende kommt es zu einem abrupten Halt, wie ein Sturz ins Bodenlose. Doch die folgenden Stücke fangen den Hörer auf. "Beyond you" übt sich in vornehmer Zurückhaltung, "Another room" hingegen fährt eines der schwersten Riffs auf "Wider than the sky" auf, nur um zum Finale in zartem Glockenspiel zu enden.

Auch die zweite Hälfte beginnt mit einem Höhepunkt: "Pictures" knüpft einen dichten Soundteppich, der wie auf Wellen trägt – gleichmäßig, rhythmisch, aber mit einer unterschwelligen Unruhe versehen. "The picture whole is seldom seen / And far less understood", singt Walker, doch besteht kein Zweifel, dass 40 Watt Suns großflächiger Sound das Universelle im Blick hat. "Wider than the sky" enthält nicht einfach Songs, es sind Meditationen über Leben, den Tod und die inneren Zustände dazwischen. In der Tiefe versinkt man und doch bleibt die Platte dabei so einladend, dass jegliche Eingewöhnungszeit entfällt. Ob "Wider than the sky" besser ist als Warnings Meisterwerk und Messlatte "Watching from a distance", ist eine schwierige Frage. Und eine völlig egale. Denn beide Alben sind jetzt da, für die dunklen Stunden im Leben.

"Whatever black holes await."

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Stages
  • Pictures

Tracklist

  1. Stages
  2. Beyond you
  3. Another room
  4. Pictures
  5. Craven road
  6. Marazion

Gesamtspielzeit: 62:03 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Der Wanderjunge Fridolin

Postings: 4355

Registriert seit 15.06.2013

2022-01-07 18:45:03 Uhr
Oh, wie schön! Da habe ich spontan große Lust drauf. Und bei der Gelegenheit muss auch mal wieder WATCHING FROM A DISTANCE laufen, das vermutlich beste Doomalbum aller Zeiten.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2022-01-07 16:06:05 Uhr
Ich hab mal den Thread fürs neue Album erstellt, vielleicht mag ja wer was reinposten. :-)
Unterwegs geht's leider schwierig...

Sheesh

Postings: 275

Registriert seit 27.09.2021

2022-01-07 16:05:21 Uhr
Der Opener "Stages" ist immer noch verdammt großes Kino.

fitzkrawallo

Postings: 1546

Registriert seit 13.06.2013

2022-01-07 16:03:39 Uhr
Habe das Album ohne die Vorabtracks gehört zu haben vorbestellt. Mein Vertrauen in Patrick Walker ist schon gehörig. Und das Cover find ich eigentlich gar nicht so kitschig, erinnert mich eher an alte Red House Painters-Cover.

Der Untergeher

User und News-Scout

Postings: 1862

Registriert seit 04.12.2015

2022-01-07 15:08:25 Uhr
Gerade mal wieder gehört. Immer noch sehr einnehmend. Und dabei entdeckt, dass in wenigen Wochen ein neues Album erscheint und es schon einige Vorabtracks gibt. Die neuen Songs sind noch zurückgenommener, balladiger. Klavier, gepinselte Drums, saubere (auch akustische) Gitarre. Immer noch schön traurig, aber mittlerweile schon sehr nah am Kitsch, wie auch das Cover. Mal schauen, wie ich das ganze Album dann finden werde.
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